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    "Ich hatte Angst": Deswegen hat Martin Scorsese ein großes Meisterwerk der 1990er-Jahre an Steven Spielberg abgegeben
    Pascal Reis
    Pascal Reis
    -Redakteur
    Roman Polanski entfachte Pascals Leidenschaft für das Kino. Bevorzugt hält er sich in den 1970er-Jahren auf und fühlt sich in jedem Genre heimisch.

    Dem Schaffen von Martin Scorsese mangelt es nicht an Meisterwerken. Mit „Schindlers Liste“ hätte er noch ein weiteres inszenieren können, stattdessen hat er Steven Spielberg die Regie überlassen. Den Grund dafür hat Scorsese noch einmal erklärt.

    Mit „Schindlers Liste“ sollte die schon damals großartige Karriere von Steven Spielberg („Jäger des verlorenen Schatzes“) noch einmal einen gewaltigen Sprung nach vorne machen. Sein Holocaust-Drama war mit sieben Trophäen (u. a. Bester Film, Beste Regie und Bestes adaptiertes Drehbuch) nicht nur der Abräumer bei der Oscar-Verleihung, viel wichtiger noch: „Schindlers Liste“ ist ein Mahnmal gegen das Vergessen und hat einen unermesslichen Dienst für die Erinnerungskultur geleistet. Fraglos darf sich der Film zu den wichtigsten Werken der Filmgeschichte zählen.

    Ursprünglich war aber gar nicht Steven Spielberg für die Regie vorgesehen. Stattdessen hat dieser den Job seinem befreundeten Kollegen Martin Scorsese („Killers Of The Flower Moon“) angeboten, der sich auch bereiterklärte, „Schindlers Liste“ zu inszenieren. Daraus ist letztlich aber nichts geworden. In einem Gespräch mit Deadline hat Scorsese noch einmal die verschiedenen Gründe genannt, warum er die Regie bei dem Holocaust-Drama wieder zurück an Spielberg gegeben hatte.

    Deswegen hat Scorsese "Schindlers Liste" nicht inszeniert

    Ein ausschlaggebender Grund, warum Scorsese von „Schindlers Liste“ zurückgetreten ist, war die Resonanz auf „Die letzte Versuchung Christi“ aus dem Jahre 1988. Sein Jesus-Christus-Drama mit Willem Dafoe in der Hauptrolle wurde nicht nur von der Kritik mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Damals gingen die Menschen sogar auf die Straße und riefen zu Protesten auf, die teilweise gewalttätige Folgen nach sich zogen. Scorsese in dem Interview dazu:

    „Für ‚Schindlers Liste‘ habe ich Steve Zaillian engagiert und wir haben am Drehbuch gearbeitet. Ich war kurz davor, den Film zu inszenieren, aber irgendwann hatte ich Vorbehalte. Man darf nicht vergessen, das war ungefähr 1990. Ich hatte ‚Die letzte Versuchung Christi‘ im Jahre 1988 gedreht. Der Sinn dieses Films hatte für mich darin bestanden, einen Dialog über etwas zu beginnen, das mir immer noch wichtig ist, nämlich die Natur – die wahre Natur – der Liebe, die Gott sein könnte, die Jesus sein könnte. Ich bin hier nicht kulturell ambivalent, es geht um das, was in uns steckt. Ist Gott in uns? Ich bin wirklich so. Ich kann nicht anders. Ich erforsche das gerne.“

    Fehlte Scorsese das nötige Wissen?

    Scorsese fuhr daraufhin fort, dass er der Meinung sei, dass die Geschichte von „Schindlers Liste“ wahrscheinlich besser von einer jüdischen Person erzählt werden könnte: „Ich wusste, dass es jüdische Menschen gab, die darüber verärgert waren, dass der Autor von ‚Das Tagebuch der Anne Frank‘ [es wird nicht ganz klar, auf wen bzw. welche Adaption von 'Anne Frank' er sich hier bezieht] ein Nichtjude war. Ich habe gehört, dass es Leute gab, die sich über Schindler beschwerten, dass er die Insassen benutzte, um Geld zu machen. Ich sagte: 'Moment mal.' Ich konnte ihn, nun ja, nicht verteidigen, sondern nur argumentieren, wer er war. Ich denke, er war ein großartiger Mann, aber ich wusste damals nicht, ob ich dafür gerüstet war. Ich hatte nicht das Wissen.“

    Scorsese erklärt in dem Interview auch, dass er schon damals den Satz „Ich bin kein Jude“ verwendet hat, um seinen Ausstieg aus dem Projekt zu begründen, aber einen viel tieferen Sinn mit dieser Aussage verfolgt hatte: „Was ich meinte, war, dass es sich um die alte Geschichte handelt, dass die Reise von einem jüdischen Menschen durch diese Welt unternommen werden muss, und ich denke, Steven hat das auch gelernt. […] Ich hatte Angst, dass ich der Situation nicht gerecht werden könnte.“

    Während sich Steven Spielberg Anfang der 1990er-Jahre also in die Vorbereitung von „Schindlers Liste“ stürzte, nutzte Scorsese die Zeit, um nach „GoodFellas“ – einem seiner besten Filme – eine ebenfalls grandiose Fingerübung in Szene zu setzen: „Kap der Angst“ mit Robert De Niro, ein Remake des Klassikers „Ein Köder für die Bestie“ mit Gregory Peck und Robert Mitchum. Zuletzt war Scorsese dank der umjubelten Weltpremiere von „Killers Of The Flower Moon“ wieder in aller Munde. Doch bis wir das True-Crime-Epos hierzulande zu Gesicht bekommen, dauert es leider noch bis zum 19. Oktober.

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