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    Bonjour Sagan
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Bonjour Sagan
    Von Stefan Ludwig

    Glücksspiel, schnelle Autos, Alkohol und Drogen: Das war das Leben der französischen Kultautorin Francoise Sagan. Nach der Veröffentlichung ihres freizügigen Debütromans „Bonjour Tristesse“ lebte diese nach dem Motto „Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll“. Jährlich lud sie die Pariser Avantgarde in das bis dahin verschlafene Fischerdörfchen St. Tropez ein und machte das Nest so zu einem Zufluchtsort der Reichen und Schönen. Sie gab ihren frühen Geldsegen auf Rat ihres Vaters schnell wieder aus. Mit der Zeit versank Sagan jedoch immer tiefer in einem Sumpf aus Drogen und Schulden. Ein Stoff, der wie für ein Biopic geschaffen scheint. Doch Regisseurin Diane Kurys verspielt die Chance, aus diesen Zutaten einen packenden Film zu basteln. Nach einer amüsanten ersten Hälfte über das Glamour-Leben der Skandalautorin gelingt der Umschwung hin zum tragischen Verfall nur bedingt.

    Der Film fasst Francoise Sagans (dargestellt von Sylvie Testud) aufregendes Leben in kurzen Episoden zusammen. Dabei springt er von einer Szene zur nächsten, ohne dem Zuschauer darzulegen, welche Zeiträume dazwischen liegen. Wer sich zuvor also eine kurze Biographie der Autorin durchliest, ist klar im Vorteil. Die erste Hälfte des Films beschäftigt sich mit den ersten Erfolgen. Auf den plötzlichen Reichtum reagiert die Schriftstellerin mit panischem Geldausgeben. Auf der Welle ihres Ruhms, der im Laufe ihres Lebens immer wieder auf- und abebbt, ist sie Dauergast in teuren Restaurants und Bars. Ständig auf der Suche nach Liebe verzweifelt die junge Frau an ihrer Einsamkeit. Die sie umgebenden Schmarotzer helfen ihr da wenig. Zumindest einen kleinen Kreis von Personen, denen sie vertraut, kann Sagan doch um sich scharen. Als jedoch auf die Morphiumsucht die Kokainabhängigkeit folgt, geht ihr Leben endgültig den Bach runter…

    „Bonjour Sagan“ krankt an den typischen Symptomen eines Biopics. Es gibt enorm viel zu erzählen. Anstatt sich aber auf bestimmte Episoden zu konzentrieren (wie etwa Aviator von Martin Scorsese), versucht Kurys, eine möglichst große Bandbreite abzudecken. Natürlich lässt sie damit immer noch bestimmte Elemente des Lebens von Francoise Sagan außen vor – etwa ihr politisches Engagement. In einem Interview sagte die Regisseurin dazu, sie habe schlichtweg keine Lust gehabt, die viel zitierte Episode zu verfilmen, in der Sagan mit dem Maserati zu einer Studentenrevolte fuhr. Manches zu verschweigen, ist in einem Biopic ja durchaus legitim. Dennoch fehlt dem Film in der zweiten Hälfte eine klare Struktur. Zwar erzählt jede Szene etwas, doch Kürzungen hätten in diesem Teil gut getan und zu mehr Stringenz verholfen.

    Denn nach dem amüsanten ersten Teil, in dem sich Sagans Verfall nur vorsichtig abzeichnet, folgt schließlich eine überaus traurige zweite Hälfte. In dieser sieht der Zuschauer mit Schrecken der immer kränker aussehenden Autorin zu, wie sie sich selbst zugrunde richtet. Auch wenn immer wieder unterhaltsame Szenen auftauchen, nimmt der Film sich nun der sichtbar drogenkranken Ex-Erfolgsautorin an, deren Bücher sich nur noch schlecht verkaufen. Sie hat mit Absicht alles Geld verspielt und in Luxusgüter investiert. Nun sitzt sie vor einem Berg von Schulden. Beeindruckend ist dabei ihre sture Ansicht, alles richtig gemacht zu haben. Wirkliche Zweifel kommen ihr erst, als ihre Liebsten sie nach und nach verlassen. Eine erfüllte Liebe wird sie in ihrem Leben nie spüren, stattdessen tiefe Traurigkeit, die sie mit Sex und Alkohol zu übertünchen versucht.

    Dieses einsame Leben spiegelt sich auch in ihren Büchern wider. Ihre Romanfiguren sind genau wie sie selbst, ihr Debüt „Bonjour Tristesse“ trug gar autobiographische Züge. Die sexuell freizügige Geschichte über ein junges Mädchen, das unter der Geliebten ihres Vaters leidet, avancierte zum weltweiten Bestseller. Die erste Auflage von wenigen tausend Exemplaren war 1954 schnell vergriffen. In fünf Jahren verkaufte es sich weltweit vier Millionen Mal. Ab diesem Zeitpunkt war Sagan Jahrzehnte lang eine der bekanntesten französischen Schriftstellerinnen. Ihre von der Kritik bald als leichte Kost verschrienen Werke galten allgemein als provokativ. In dieser Hinsicht ließen sich ihre Erfolge ein wenig mit dem von Charlotte Roches Ekel-Roman „Feuchtgebiete“ vergleichen.

    Das Sehenswerteste an „Bonjour Sagan“ ist zweifelsohne die beeindruckende Leistung von Sylvie Testud, die in Deutschland besonders durch ihre Rolle in „Jenseits der Stille“ Bekanntheit erlangte. Sie schafft es, die vielschichtige Figur Francois Sagan glaubhaft darzustellen, was aufgrund der Ambivalenz der Autorin einer wahren Meisterleistung gleichkommt. Die Nebenrollen hat Regisseurin Diane Kurys ebenso ausgezeichnete besetzt. Doch letztendlich retten auch die wunderbaren Schauspieler den Film nicht vor der Mittelmäßigkeit.

    Fazit: „Bonjour Sagan“ ist ein interessanter Film, der eine beeindruckende Lebensgeschichte erzählt. Doch die Entscheidung, sich letztendlich vor allem auf die Leidensgeschichte der drogensüchtigen Autorin zu konzentrieren, überzeugt nur bedingt. Obwohl diese Szenen zum Teil unglaublich traurig sind, nehmen sie das Publikum nicht gefangen. Wenn Sagan sterbenskrank im Krankenhausbett liegt, werden deshalb wohl nur wenige Zuschauer zu Tränen gerührt sein. Dies hängt auch mit der sprunghaften Erzählweise zusammen, durch die einiges an Potenzial verloren geht und dem Publikum eine Identifikation mit den Figuren unnötig erschwert wird.

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