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    Streamt heute Abend einen der besten Horrorfilme der Geschichte: Ein 5-Sterne-Meisterwerk für Genre-Fans und -Muffel
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Sein erster Kinofilm war Disneys „Aladdin“. Schon in der Grundschule las er Kino-Sachbücher und baute sich parallel dazu eine Film-Sammlung auf. Klar, dass er irgendwann hier landen musste.

    Die Prämisse dieses hochspannenden und überaus kurzweiligen Klassikers würde heute ungesehen für allerhand Schelte sorgen. Doch eine herausragende Inszenierung und ein raffiniertes Drehbuch machen Alfred Hitchcocks „Die Vögel“ zum Meisterwerk!

    Man stelle sich vor, ein Film mit einer haarsträubenden Ausgangsidee kurz vor „Sharknado“-Niveau gerät so packend wie „Der weiße Hai“. Überall würde es zwitschern: „Die Überraschung des Jahres“, „Unmöglich gut!“ und „So mega dürfte dieser Film niemals sein!“ Wundersamerweise, denn Alfred Hitchcock lehrte uns bereits 1963, dass man einen Vogel hat, wenn man Filme aufgrund ihrer Prämisse abschreibt – nämlich mit dem genialen Tierhorror „Die Vögel“.

    Oberflächlich betrachtet geht es bloß darum, dass sich sämtliches Federtier etwas penetranter aufführt als Großstadttauben, wenn sie Leute erspähen, die in ein knuspriges Brötchen beißen. In Hitchcocks Händen wird daraus allerdings ein Meilenstein des Gänsehautkinos, der Genre-Fans ebenso begeistert wie -Muffel.

    „Die Vögel“ ist daher unser Streaming-Tipp des Tages. Wenn ihr noch nicht wisst, was ihr euch heute Abend anschauen sollt, dann schaut doch mal rein. „Die Vögel“ gibt es bei diversen Streaming-Anbietern als VoD, beim ProSieben-Angebot Joyn sogar als Teil des Flatrate-Abos Joyn PLUS+.

    "Die Vögel": Turteltauben in Trouble

    In einem Zoofachgeschäft macht Mitchell „Mitch“ Brenner (Rod Taylor) Bekanntschaft mit der gewitzten Millionärstochter Melanie Daniels (Tippi Hedren). Melanie landete kürzlich mit ihren Eskapaden in den Schlagzeilen, doch das hält Mitch nicht davon ab, sie zu necken. Das Spiel spielt sie liebend gern mit, weshalb sie spontan allein für einen Scherz in Mitchs Elternhaus in Bodega Bay aufkreuzt, wo sie prompt von einer aggressiven Möwe angegriffen wird. Dennoch sieht sie nicht ein, den Küstenort zu verlassen. Kurzerhand mietet sie ein Gästezimmer bei der Lehrerin Annie Hayworth (Suzanne Pleshette), mit der Mitch einst was hatte.

    Annie ist überaus zuvorkommend gegenüber Melanie und schenkt ihr reinen Wein über das erdrückende Gluckengehabe von Mitchs Mutter Lydia (Jessica Tandy) ein. Offenbar duldet sie neben sich und Mitchs Schwester Cathy (Veronica Cartwright) keine weitere Frau im Leben ihres Sohnes. Als wäre das nicht schaurig genug, häufen sich auch noch die sonderbaren Begegnungen mit der gefiederten Art. Es entsteht Grauen, das in der ewigen FILMSTARTS-Bestenliste des Horrorkinos auf dem stolzen Unglücksplatz 13 residiert...

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    „Die Vögel“ nistet in einer faszinierenden Grauzone: Einerseits ist er für einen Hitchcock-Film atypisch nah am Publikumsalltag – es gibt keine Mörder, keine lebensgefährlichen Verwechslungen und keine Verschwörungen. Nur eine Frau, die sich in einen Mann verguckt, der eine herrische Mutter hat – sowie einen Haufen pampiger Vögel. Andererseits ist es Hitchcocks wohl am meisten der Wirklichkeit entrückter Hit, denn im wahren Leben gibt es sehr wohl Mörder, lebensgefährliche Verwechslungen sowie Verschwörungen. Eine Vogel-Apokalypse blieb der Menschheit hingegen bislang erspart.

    Dieses paradoxe Flattern zwischen Plausibilität und Überzeichnung ist massiver Bestandteil des universellen, zeitlosen Reizes von „Die Vögel“. Denn es führt zu Unberechenbarkeit, zu einer spannenden Abwechslung aus Spaß mit einem jungen Paar in spe, psychologischen Untiefen und der erschreckenden Irrealität der unmöglichen, aber vorstellbaren Vogelattacken. Der womöglich größte Trick hinter „Die Vögel“ ist aber, dass Evan Hunters Drehbuch keine klaren Antworten liefert, was die Vögel antreibt.

    Mit Vögeln hat's Mitch nicht so

    Aufgrund des erzählerischen Schwerpunkts besteht nicht einmal Raum für Erklärungen! Somit fühlt sich die Rätselhaftigkeit nicht wie eine eklatante Leerstelle an. Stattdessen sorgt sie für ein unterschwelliges, drastisches Gefühl der Bedrohung. Jedenfalls bei dem Teil des Publikums, der unerklärliche Gefahr als gruselig empfindet. Wenn man diesem Teil nicht angehört, gerät der Film jedoch nicht ins Krächzen.

    Denn Hitchcock und Hunter formten aus ihrer Vorlage, einer Kurzgeschichte von Daphné Du Maurier, eine zugänglich erzählte, mitreißende Story, die man als verwegenen Flug hinnehmen kann. Oder man nimmt die thematischen Versatzstücke und bastelt sich eine eigene Schreckenserfahrung. „Die Vögel“ lässt sich als Versinnbildlichung der ständigen atomaren Bedrohung verstehen: Auf der Leinwand wird aus gern bewunderten, durchaus nützlichen Tieren plötzlich der reine Terror. So, wie „unser Freund, das Atom“ die Welt jenseits der Leinwand schlagartig in Atem hielt.

    Oder man sieht das Aufbegehren der Vögel als Verdeutlichung der unterdrückten, sich freikämpfenden Sexualität der handelnden Figuren. Sei es die grantige Mutter. Oder der zwar schnippische und flirtwillige, bei zu ernsten Annäherungsversuchen allerdings unverhofft scheue Mitch. Oder seine Ex, die Melanie schönere Augen macht, als es 1963 gemeinhin gesellschaftlich geduldet wurde.

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    Ganz gleich, ob man im eigenen Kopf eine Interpretation ausbrüten möchte oder nicht: Allein schon die natürliche, gewitzte Chemie zwischen Hedren und Taylor verleiht dem Film Flügel. Sie sorgen dafür, dass man mitfiebert, wenn aus der Screwball-Romanze vor der von Kameramann Robert Burks bildhübsch gefilmten Küste Nordkaliforniens sonderbarer Tierhorror wird. Ganz egal, wie man eingangs noch zur Prämisse stand. Ganz zu schweigen von der experimentellen Geräuschkulisse, die Elektromusik-Pionier Oskar Sala und die Komponisten Remi Gassmann und Bernard Herrmann erklingen lassen.

    Daher ist es keine neue Erkenntnis, die hier aus dem Ei schlüpft, sondern eine Wahrheit, die die Spatzen seit bald 60 Jahren von den Dächern pfeifen: „Die Vögel“ ist Gänsehaut-Grauen für alle, die sich auf diesen Horror einlassen können. Herrlicher Horror-Einstieg für alle Genre-Küken, die noch zu flauschig für literweise Blut, Eingeweide, laute Geister und aus dem Leben gegriffenen Psychoterror sind. Und wer findet, dass diese oberflächlichen Schrecken nur für Spatzenhirne sind, pickt sich den facettenreichen Subtext raus, zum Kuckuck noch eins!

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    Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.

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