Der österreichisch-schweizerische Filmregisseur Edward Berger ist längst kein Unbekannter mehr. Mit „Im Westen nichts Neues“ lieferte er 2022 einen eindrucksvollen Kriegsfilm, gefolgt von „Konklave“, der erst vor wenigen Wochen in den Kinos lief. Mit beiden Werken hat es Berger im Kino weit gebracht, wie sich auch bei den Oscars zeigt. 2022 staubte sein Kriegsdrama ganze vier Trophäen ab und auch „Konklave“ ist in diesem Jahr mit beachtlichen acht Nominierungen dabei. Doch die anderen Werke Bergers werden vermutlich nur die wenigsten kennen.
Im heutigen Streaming-Tipp wollen wir euch „All My Loving“ ans Herz legen – ein emotionales Filmjuwel über drei Geschwister, die Zerbrechlichkeit des Menschen und die Herausforderungen des Alltags. Abrufbereit steht „All My Loving“ im Amazon-Prime-Video-Channel Sooner, den ihr sieben Tage kostenlos testen könnt. Danach fällt eine monatliche Gebühr von 5,50 Euro an.
Darum geht’s:
Stefan (Lars Eidinger), Julia (Nele Mueller-Stöfen) und Tobias (Hans Löw) sind Geschwister und sehen sich nur noch selten. Und sollte es ihnen doch einmal gelingen, bleibt ihnen nur wenig Zeit, bevor der Alltag sie erneut fordert. Während Stefan als Pilot mit Hör- und Gleichgewichtsproblemen zu kämpfen hat und mit seiner Tochter aneinandergerät, entsteht bei Julia ausgerechnet im Urlaub eine Ehekrise.
Derweil hat der 39-jährige Tobias mit seiner Diplomarbeit alle Händen voll zu tun, doch das gestaltet sich bei drei Kindern und der Haushaltsführung alles andere als einfach. Und als der Vater der drei Geschwister im Krankenhaus landet, wird alles noch komplizierter.
Nah am Leben – und doch poetisch
Während Bergers letzte Filme eher Abstand vom Alltag nehmen (Weltkrieg und das Leben im Vatikan), sieht es bei seinem Film „All My Loving“ deutlich anders aus. Hier geht es um die Familie, den ganz normalen Alltag und die Hürden, die sich dabei ergeben. Problembewältigung steht also an der Tagesordnung. Formalrealistisch gezeichnet, ergibt sich eine feinfühlige Atmosphäre: Auf der einen Seite wirkt die Darstellung realistisch und nahe am Leben, auf der anderen Seite greift Berger auch stilistische Mittel aus dem Drama-Genre auf, um die emotionale Tiefe seiner Figuren zu unterstreichen.
Ein Beispiel dafür sind die kleinen Risse im Geiste der Menschen, die hin und da immer größer werden – der menschliche Zusammenbruch scheint nicht weit entfernt. Daraus resultiert in den vereinzelten Geschichten der Geschwister eine angespannte Lage, da sich die innewohnenden Konfliktpotenziale ständig und mit voller Wucht entladen könnten.
Die Familie als Auffangnetz?
Da sich die Geschwister nur selten sehen, gibt es, wenig verwunderlich, etwas Distanz zwischen ihnen. Bei den ganz unterschiedlichen Problemen ist also jeder erst einmal auf sich gestellt, wären da nicht ihre eigenen Familien. An jenen Stellen wird das Durchhaltevermögen der Familie abgetastet. Die große Frage: Wie intakt sind sie noch und wie viel Kraft haben sie, die alltäglichen Herausforderungen zu bewältigen?
Trotz der realistischen Inszenierung schwingt in „All My Loving“ eine poetische Note mit – insbesondere in der Frage, was „Luxus“ wirklich bedeutet. Berger zeigt einfühlsam, dass Luxus nicht in materiellen Dingen liegt, sondern in den unscheinbaren Momenten des Lebens: Wenn die Kinder endlich schlafen und Ruhe einkehrt. Wenn ein altes Trauma für einen Moment in den Hintergrund rückt. Wenn man im Krankenhaus ein Einzelzimmer bekommt. Oder wenn man sich einfach mal wieder im eigenen Körper zuhause fühlt. Geschickt vereint „All My Loving“ Lebensnähe und Lebenspoesie und so lässt sich sagen, dass auch dieses Werk von Berger etwas ganz Besonderes ist.
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