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    Crowley - Back from Hell
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    0,5
    katastrophal
    Crowley - Back from Hell
    Von Jan Hamm

    Bruce Dickinson ist ein äußerst begabter Kerl. Mal im freien Flug als Kapitän einer britischen Airline, mal als charismatischer Moderator seiner eigenen Radioshow. Vor allem aber stellt er seit knapp 30 Jahren unter Beweis, wie gut er singen kann – auf zahlreichen Soloplatten und auf großen Bühnen rund um den Globus als Frontmann der Heavy-Metal-Legende Iron Maiden. Nach einem Leben als sprichwörtlicher Überflieger scheint Dickinson sich nun wirklich alles zuzutrauen und liefert mit „Crowley – Back From Hell“ sein Drehbuch-Debüt ab. Hätte er doch besser die Finger davon gelassen! Sein Skript ist eine atemberaubende Bruchlandung und der von Julian Doyle umgesetzte Film nicht minder furchtbar. „Crowley“ übergeht schamlos alle noch so losen Regeln des Erzählkinos, stolpert im Minutentakt über die willkürliche Dramaturgie und reicht seinen Amateur-Darstellern dermaßen lachhafte Dialogzeilen an, dass die ihre Zuflucht in entgrenztem Overacting suchen. Als dadaistische Kunst wäre Dickinsons C-Movie ein Fest, leider will die krude Mixtur aus Alchemie, Cybertech und Satanismus aber tatsächlich ein vollwertiger Film sein. Das haben weder zahlende Videothekenkunden noch der titelgebende Star-Satanist verdient.

    Aleister Crowley ist tot, lang lebe Aleister Crowley! In Cambridge basteln emsige Professoren und Geheimbündler an einer infernalischen Virtual-Reality-Maschine, in der Crowleys gesammeltes Wissen in Datenform gespeichert ist. Als der stotternde Professor Haddo (Simon Callow, The Company, Das Phantom der Oper) zu Testzwecken in den VR-Anzug schlüpft, ergreift der böse Geist Crowleys Besitz von ihm und stellt das Uni-Leben fortan gehörig auf den Kopf. Ziel seiner wüsten Tour zwischen vulgären Beleidigungen und wahllosen Schlägereien ist ein Ritual, das einen Legislaturwechsel zwischen Himmel und Hölle bewirken soll. Erst glaubt niemand daran, den Leibhaftigen in Gestalt einer berserkernden Lehrkraft vor sich zu haben. Doch dann kommen ihm Joshua Mathers (Kai Weber) und Lia Robinson (Lucy Cudden) auf die Schliche. Dumm nur, dass Crowley ausgerechnet auf die schnieke Journalistin wartet. Denn zur Vollendung seines Rituals fehlt ihm bloß noch eine rothaarige Schönheit...

    Von Beginn an standen Alchemie und Teufelswerk auf Dickinsons lyrischer Agenda. Ihren Durchbruch feierten Iron Maiden 1982 mit „Number Of The Beast“, Dickinsons größter Solo-Erfolg fünfzehn Jahre später war „The Chemical Wedding“ (1998) – so auch der Originaltitel von „Crowley“. Wie in der musikalischen Vorlage bezeichnet der Film damit das unchristliche Ritual der chemischen Seelenverschmelzung, einer okkulten Technik der Machtpotenzierung. Doch funktioniert ein Film nunmal nicht so freiförmig und assoziativ wie ein Songtext. „Crowley“ wirkt wie der amateurhafte Versuch eines Fans, seine liebsten Themen zu verfilmen. Von ägyptischer Mythologie über VR-Maschinen („Die Alchemie des neuen Jahrtausends“) bis hin zu Verschwörungstheorien wird einfach alles in einen gewaltigen Hexenkessel gepfeffert und zu einer zähen Tinktur verrührt. Ist ja alles irgendwie okkult, oder?

    Wenn Scientology-Gründer Ron Hubbard gleich zu Beginn als „irgendein Sci-Fi-Autor“ verhöhnt wird, ist das zumindest noch milde komisch. Danach beginnt „Crowley“ sein Publikum kontinuierlich abzuschütteln. Horror, Mystery-Elemente, Verschwörungsgetuschel? Fehlanzeige! Hier herrscht von Beginn an gähnende Leere. Jede noch so standardisierte Technik des Grauens und der Spannungserzeugnung wird verworfen, oft genug ist der dramaturgische Wert einzelner Szenen völlig unklar. Stattdessen gibt’s Einblicke in die anale Phase, für die Freud glatt selber aus dem Grabe zurückspringen würde. Crowley plappert sich mit allerhand vulgärem Satanstext um Kopf und Kragen, nimmt missliebige Kerle gewissenhaft von hinten und ejakuliert unter Schlägen auf ein bekritzeltes Papyrus, das im Anschluss weggefaxt wird und samt weißem Nass beim Adressaten aus der Maschine kommt. Das ist weder die grenzüberschreitende Perversion eines Marquis de Sade, noch ein trashiges Vergnügen, sondern vorpubertäres Gehampel und eine Beleidigung der Intelligenz des Publikums.

    Am teuersten kommt Dickinsons Dilettantismus allerdings ausgerechnet Iron-Maiden-Fans zu stehen. Klassiker wie „Moonchild“ oder „The Evil That Men Do“ tauchen als selbstzweckhafte Zitate auf, während der Comeback-Song „The Wicker Man” sogar völlig entstellt wird: Ein kreischender Crowley stürzt sich mit dem Prügelstock auf einen Obdachlosen, untermalt von Dickinsons Chorus-Zeile „Your time will come“ – ohne dass die Szene einen Bezug zur Handlung des Films hätte. In solchen Augenblicken ist „Crowley“ nicht mehr bloß schlecht, sondern schlicht abstoßend. Doyles Inszenierung und die Leistungen der Darsteller bewegen sich durchweg auf Telenovela-Niveau und versetzen dem Machwerk damit endgültig den Todesstoß. Dickinson selber kommentierte die Produktion mit einem euphorischen „Just enjoy it. It’s a rollicking good story“. Die unvermeidliche Frage lautet: Wer ist hier der Besessene: Professor Haddo - oder nicht doch eher Dickinson selber?

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