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    Ausgerechnet auf Disney+ läuft der beste FSK-18-Film aller Zeiten!
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Sidneys Lieblingsfigur ist Donald Duck, sein erster Kinofilm war Disneys „Aladdin“ und bereits in der Grundschule las er eine Walt-Disney-Biografie. Wenn er könnte, würde er ins Disneyland auswandern, aber da das nicht geht, muss ihn seine Disney-Sammlung bei Laune halten.

    Kein FSK-18-Film begeistert die FILMSTARTS-Redaktion mehr als „Fight Club“. Dass David Finchers oft kopierter, nie erreichter Kultfilm mit Brad Pitt und Edward Norton auf Disney+ läuft, hätte sich vor wenigen Jahren wohl kein Filmfan ausmalen können.

    Manche Filme sind derart omnipräsent, man will gar nicht glauben, dass sie es jemals schwer hatten. „Fight Club“ ist ein solcher, denn David Finchers einflussreicher Kultfilm brach 1999 nach einem passablen Startwochenende in den USA brutal ein – so sehr, dass wenige Monate später der Studiochef sämtliche Schuld an dem Flop zugesprochen bekam und seinen Hut nehmen musste.

    Doch das ernüchternde Kino-Gesamteinspiel und die zunächst zwiegespaltenen Publikumsreaktionen sind mittlerweile vergessen. Heute gilt „Fight Club“ als extrem unterhaltsamer, stylischer und brutaler Geniestreich – und dürfte jetzt mindestens genauso aktuell sein wie Ende der 1990er. Dass ausgerechnet dieser fiese, harte Film bei Disney+ eine Streamingheimat gefunden hat, dürfte die Hauptfigur von „Fight Club“ wohl je nach Tagesform verstören oder zutiefst amüsieren...

    „Fight Club“ ist nicht nur in den Top 20 der besten Filme aller Zeiten beim Filmbewertungsportal IMDb und wurde von der Redaktion der Total Film zum besten Film seit Gründung des Filmmagazins gewählt. Er ist auch der Gewinner des FILMSTARTS-Rankings der besten FSK-18-Filme! Mehr Gründe solltet ihr wohl nicht brauchen, um einen Rewatch oder gar eure erste Begegnung mit „Fight Club“ zu wagen.

    "Fight Club": Die Story

    Für den Fall, dass ihr „Fight Club“ noch nicht kennt und sich in eurem Umfeld bisher alle an die erste Regel des Fight Clubs gehalten haben: Im Film geht es um einen unter Schlafmangel leidenden Yuppie (Edward Norton). Nach der Explosion seiner Wohnung steht er verzweifelt auf der Straße und sucht bei einer Zufallsbekanntschaft Unterschlupf – nämlich beim charismatischen Rebellen Tyler Durden (Brad Pitt). Der ist jedoch ein Unruhestifter, wie er im Buche steht...

    Als sich Tyler und sein unverhoffter Schützling aus einer Laune heraus rangeln, wird daraus eine Prügelei. Dabei erkennen sie, wie befreiend sie Gewalt finden. Also gründen sie einen Fight Club, in dem sich Kerle verhauen, um sich wieder männlich zu fühlen. Hauptsache, sie beachten die Regel, niemals über den Fight Club zu sprechen. Angeblich halten sich alle an diese Regel – und doch breitet sich die Idee des Fight Clubs im Land aus, als wäre sie ein Virus. Ein gefährliches Virus...

    Nicht das, wofür manche es halten

    Nicht nur die Handlung von „Fight Club“ hat eine saftige Überraschung zu bieten, die an dieser Stelle sicherheitshalber nicht verraten wird. Auch die Außenwirkung von „Fight Club“ ist ziemlich überraschend. Denn in den frühen 2000er-Jahren gab es eine kleine, lautstarke Fangemeinde, die diese Verfilmung des gleichnamigen Kultromans von Chuck Palahniuk brutal missverstanden hat. Sie feierte „Fight Club“ als Kritik an verweichlichten, rückgratlosen Männern, die nicht gegen gesellschaftlichen Wandel aufbegehren.

    Diese Fanbase hat „Fight Club“ nicht nur gehörig missverstanden, sondern auch seinen Ruf vorübergehend beschädigt – gab es doch Filmverrückte, die Finchers Satire aufgrund dieser Fangruppierungen verurteilten. Da sich aber die hitzigen „Fight Club“-Debatten in der Popkultur mittlerweile gelegt und die irritierenden Stimmen nachgelassen haben, wird „Fight Club“ mittlerweile endlich als das gefeiert, was er ist: Ein bitterböser Thriller, der gleichzeitig eine süffisant-launige Satire ist, die Typen vorführt, die lieber eine Terrorzelle gründen, als sich auf Therapie einzulassen.

    Spannend, lustig, böse

    „Gone Girl“-Regisseur David Fincher ist ein Vollprofi darin, Spannung zu erzeugen – das ist in „Fight Club“ nicht anders. Mit fesselnden Kamerafahrten sowie markanter Musik erschafft Fincher eine messerscharfe Atmosphäre. Die allein sorgt schon für Suspense. Aber die Weise, wie die Story unter anderem in der IKEA-Katalog-Wohnung Edward Nortons oder der siffigen Absteige Tyler Durdens ausufert, versetzt uns mitten in die turbulente Erfahrung eines Schluffis, der kerniger werden will und dem dann alles entgleitet.

    Vom Einfügen von Pornobildchen in Familienfilme über das Verkaufen von Körperfettseifen bis zur Rekrutierung willenloser Schergen: Durdens Schandtaten sind eklig, fesselnd und lustig anzuschauen. Generell sorgt die wendungsreiche Story nicht nur für Nervenkitzel, sondern zeigt sich auch beißend komisch: Edward Nortons Erzählerkommentare aus dem Off und seine verdatterte, übermüdete Performance sind ungeheuerlich pointiert. Und Brad Pitt haut als lederbejackter, grinsender Unruhestifter eine der besten, gewitztesten Leistungen seiner Karriere raus.

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    Dass dieser Film nun auf Disney+ läuft, ist aus mehreren Gründen ironisch. Zunächst, weil noch immer die wenigsten Filmfans FSK-18-Gewaltausbrüche und den Disney-Markennamen gedanklich unter einen Hut kriegen. Dann, weil der Film einige gut platzierte Seitenhiebe gegen die Einheitskultur verteilt, die Mega-Konzerne pflegen. Vor allem immer wieder neu verpackte Nostalgie (etwa in Form des VW New Beetle) bekommt ihr Fett weg, und die ist immerhin eines von Disneys wirtschaftlichen Standbeinen.

    Die ganz große Ironie ist aber, dass „Fight Club“ pampige Männer durch den Kakao zieht, die einen Kulturkampf gegen eine Gesellschaft schlagen, die mehr Verständnis, Introspektive und Offenheit anstrebt. Eine Aussage, die Anfang der 2000er von genau solchen Männern nicht begriffen wurde, weil sämtlicher satirischer Biss dieses Films an ihnen vorbeiging, weshalb sie sich mit dem „Fight Club“-Schurken identifizierten. Und jetzt läuft „Fight Club“ auf der hauseigenen Streamingplattform des Studios, gegen das diese armen Würstchen regelmäßig ins Feld ziehen. Weil sie nicht mit einer Diversifizierung von „Star Wars“ oder dem Verkauf von Regenbogen-Merchandise in Walt Disney World leben können. Solch einen Twist hätte sich selbst Chuck Palahniuk nicht besser ausdenken können – Disney+ ist die perfekte Heimat für „Fight Club“!

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    Dies ist eine überarbeitete Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.

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