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    Bad Moms
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Bad Moms
    Von Christoph Petersen

    Old School“, „Alles erlaubt – eine Woche ohne Regeln“, „Trauzeuge gesucht!“: Es gibt sooooo viele (Hollywood-)Komödien über Männer mittleren Alters, die sich in ihrer Beziehung, ihrem Job, ihrem täglichen Leben eingeengt fühlen – und dann zusammen mit ihren Kumpels einfach mal so richtig die Sau rauslassen. Frauen sind in solchen Filmen entweder Sexobjekte oder die langweilige Stimme der Vernunft, die die „Helden“ am Ende wieder auf den rechten Pfad der Tugend zurückführt. Aber zum Glück bricht dieses ausgelutschte Klischee fünf Jahre nach dem Megaerfolg von „Brautalarm“ immer mehr auf: Nach den Frauenpower-Partyfilmen „How To Be Single“, „Bad Neighbors 2“ und „Mike And Dave Need Wedding Dates“ kommt nun „Bad Moms“ von den „Hangover“-Autoren Jon Lucas und Scott Moore, in dem zur Abwechslung mal eine Frau und zweifache Mutter aus ihrem Alltag zwischen erdnussfreier Erdnussbutter, Treffen der Elternvertretung und einer sexlosen Ehe ausbricht. Und das Beste daran: „Bad Moms“ ist mehr als nur eine typische Bro-Comedy, bei der lediglich die Geschlechter der Protagonisten ausgetauscht wurden.

    Gerade weil sie immer alles perfekt machen will, kommt die megagestresste Mutter Amy (Mila Kunis) ständig zu spät – egal ob zum Fußballtraining ihrer Tochter Jane (Oona Laurence) oder zu ihrem Job bei einem hippen Kaffee-Start-up, wo sie mit 32 Jahren klar die älteste Mitarbeiterin ist. Trotzdem begegnet Amy allen Herausforderungen mit einer himmlischen Geduld – zumindest bis sie ihren Ehemann Mike (David Walton) dabei erwischt, wie er sie online mit einer untenrum extrem stark beharrten Frau betrügt. Nicht nur schmeißt Amy den Scheißkerl aus dem Haus, sie wagt es sogar, sich bei der nächsten Elternversammlung gegen die diktatorische Leiterin Gwendolyn (Christina Applegate) zu stellen – und die unterlegt sogar ihre Präsentation für den anstehenden Wohltätigkeits-Basar mit Aufnahmen von brutaler Polizeigewalt, um direkt all jene abzuschrecken, die darüber nachdenken, Nüsse, Zucker oder gar Mehl in ihren Kuchen zu verbacken. Während die meisten anderen Mütter nach der Aktion mitleidig auf sie herabschauen, hat Amy mit der männerhungrigen Carla (Kathryn Hahn) und der eingeschüchterten Kiki (Kristen Bell) aber auch zwei neue Fans gewonnen. Gemeinsam beschließt das Trio, ab jetzt „Bad Moms“ zu sein - also nicht mehr alles zu ernst zu nehmen und auch einfach mal wieder Spaß zu haben…

    Los geht das Bad-Moms-Programm mit der Suche nach einem – möglichst beschnittenen – One-Night-Stand sowie der hochprozentigen Stürmung eines Supermarkts inklusive Sicherheitsmann-Tackling (in Zeitlupe und passend unterlegt mit „I Love It“ von Icona Pop). Aber die Regisseure opfern ihre Figuren nicht für ein paar derbe Scherze, stattdessen vernachlässigen sie – und das hat „Bad Moms“ den meisten „männlichen“ Kumpel-Komödien voraus – trotz Gags auch unter der Gürtellinie nie die warmherzige Seite der Geschichte: Amy sagt zwar dem System, das nach jederzeit perfekt wie eine Schweizer Uhr funktionierenden Müttern und veganen Pausenbroten verlangt, den Kampf an – das geht aber niemals auf Kosten ihrer Kinder, ganz im Gegenteil. Dazu kommt noch eine gesunde Portion Selbstironie, etwa wenn Carla im Kino fast einen Orgasmus bekommt, als die Frauen eine betont kitschige Version von „Gravity“ schauen, in der der sexy Astronaut seiner Kollegin seine Liebe gesteht und frei im All schwebend seinen Anzug vom Waschbrettbauch reißt („Love Is Stronger Than Space!“). Und der attraktive Witwer in der Schule (Jay Hernandez) wird nicht nur wegen seines austrainierten Körpers angehimmelt – sondern auch, weil er einen Kindersitz in zwei Sekunden im Auto befestigen kann. Selbst das sonst so typisch männliche Feld der Popkulturanspielungen erobert sich „Bad Moms“ zurück - so droht Gwendolyn etwa ihrer neuen Konkurrentin Amy: „Winter is coming!“

    Mila Kunis („Die wilden 70er“, „Freunde mit gewissen Vorzügen“) gibt eine charismatische Bad Mom – selbst wenn man der auch hier wieder perfekt geschminkten Sexiest Woman Alive (bei der Esquire-Wahl 2012) die Durchschnittsfrau, die ihren Mama-BH tatsächlich für sexy Unterwäsche hält, nicht wirklich abkauft. Kristen Bell („Veronica Mars“, „Nie wieder Sex mit der Ex“) hat als verschüchterte Kiki zumindest einen guten Running Gag, wenn sie ohne Anlass immer wieder völlig unpassende Kommentare ablässt. Aber allen anderen die Show stiehlt letztendlich sowieso Kathryn Hahn („Crossing Jordan“, „Wir sind die Millers“), die als alleinerziehende Carla nicht nur ganz selbstverständlich einen derben Penis-Spruch nach dem anderen raushaut, sondern auch die dazu passende Körpersprache absolut perfektioniert hat. Wie weit diese Auftritte von ihrer wahren Persönlichkeit entfernt liegen, sieht man im Abspann, wenn die realen Mütter der Schauspielerinnen darüber auspacken, dass sie ja früher selbst auch nicht immer alles perfekt gemacht haben – und ihre berühmten Töchter mitunter ganz schön verblüfft auf die Geständnisse reagieren.

    Fazit: Derb und frech, warmherzig und sympathisch – „Bad Moms“ bringt diese scheinbaren Gegensätze wunderbar zusammen.

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