Filmstarts trifft... Surrogates-Erfinder Robert Venditti
Montag, 26. Oktober 2009 - 12:10
Von Christoph Petersen

In dem Science-Fiction-Thriller „Surrogates“ ermittelt Bruce Willis in einem ganz speziellen Mordfall. Im Amerika der Zukunft trauen sich die Menschen nicht mehr selbst auf die Straße, weshalb sie ihre täglichen Geschäfte per Roboter (sogenannte „Surrogates“) erledigen. Doch dann kommt eine Waffe ins Spiel, die nicht nur Surrogates zerstört, sondern auch die eingestöpselten Benutzer gleich mit erledigt.

Die Filmhandlung basiert auf der erfolgreichen Graphic Novel „The Surrogates“, die in Deutschland beim Cross-Cult-Verlag erschienen ist. Filmstarts sprach mit dem Autor Robert Venditti während der Frankfurter Buchmesse.

Filmstarts: Als Du zum ersten Mal die Idee mit den „Surrogates“ hattest, faszinierten Dich da zunächst die endlos scheinenden Möglichkeiten der Technik - oder erschreckten Dich sofort die abgründigen Seiten?

Robert Venditti: Es war mir wichtig, in der Geschichte beide Seiten darzustellen. Es gibt schließlich auch viele Gründe, die für eine Benutzung von Surrogates sprechen. Die Reduzierung der Kriminalitätsrate oder die Eindämmung ansteckender Krankheiten zum Beispiel.

Filmstarts: Es gibt viele Gründe, warum die Menschen in Central Georgia Metropolis Surrogates nutzen - Sicherheit, Jugendwahn, Cross-Dressing. Welcher davon inspirierte Dich zu den Surrogates?

Robert Venditti: Ich habe das Buch „The Cyber Gypsies“ von Indra Sinha gelesen. Ein Soziologiebuch, in dem es um Internetsucht geht. Es handelt von Menschen, die so sehr in ihren Online-Alter-Egos aufgehen, dass sie ihren Job und ihren Ehepartner verlieren. Für diese Menschen wäre es natürlich eine Hilfe, wenn ihre Online-Identität in die reale Welt hinaustreten könnte - um etwa die Ehefrau für sie zum Essen auszuführen.


„The Surrogates“-Autor Robert Venditti.

Filmstarts: Im Moment rennt jeder in Richtung Web 2.0. In Deiner Geschichte steigen die Web-Alter-Egos - metaphorisch gesprochen - aus den Computern heraus und übernehmen das wahre Leben. Glaubst Du wirklich, dass es dazu auch in der Realität kommen könnte?

Robert Venditti: Am Anfang hatte ich Angst, die Geschichte sei zu weit hergeholt. Aber nun gibt es Second Life und die Technologie hat in den vergangenen sieben Jahren einen derartigen Sprung gemacht, dass es Geschäftsleuten mittlerweile möglich ist, per Roboter an einem Businessmeeting am anderen Ende der Welt teilzunehmen. Deshalb ist die Idee der Surrogates inzwischen alles andere als lächerlich. Vielmehr gehe ich davon aus, dass ich die Zeitspanne bis zur Entwicklung solcher technologischen Ersatz-Ichs im Buch sogar etwas zu konservativ angelegt habe.

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Filmstarts: Der Comic ist sehr kritisch in der Beurteilung der Surrogates-Technologie. Aber nachdem ich das letzte Panel gelesen hatte, wollte ich trotzdem unbedingt einen. Ist das eine normale Reaktion oder sind der Großteil Deiner Leser Fans der Dreads, die sich der Technologie konsequent verweigern?

Robert Venditti: Die meisten Leser sind da wahrscheinlich genau wie ich. Natürlich sagt man erst mal, dass man wahrscheinlich keine Surrogates verwenden würde. Aber der technologische Fortschritt ist unnachgiebig. Wenn die Gesellschaft etwas erst einmal in den Mainstream erhoben hat, wie beim Fernsehen oder beim Internet geschehen, dann kann man sich diesem eben kaum noch entziehen, ohne hinter den anderen zurückzufallen.

Filmstarts: Was ist es, dass Dich an Science-Fiction fasziniert - die technischen Errungenschaften oder die Möglichkeit, mittels der Science-Fiction etwas über die heutige Gesellschaft auszusagen?

Robert Venditti: Es gibt zwei Arten von Science-Fiction - die eine ist in Technologie verwurzelt, die andere in Aliens und fremden Welten. Ich bevorzuge die erste Variante, weil sie einem erlaubt, über den technologischen Fortschritt das Heute zu kommentieren. Die Menschen denken dann darüber nach, wie sie aktuell Leben und wohin uns der eingeschlagene Weg wohl führt.


Cop Greer stöpselt sich ein.

Filmstarts: Du hast eine düstere, grimmige Graphic Novel geschrieben - und dann kommt ausgerechnet Disney daher und will einen Film daraus machen. Warst Du nur glücklich, dass sich ein solch großes Studio für Deine Arbeit interessiert, oder hattest Du auch Angst, dass der Film zu familienfreundlich ausfallen würde?

Robert Venditti: Ich habe mir keine Sorgen gemacht, obwohl mir diese Frage von vielen Seiten gestellt wurde. Das produzierende Studio ist ja nicht Walt Disney, die vor allem Kinder- und Animationsfilme machen, sondern Touchstone Pictures, die von Anfang an einen PG-13-Film im Kopf hatten. Außerdem habe ich meine Story im Comic ja bereits genau so umgesetzt, wie ich sie haben wollte. Das kann mir keiner mehr nehmen. Und wenn dann Hollywood vorbeischaut und viel Manpower und noch mehr Geld in die Umsetzung meiner Idee investiert, ist das für mich einfach ein großes Kompliment.

Filmstarts: Der Film weist eine Menge Änderungen im Vergleich zur Vorlage auf. Gibt es Ideen im Film, die Du auch im Comic umgesetzt hättest, wenn sie Dir nur früher in den Sinn gekommen wären?

Robert Venditti: Ich mag einige der Änderungen, würde sie aber trotzdem nicht in meine Graphic Novel aufnehmen. Ich hatte nämlich bereits vor der Arbeit am ersten Buch alle Stories der Reihe fertig im Kopf. Eine Sache, die ich mochte, ist zum Beispiel, dass die Polizisten durch die Augen der Surrogates sehen können. Das fügt dem ganzen noch eine gewisse Big-Brother-Note hinzu. Ebenfalls gefallen hat mir, wie Menschen in dem Film miteinander streiten. Sie schalten einfach ihren Surrogat aus und weg sind sie. Das ist die Zukunftsvariante einer zugeschlagenen Tür. In einem Comic könnte man das aber nicht umsetzen, weil man mehrere Panels bräuchte, um es dem Leser verständlich zu machen - und dann wäre der Zugeschlagene-Tür-Effekt schon längst wieder verflogen.

Filmstarts: Gibt es denn auch Änderungen, die Du für nicht unbedingt nötig erachtest?

Robert Venditti: Ein Comic, das ein Budget von wenigen tausend Dollar hat und lediglich ein kleines Publikum ansprechen soll, lässt sich leicht mit ungemütlichen Szenen vollstopfen. Aber ein 80-Millionen-Dollar-Hollywoodfilm muss jeden ansprechen. Deshalb würde ich nicht von unnötigen Änderungen sprechen, sondern von solchen, die das System Hollywood ganz einfach verlangt.


Zwei Surrogates werden von einem unbekannten Angreifer gegrillt.

Filmstarts: Wer ist Dein favorisierter Charakter im Comic und wer ist Deine Lieblingsfigur im Film?

Robert Venditti: Im Comic ist es The Prophet. Es hat einfach sehr viel Spaß gemacht, diesen Charakter zu schreiben. Er bewegt sich konstant in einer Grauzone und der Leser weiß nie, ob er es nun mit einem Betrüger oder mit einem wahren Mann Gottes zu tun hat. Wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass ich mich selbst noch immer nicht für eine der beiden Varianten entschieden habe. Im Film favorisiere ich Greer. Und zwar aus dem einfachen Grund, dass ich mir Bruce Willis bereits in der Rolle vorgestellt habe, bevor ich auch nur davon zu träumen wagte, dass mein erstes Buch überhaupt verlegt wird.

Filmstarts: Bist Du denn wie ich auch der Meinung, dass Bruce Willis als Glatzkopf in seinen Fünfzigern besser aussieht als mit blondem Haar in seinen Dreißigern.

Robert Venditti: Ja, absolut. Als zu Beginn der Dreharbeiten Fotos von Bruce Willis mit seiner blonden Perücke im Internet auftauchten, fanden die alle schrecklich. Schließlich sah Willis ja auch aus, als hätte er da ein totes Tier auf dem Kopf. Die Menschen glauben vielleicht, dass sie in dieser verjüngten Surrogates-Form besser aussehen, aber wenn man sich selbst zu perfektionieren versucht, gelingt das eben häufig nicht, was sich auch an den vielen misslungenen Schönheits-OPs ablesen lässt.

Filmstarts: Du hast bereits eine Fortsetzung zu „The Surrogates“ geschrieben, die in den USA auch schon veröffentlicht wurde. Erzähl uns ein wenig über den Inhalt des zweiten Buchs „The Surrogates: Flesh & Bone“.

Robert Venditti: Es handelt sich um ein Prequel, das 15 Jahre vor dem ersten Buch spielt. In der ersten Geschichte hatte ja mit Ausnahme der Dreads bereits jeder Amerikaner einen Surrogat, im Prequel werden sie hingegen gerade erst beliebt. Man sieht, wie Maggie das erste Mal mit ihrem Surrogat nach Hause kommt und wie The Prophet nach und nach Anhänger um sich versammelt, die deprimiert sind, weil sie vielleicht keinen Job mehr bekommen, den Surrogates eben viel besser erledigen können. Die Gesellschaft ist gerade dabei, sich an die Surrogates zu gewöhnen.


Alternatives „The Surrogates“-Cover.

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