Mein Konto
    Der Schatz der weißen Falken
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Der Schatz der weißen Falken
    Von Lars Lachmann

    Im Zuge des gegenwärtigen Hypes um Kinderfilme wie „Harry Potter“ oder „Bibi Blocksberg“, die ihr Publikum nicht zuletzt mit dem fantastischen Element der Zauberei zu begeistern wissen, hat der ganz „gewöhnliche“ Kinderfilm mitunter einen schweren Stand. Dass auch dieses Genre nach wie vor in der Lage ist, kleine Perlen hervorzubringen, beweist Christian Züberts Abenteuerfilm „Der Schatz der weißen Falken“, der ein wenig an die Tradition von Klassikern wie „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“, „Die Rote Zora“ oder Enid Blytons „Fünf Freunde“ anknüpft. Die Binnenhandlung des Films spielt im Sommer des Jahres 1981 – in einer Zeit, in der es weder Internet noch Handys gab und der „Home Computer“ ganz allmählich als neueste Errungenschaft Einzug in wenige Haushalte erhielt.

    Jan (David Bode), Stevie (Tamino-Turgay zum Felde) und Basti (Kevin Köppe) sind beste Freunde. Die Freude über die vor ihnen liegenden Sommerferien wird allein dadurch getrübt, dass Jan schon in wenigen Wochen mit seinen Eltern vom fränkischen Heroldsbach nach Düsseldorf ziehen wird. Ein Grund mehr für die abenteuerlustigen Jungen, endlich dem Geheimnis einer seit langem leer stehenden Villa auf den Grund zu gehen. Allerdings befindet sich diese auf fremdem Territorium, dem der Altortler, einer benachbarten Jugendbande. Beim Versuch, sich Zutritt zum geheimnisvollen Gebäude zu verschaffen, treffen die beiden Gruppen aufeinander und es kommt zu einer kleinen Rauferei zwischen Jan und Marie (Victoria Scherer), der Anführerin der gegnerischen Bande, bei welcher Jan den Kürzeren zieht. Bei einem späteren zweiten Anlauf gelingt es den drei Jungen jedoch, zunächst unbemerkt in die alte Villa einzudringen, in welcher sie schließlich auf die Spur der „Weißen Falken“ treffen, einer ehemaligen Jugendbande, deren Anführer zehn Jahre zuvor auf unerklärte Weise verschwunden ist. Sie finden ebenfalls eine Schatzkarte der „Weißen Falken“, die sie mit Hilfe von Bastis Computer entschlüsseln und welche sie zu einer alten Burgruine zu führen scheint. Die drei sind fest entschlossen, der Spur nachzugehen. Doch bis zum Ziel ist es ein weiter Weg durch die fränkischen Wälder – ein Unterfangen, welches ein ganzes Wochenende beansprucht. Darüber hinaus haben die Altortler Wind von der Aktion unserer drei Freunde bekommen und sind ihnen die ganze Zeit über dicht auf den Fersen...

    ... und hier fängt das eigentliche Abenteuer erst an! Neben der spannenden Geschichte, die der Film erzählt, sind es aber vor allem die Kinderdarsteller selbst, die ihre Figuren so glaubwürdig spielen, als würden sie die Schatzsuche mit all ihren Hindernissen und Gefahren wirklich selbst erleben. Das Gleiche gilt für die Darstellung der unterschiedlichen Charaktere: Stevie ist sehr lebhaft und hat einen passenden oder unpassenden Spruch für fast jede Gelegenheit parat, während Basti, der von seiner ängstlichen Mutter stets umsorgte Diabetiker, eher den stilleren Typ mit außergewöhnlicher technischer Begabung verkörpert. Jan bildet gewissermaßen die Synthese zwischen den beiden, bei aller Entschlossenheit ist er doch stets auf die nötige Vorsicht und zuallererst auf das Wohlergehen seiner Freunde bedacht. Marie als Anführerin der Altortler ist ebenso frech und selbstbewusst wie schlagkräftig und hat dabei doch das Herz am richtigen Fleck. Dies zeigt sich nicht zuletzt in Situationen, in welchen andere oder die gesamte Gruppe ernsthaften Gefahren ausgesetzt sind und infolgedessen die Rivalität zwischen den beiden Banden erst einmal vorübergehend beigelegt wird.

    Christian Zübert, der mit „Der Schatz der weißen Falken“ nach seiner erfolgreichen Komödie „Lammbock“ zum ersten Mal wieder ein eigenes Drehbuch verfilmt, richtet sich mit seinem neuen Film gleichermaßen an Kinder als auch an Erwachsene: „Die Geschichte ist nicht überdreht oder comichaft, sondern versucht, Kinder und ihre Gefühle ernst zu nehmen.“ Die 80er Jahre, in welche auch Züberts eigene Kindheit fällt, sollen dabei dem erwachsenen Publikum eine zusätzliche Identifikationsmöglichkeit schaffen, wenngleich diese Epoche selbst nicht übermäßig in den Vordergrund gestellt wird. Vielmehr handele es sich um einen zeitlosen Film, der im Prinzip genauso in den 60er oder 40er Jahren spielen könnte. „Kinder werden hoffentlich immer in Wäldern auf Entdeckungsreise gehen“, so Zübert. Die Rahmenhandlung, in welcher der mittlerweile erwachsene Jan (Wotan Wilke Möhring) seiner Tochter Lisa (Carolin Imcke) die Geschichte aus seiner eigenen Kindheit erzählt, schlägt dabei eine Brücke zur Gegenwart.

    Das Besondere an der Geschichte sieht der Filmemacher in dem „Übergangsalter“ zwischen elf und zwölf Jahren, in welchem sich die Hauptfiguren befinden: „Da geht es eben heute noch um Schatzsuche und Bandenkrieg, aber einen Sommer später schon um Mädchen [und Jungen] und Eisdiele und Kino.“ Tatsächlich kommt dieser Übergang der Interessen an einigen Stellen des Films bereits auf humorvolle Weise zum Ausdruck. Positiv ist außerdem hervorzuheben, dass sich der Film in seiner Darstellung des manchmal ruppigen, aber dennoch herzhaften Umgangs unter den Kindern nie verstellt und dadurch nichts an seiner Ehrlichkeit und Echtheit einbüßt. So kommen durchaus auch mal ein paar herrlich politisch inkorrekte Äußerungen ins Spiel, wenn zum Beispiel Stevie den diabeteskranken und auf Insulinspritzen angewiesenen Basti liebevoll als „Junkie“ bezeichnet. Nicht zuletzt in diesem Zusammenhang zeigt sich, dass sich der Film in seiner Gesamtrichtung immer wieder vor allem um die wichtigen Themen Freundschaft und Respekt – gegenüber anderen und sich selbst – dreht.

    „Der Schatz der weißen Falken“ ist – sowohl was den Handlungsablauf als auch Aspekte wie Schnitttechnik und musikalische Unterlegung betrifft – ein sehr konventioneller Film, der allerdings neben dem guten Drehbuch und der überzeugenden Besetzung auch durch seine wunderschönen Bilder besticht, welche wir dem niederländischen Kameramann Jules van den Steenhoven zu verdanken haben. Diese Komponenten verleihen dem Film im Ganzen trotz seiner Konventionalität eine geradezu magische Wirkung, die sowohl Kinder als auch Erwachsene in ihren Bann zu ziehen vermag.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top