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    Das ist das Ende
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Das ist das Ende
    Von Björn Becher

    2007 drehten die Schauspieler Jay Baruchel und Seth Rogen gemeinsam den Kurzfilm „Jay and Seth Versus the Apocalypse“, in dem sie zwei Freunde spielen, die in einem Apartment festsitzen, während draußen die Welt untergeht. Auf engstem Raum gehen sie sich bald gehörig auf die Nerven… Mit dem in zwei Tagen gefilmten Mini-Werk, dass Rogen gemeinsam mit seinem Autoren-Kumpel Evan Goldberg schrieb, sollten mögliche Produzenten dazu gebracht werden, die Finanzierung für eine auf Kinolaufzeit erweiterte Version des Stoffes zu übernehmen. Tatsächlich schlug bereits 2008 ein Käufer zu, aber zur Fertigstellung des Films kam es erst 2013. Seth Rogen legte nämlich in der Zwischenzeit eine steile Karriere hin und profilierte sich dabei auch als Drehbuchautor. Gemeinsam mit Goldberg erdachte er kultige Komödien wie „Superbad“ oder „Ananas Express“ und durfte sogar – ein Autoren-Ritterschlag – eine komplette Episode der TV-Serie „Die Simpsons“ aushecken. Mit „Das ist das Ende“ gibt das Duo nun endlich das mehrfach aufgrund zu voller Terminkalender verschobene gemeinsame Regiedebüt. Und die Wartezeit auf die lange Version der Apokalypse hat sich gelohnt: Über die Jahre haben Rogen und Co. eine eindrucksvolle Anzahl von Stars dafür begeistern können, in ihrer Komödie fiktionalisierte Versionen ihrer selbst zu spielen, wodurch die intime Geschichte eine geradezu epische selbstreferenzielle Dimension erhält – eine Kombination, die immer dann besonders gut funktioniert, wenn die Beziehungen der Figuren im Mittepunkt stehen und die Apokalypse vor der Tür fast schon unwichtig ist.

    Eigentlich will der kanadische Schauspieler Jay Baruchel (Jay Baruchel) nur ein paar entspannte Tage bei seinem erfolgreicheren Landsmann und Jugendfreund Seth Rogen (Seth Rogen) im verhassten Los Angeles verbringen. Doch mit einem Wochenende voller Pot und Videospielen auf der Couch ist es schnell vorbei, weil Seth ihn zu einer Party im neuen mondänen Anwesen von James Franco (James Franco) schleppt. Dort nervt ihn bald alles an, vom Kunstgehabe des Gastgebers bis zur übertrieben-einfühlsamen Art von Jonah Hill (Jonah Hill). Als Jay kurz zum Zigarettenholen verschwindet, fängt die Erde an zu beben, Abgründe tun sich auf und Menschen werden durch ein blaues Licht in den Himmel gezogen. Zurück in Francos Hollywood-Haus glaubt ihm natürlich keiner ein Wort, doch vor der Tür werden sie eines Besseren belehrt. Schnell sind die meisten versammelten Stars tot oder geflüchtet. Neben Jay und Seth gelingt es nur Hill, Franco, Craig Robinson (Craig Robinson) und dem ungebetenen Gast Danny McBride (Danny McBride) sich in dem Anwesen zu verbarrikadieren. Die Sechs machen sich erst einmal über die Essens-, Drogen- und Alkoholvorräte her, spielen mit den Filmrequisiten des Gastgebers, drehen eine „Ananas Express“-Fortsetzung und nehmen die ganze Angelegenheit auf die leichte Schulter - doch bald steigern sich Anspannung und Feindseligkeiten in der Gruppe. Und dabei ist immer noch unklar, was da draußen wirklich vorgeht: Ist es etwa eine Zombie-Invasion oder wirklich die biblische Apokalypse wie Jay vermutet?

    Bereits in der Kurzfilmvorlage spielten Jay Baruchel und Seth Rogen fiktionalisierte Versionen ihrer selbst. Was damals – noch relativ zu Beginn ihrer Leinwandkarrieren – nicht so stark ins Gewicht fiel, ist nun ein großer Reiz der Kinoversion. Bereits die Party erweist sich als veritables Star-Schaulaufen mit Stippvisiten von Comedy-Kollegen wie Jason Segel („How I Met Your Mother“) und Paul Rudd („Immer Ärger mit 40“), Popstar Rihanna sowie mit einem notgeilen Michael Cera („Juno“). Hier reiht sich Witz an Witz, weil sich keiner der Schauspieler um sein Image sorgt, sondern dies vielmehr selbstbewusst persifliert oder amüsant ins Gegenteil verkehrt. So haben dann etwa Cera und Hollywood-Beau Channing Tatum („Magic Mike“) – letzterer mit einem völlig absurden Auftritt - kein Problem damit, blank zu ziehen und sich so richtig zum Deppen zu machen. Inmitten der exzentrischen Stars ist Jay Baruchel der „Normalo“, der nicht so abgehoben ist wie seine Schauspielkollegen aus Hollywood, über ihn bekommt der Zuschauer Zugang in einen absurden Party-Mikrokosmos. Hier wird so gut wie jedes Klischee über das Leben von Schauspiel-Millionären aufs Korn genommen, deren Welt in „Das ist das Ende“ vor allem von ganz viel Geld, Drogen und Eitelkeit geprägt ist: Die Stars sind hier genau die überheblichen Arschlöcher, für die sie so gerne gehalten werden - Fans nerven da nur.

    Die größte Stärke von „Das ist das Ende“ ist es, dass über lange Zeit das vor der Tür stattfindende effektgeladene Chaos nur den Hintergrund abgibt und sich Rogen und Goldberg auf die Figuren und ihr Zusammenspiel konzentrieren. Beeindruckend ist dabei, wie konsequent sie eine fast schon homoerotische Art von Männerbeziehungen zelebrieren. Francos Buhlen um die Freundschaft von Rogen erreicht dabei nahezu obsessive Züge, Hill will jeden umarmen und gekuschelt wird auch ganz gerne mal. Und als die Feindschaft zwischen Franco und McBride schließlich endgültig zum Ausbruch kommt, entlädt sich die Spannung dann auch nicht etwa in einem Faustkampf, sondern es entwickelt sich ein erbittertes Wortgefecht mit Drohungen, den Widersacher auf besonders fiese Art mit Sperma vollzuspritzen. In dieser selbstbezogenen und unreifen Männerriege haben Frauen keinen Platz und als mit „Harry Potter“-Star Emma Watson doch einmal ein weibliches Wesen zur Gruppe stößt, können die Jungs damit selbstverständlich nicht umgehen und die Frau wird – wenn auch unbeabsichtigt – in die Flucht geschlagen. Mit den Worten „Hermione just stole all of our shit!”, die schon jetzt ins Rennen um das Filmzitat des Jahres gehen, folgt auf Watsons Auftritt dann schließlich auch die endgültige Eskalation in der Gruppe: Momente, in denen Goldberg und Rogens Komödie ihren Höhepunkt erreicht.

    Selbstreferentieller Hollywood-Humor und eine absurde, aber durchaus gefühlvolle Erzählung über (Männer-)Freundschaft gehen in „Das ist das Ende“ Hand in Hand, nur die krachenden Apokalypse-Szenen passen nicht so recht in den sonst oft geradezu intimen Film, der entsprechend abbaut, als das Spektakel mit fortschreitender Laufzeit stärker in den Vordergrund rückt. Zwar gibt es weiterhin einzelne brillante Gags (neben Tatum bekommen auch die Backstreet Boys einen denkwürdigen Auftritt, der sich als echtes Highlight entpuppt) und auch die technische Umsetzung der Effekte ist gut gelungen, allerdings fehlt der lässige Schwung, der das Zusammenspiel der auf sich selbst zurückgeworfenen Clique so ausgezeichnet hat, wenn sie es mit Satan samt seinem Riesenpenis zu tun bekommt oder einen längeren (und überflüssigen) Ausflug ins Exorzismus-Genre unternimmt. So gibt es in der zweiten Hälfte von „Das ist das Ende“ trotz eines wundervoll-optimistischen und zugleich ironisch angehauchten Bromance-Finales einigen Leerlauf und so befinden sich auch unter den vielen Insider-Jokes, die sich an ein filmkundiges Publikum richten, immer wieder Rohrkrepierer.

    Fazit: „Das ist das Ende“ ist eine hellsichtig-absurde Schenkelklopfer-Komödie über Hollywood-Eitelkeiten und Männer-Freundschaften, die vor allem in der ersten Hälfte eine Menge Spaß bereitet.

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