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    Full Clip - Tödliche Bronx
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Full Clip - Tödliche Bronx
    Von Jens Hamp

    Mittlerweile gehört es zum guten Ton, dass jeder halbwegs erfolgreiche Rapper seinen Hollywood-Film bekommt. 50 Cent wollte partout nicht ins Sparschwein, sondern drängte mit Get Rich Or Die Tryin‘ auf die Leinwand. Das rappende Weißbrot Vanilla Ice quälte die wenigen Fans, die ihm verblieben waren, mit „Cool As Ice“. Und DMX schaute sich sein gesamtes schauspielerisches Talent von seinem Exit Wounds-Co-Star Steven Seagal ab. Doch der wahre Super-GAU blieb dem deutschen Filmmarkt vier Jahre lang vorenthalten. Nun wird der von mink inszenierte Action-Thriller „Full Clip“ doch noch Direct-to-DVD veröffentlicht. In der belanglosen Ghettostory machen Xzibit (MTVs „Pimp My Ride“, Akte X - Jenseits der Wahrheit) und Busta Rhymes (Forrester, Shaft) gemeinsam auf „Gangster“ und stolpern dabei von einem Klischee ins nächste.

    Pope (Busta Rhymes) will eigentlich nur seinen Vater begraben. Als er jedoch sieht, dass der Vorort, in dem er aufgewachsen ist, von einem korrupten Cop (Mark Boone Junior, 30 Days Of Night, Batman Begins) und seinen Schergen terrorisiert wird, sinnt er auf Gerechtigkeit. Mit der schlagkräftigen Unterstützung seines Kumpels Duncan (Xzibit) stellt er Recht und Ordnung wieder her…

    „Yo, knock-knock. Guess who. Name is Gimmy. Gimmy all ya cash.“

    Auf den ersten Blick weckt die Storyline Erinnerungen an das Blaxploitation-Kino der Siebziger. Leider kommt die auf einem Comic basierende Geschichte aber nie wirklich in Fahrt. Obgleich die Widersacher bis an die Zähne bewaffnet sind, werden über weite Strecken nur äußerst belanglose Gespräche gezeigt und unnötig schräge Nebencharaktere eingeführt. Natürlich sind Backgroundstorys immer ein Faktor, der die Qualität eines Films heben kann. Wohlgemerkt: „kann“. Bei derartig einschläfernden Szenen, wie sie Comic- und Drehbuchautor Kantz zusammenstoppelt, wird der Kaffee aber freiwillig kalt. Um das Ganze zumindest etwas „aufregender“ zu gestalten, wird auf einen ausgelutschten Kniff zurückgegriffen und das Geschehen in einer Rückblende erzählt. Als zusätzliche Würze gibt es auch in der Mitte des Films einen Twist – dumm nur, dass sich dieser bereits meilenweit abzeichnet. All diese unnötigen Belanglosigkeiten und anödenden Klischees verrührt Kantz schließlich zu einer ungenießbaren Suppe.

    Während all dieser sterbenslangweiligen Entwicklungen fuchteln die Gangster ständig mit schweren Wummen oder explosiven Dynamitstangen herum und machen einen auf dicke Hose. Die wirklich sehenswerten Actionszenen in „Full Clip“ kann allerdings selbst ein Armloser an seinen Fingern abzählen. Beispielhaft sei hier die einfallslose Choreographie eines Kampfes in einem Frisörgeschäft herausgegriffen. Diese ist mindestens so steif wie Busta Rhymes‘ Mimik. Natürlich wird im Lauf der Prügelei auch ein Gegner durch die Fensterscheibe geschmissen. Willkommen im Actionklischeeland.

    Kontraproduktiv ist auch der ständige Einsatz von „lässigen“ Geräuschen. Wenn Busta Rhymes in der Eröffnungsszene beidhändig schießend durch ein Warenhaus stiefelt, sind die Bewegungen der Kamera und des Protagonisten mit einem hörbaren „Wuuusch“ unterlegt. Während dieses Sounddesign bei den „Turtles“ und dem Sechziger-Jahre-„Batman“ noch als comichafte Überspitzung diente, meint mink (Into The Sun) diesen Effekt allerdings bierernst. Glücklicherweise erkennt der Regisseur aber nach einiger Zeit, dass diese geräuschvolle Kameraführung ziemlich an den Nerven zehrt, und schraubt die „innovativen“ Effekte wieder zurück. So ist schließlich zu erkennen, dass mink eigentlich gar kein so mieser Regisseur ist. Die von ihm verwendeten High-Definition-Bilder verheimlichen zwar minks Videoclip-Herkunft nicht, erweisen sich aber über die gesamte Laufzeit als ansprechend und stilvoll. Daneben bindet der Brite auch vereinzelte Comicseiten, die in reale Bilder übergehen, in den Film ein. Auch das sieht nicht schlecht aus – für eine Gurke wie „Full Clip“ sind aber jegliche qualitativen Aufwendungen schlussendlich verlorene Liebesmüh’.

    Denn spätestens ein Blick auf das Schauspielensemble offenbart die Abgründe des Films. Zwar absolviert Bubba „Hightower“ Smith („Police Academy 1 – 6“) noch einen halbwegs netten Auftritt als Sleepy, der mit weisen Sprüchen von der Cornflakes-Packung Pope unter die Arme greift. Der restliche Cast hat aber offensichtlich eine fatale Wette am Laufen: Wer mehr als einen Gesichtsausdruck aufweist, muss das Mittagessen für die Crew bezahlen. Xzibit und Busta Rhymes haben das Spiel definitiv nicht verloren. Sie stolpern mit eintönig-grimmigen Blicken durch „Full Clip“. Die einzigen Variationen liefern dicke Zigarren und coole Sonnenbrillen. Überhaupt sind die richtigen Accessoires äußerst wichtig für die beiden Rapper. Bevor Busta Rhymes einen Gangster, der ihn während des Schlafs überrascht, verfolgt, zieht er zunächst einmal locker-flockig seine stylische Mütze auf und springt erst dann in Boxershorts auf die Straße.

    Allerdings sind diese ausdruckslosen Kaspereien nicht einmal der Tiefpunkt des Films. Es wird wohl ein Geheimnis der Produzenten bleiben, wieso auch noch Wyclef Jean als Erzähler in den Schlamassel eingebunden wurde. Vielleicht wollte man sich für eine frühere Zusammenarbeit bedanken, vielleicht wollte man aber auch nur einen weiteren Musiker als Werbeträger besetzen. Unabhängig von jeglichen Spekulationen sind die wenigen Minuten mit Wyclef Jean allerdings derartig schlecht, dass die Auftritte von Busta Rhymes und Xzibit im Vergleich umgehend aufgewertet werden. Mit entsetzlichem Jamaika-Akzent und gangstermäßig mit Whiskey, Pokerkarten oder Knarre ausstaffiert, plappert er belangloses Zeugs. Für Wyclef Jean ist es wahrscheinlich schnell verdientes Geld gewesen. Er kann jedoch von Glück reden, dass bisher niemand Interesse an „Full Clip“ gezeigt hat – dieser furchtbare Auftritt hätte sonst ganz sicher negative Auswirkungen auf seine Musikkarriere.

    „See you in hell, soldier.“

    Ob sich wirklich ein Publikum für diesen Möchtegern-coolen Actioner findet, ist mehr als fraglich. Selbst Fans der beiden Rapper dürften schon bei einem flüchtigen Blick auf das einfallslose Cover erkennen, dass „Full Clip“ nicht einmal B-Movie-Qualitäten besitzt. Vielleicht hatten Busta Rhymes und Xzibit viel Spaß bei den Dreharbeiten – dem Zuschauer bestätigt der Streifen aber nur einmal mehr die alte Weisheit: „Rapper, bleib bei Deinen Reimen.“

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