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    TV-Tipp: Dieser Kriegsfilm mit Starbesetzung ist bitterböse und richtig gut
    Pascal Reis
    Pascal Reis
    -Redakteur
    Pascal liebt das Kino von „Vertigo“ bis „Daniel, der Zauberer“. Allergisch reagiert er allerdings auf Jump Scares, Popcornraschler und den Irrglauben, „Joker“ wäre gelungen.

    Mit dem bitterbösen „Jarhead“ läuft in der Nacht von Freitag auf Samstag einer der besten Kriegsfilme seit „Full Metal Jacket“ im TV. Nicht nur Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal überragt hier mit einer seiner eindringlichsten Schauspielleistungen.

    Universal Pictures

    +++ Meinung +++

    Die Zeit schrieb einmal über „Apocalypse Now“ von Francis Ford Coppola, dass es nach diesem keine weiteren Kriegsfilme geben dürfte. Eine Aussage, die man durchaus verstehen kann, allerdings hat das Genre im Anschluss nicht nur „Full Metal Jacket“ hervorgebracht, sondern auch den grandiosen „Jarhead – Willkommen im Dreck“, der heute, am 28. August 2021, um 0:40 Uhr auf RTL II ausgestrahlt wird.

    Mit seinem gefeierten Kinodebüt „American Beauty“ erhielt Sam Mendes nicht nur direkt einen Oscar als Bester Regisseur, sondern setzte auch einen modernen Klassiker in Szene. „Jarhead“ steht der Vorstadt-Satire mit Kevin Spacey meiner Meinung nach in nichts nach, weil der Kriegsfilm die gleiche bitterböse Note entfesselt, die „American Beauty“ 1999 so eindringlich wie aufrüttelnd machte.

    Darum geht es in "Jarhead – Willkommen im Dreck"

    Irak im Jahre 1991: Die US-Marines streifen durch den heißen Wüstensand – immer dem Feind entgegen. Mittendrin befindet sich Sergeant Sykes (Jamie Foxx), Anführer eines Marine-Platoons, und Scharfschütze Anthony Swofford (Jake Gyllenhaal), der gerade erst das Ausbildungscamp hinter sich gebracht hat. Die Einheit bereitet sich unter extremen Bedingungen auf den eigentlichen Kriegseinsatz vor.

    Die meiste Zeit allerdings passiert: nichts. Der Tagesablauf setzt sich aus Gewehrputzen, Schießübungen, Briefe lesen, Wasser trinken, Schlafen und Masturbieren zusammen. Das, was den Männern nach der Ausbildung in der Heimat noch an Resthirn übrig geblieben ist, wird in der heißen Wüstensonne und der ausweglosen Routine immer weiter zerkocht….

    Jake Gyllenhaal wartet auf den perfekten Schuss

    Sam Mendes macht in „Jarhead“ wirklich meisterhaft deutlich, welch psychologischer Druck auf den Soldaten lastet, die zum Töten trainiert wurden wurden, aber nicht töten dürfen. Anthony Swofford, den Jake Gyllenhaal durchweg eindrucksvoll verkörpert, steht hier stellvertretend für all die jungen Männer, die sich zwischen College und Armee entscheiden müssen – und am ersten Tag im Bootcamp feststellen, dass sie die schlechtere Wahl getroffen haben.

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    Die Corps-Gehirnwäsche geht hier einher mit der körperlichen Optimierung, bis Swofford schließlich Teilnehmer der Operationen Desert Shield und Desert Storm wird, um den Einmarsch irakischer Truppen in Saudi-Arabien zu verhindern. Am besten natürlich mit dem perfekten Treffer, dem John-F.-Kennedy-Schuss, der – wie es bei den Marines heißt – roten Wolke. Die Gefechte in „Jarhead“ allerdings sind vor allem eins: ein Nervenkrieg.

    Die Zeit in der Wüste ist ein einziges Ausharren, Langweilen, Ausdörren und Durchdrehen. Das gilt nicht nur für die Gedanken, die die Soldaten langsam wahnsinnig werden lassen (wartet meine Freundin auf mich?), sondern auch für die Kameradschaft. Das freundschaftliche Miteinander schlägt zusehends in explosive Unberechenbarkeit aus. Krieg als Zerreißprobe, weil einfach nichts passiert.

    "Jarhead" baut auf beißende Ironie - und bleibt im Gedächtnis

    Wenn man so möchte, ist „Jahread“ keine Anklage gegen den Golfkrieg. Sam Mendes untersucht hier vielmehr die Grundzüge und Werte des Soldatentums und stößt vorwiegend auf Widersprüchlichkeiten, die der Brite mit beißender Ironie offenlegt, um das wahre Wesen hinter dem treuen Gehorsam aufzudecken: die Zweifel, die Panik, die Verletzungen und vor allem die Erkenntnis, dass man entweder aus fehlgeleitetem Idealismus oder aufgrund von Alternativlosigkeit in den Krieg gezogen ist.

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    Anthony Swofford wird nach und nach klar, dass die Teilnahme am Zweiten Golfkrieg, den Saddam Hussein einst die Mutter aller Kriege nannte, nicht von Bedeutung sein kann. Stattdessen ist es ein einziges, unaufhörliches Vor-sich-hin-vegetieren. Als Zuschauer leidet man immer deutlicher mit den jungen Männern mit, je weiter die Laufzeit voranschreitet.

    Die Bildgewalt (Kamera: Roger Deakins), die „Jarhead“ dabei entfesselt, ist schlichtweg beeindruckend: Vor allem die in Flammen stehenden Ölfelder und der damit verbundene schwarze Regen brennen sich in das Gedächtnis. Am Ende aber bleibt vor allem die Einsicht, dass dich der Krieg nie wieder gehen lässt – auch wenn du nicht einen einzigen Schuss abgegeben hast. Irgendwie bleibt man doch für immer in dieser Wüste.

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