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    Zombieland
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Zombieland
    Von Julian Unkel

    Zombies sind Pop! Raus aus den muffigen Mitternachtskinos der 70er Jahre haben die nimmersatten Menschenfresser längst ihren Marsch in die breite Öffentlichkeit hinter sich. Im Kino erlebt das Genre seit einigen Jahren ein Revival, auch in Deutschland treffen sich immer mehr Menschen zu flashmobartigen „Zombie Walks“ auf der Straße und die amerikanischen Bestsellerlisten wurden jüngst von dem Literatur-Mashup „Pride And Prejudice And Zombies“ gesprengt, was selbst das TIME Magazine dazu veranlasste, sich des Kulturphänomens mit dem Artikel „Zombies Are The New Vampires“ anzunehmen. Zu den Wegbereitern dieser Zombiefizierung des Mainstreams darf sich nun auch der zuvor weitestgehend unbekannte Ruben Fleischer zählen. In seinem irrsinnig komischen Kinodebüt, mit dem er das amerikanische Box Office toppte, inszeniert er die blutige Untotenapokalypse als rasant-witziges Road Movie. Fleischer liefert hier schlichtweg den Partyfilm des Jahres: Willkommen im „Zombieland“!

    Das titelgebende Zombieland sind die Vereinigten Staaten, die ebenso wie der Rest der Welt von den Zombies beinahe vollständig ausgerottet wurden. Einer der wenigen Überlebenden ist ein Student der University of Texas (Jesse Eisenberg), der sich nach Columbus, Ohio durchschlagen will, um dort nach seinen Eltern zu suchen. Aus diesem Grund bekommt er von Tallahassee (Woody Harrelson), der Menschen nur mit ihrem Heimatort anredet, um emotionale Bindungen zu vermeiden, den Namen „Columbus“ verpasst. Tallahassee ist ebenfalls auf der Suche – allerdings nicht nach einem bestimmten Menschen, sondern nach den letzten verbliebenen Twinkies-Snacks. Gemeinsam machen sich die beiden grundverschiedenen Männer auf die Reise und treffen schon bald auf das Schwesternpaar Wichita (Emma Stone) und Little Rock (Abigail Breslin), das von einem Vergnügungspark in Kalifornien berichtet, der angeblich von den Zombies verschont geblieben ist. Sogleich wird dieser als neues Ziel angepeilt – allerdings nicht ohne zuvor noch einen Abstecher nach Beverly Hills zu machen, um zu sehen, wie es denn den Hollywoodstars so ergangen ist…

    Es ist eine der großen Überraschungen des Kinojahres: Bereits vor mehr als vier Jahren machten sich die Fernsehautoren Rhett Reese und Paul Wernick - inspiriert durch Shaun Of The Dead - an das Drehbuch zu einer Zombie-Komödie. Damals planten sie „Zombieland“ noch als Piloten für eine TV-Serie, ehe dem Script das Potenzial für einen Kinofilm zugeschrieben wurde. Als Regisseur wurde der vergleichsweise unerfahrene Ruben Fleischer verpflichtet, der nach eigener Aussage vor 28 Days Later noch nie einen Zombiefilm gesehen hatte. Seine Hausaufgaben hat Fleischer aber offensichtlich gemacht: Er kennt die Regeln des Genres gut genug, um damit zu spielen, und schafft es trotz des komödiantischen Anspruchs, ein paar echte Schockmomente zu setzen. Auch in Sachen Gewalt- und Blutgehalt geht er keine Kompromisse ein – dank des stets humorigen Untertons dürfte „Zombieland“ aber selbst zartere Gemüter nicht verschrecken.

    Und auch sonst begeht der Regisseur kaum Fehler. Vom ersten Moment an gibt Fleischer ein enormes Tempo vor und zieht dieses auch bis zum Ende durch. Unterstützt durch den rockigen Soundtrack, der mit Metallicas „For Whom the Bell Tolls“ gleich ordentlich losbrettert, entstehen keinerlei Längen. Egal ob schwarzhumorige Zombie-Entledigungsmethoden (inklusive Banjos, riesigen Hau-den-Lukas-Hämmern und Konzertflügeln), mit Popkultur-Referenzen gespickte Dialoge, zahlreiche Oneliner Tallahassees, Slapstick-Momente oder Anspielungen auf Filme wie Beim Sterben ist jeder der Erste oder Ghostbusters – die Gags erreichen eine überragende Trefferquote, obwohl es sie im Minutentakt hagelt. Außerdem kann Fleischer auch einige nette Regieeinfälle - wie etwa den komplett in Superzeitlupe gedrehten Vorspann - für sich verbuchen.

    Auch die extrem unterschiedlichen und durchweg sympathischen Charaktere tragen ihren Teil zum Gelingen bei. Jesse Eisenberg, vergnügungsparkerpobt durch Adventureland, spielt praktisch den gleichen liebevoll-verklemmten Teenager wie sonst auch. Columbus ist der klassische Nerd, der seine Abende mit „World Of Warcraft“ verbringt und dessen erster Kontakt mit der Angebeteten (Kurzauftritt von Amber Heard, All The Boys Love Mandy Lane) natürlich in einem Fiasko endet – wobei die genauen Umstände dann doch etwas spezieller ausfallen. Sein Überleben glaubt er dem Befolgen einer stetig wachsenden Liste an Regeln zu verdanken, die selbst Kleinigkeiten wie Leibesübungen - schließlich haben die schnell rennenden Zombies die Dicken zuerst erwischt – und das fachgerechte Anlegen des Sicherheitsgurts umfasst. Im Vorspann anhand von Negativbeispielen demonstriert werden die Regeln im Filmverlauf immer wieder eingeblendet, um das Geschehen ironisch zu kommentieren. Nebenbei fungiert Columbus noch als sarkastischer Erzähler der Geschichte und liefert Fleischer so die Möglichkeit, immer wieder kurze Rückblenden und Cutaways à la „Family Guy“ einzustreuen. Wenn Tallahassee beispielsweise nach dem erfolgreichen Erledigen eines Zombies fragt, ob es sich dabei jetzt um den „Zombiekill Of The Week“ handle, verneint dies Columbus im Off-Kommentar – und liefert daraufhin den wahren Kill der Woche als kurzen Clip nach.

    Eben dieser Tallahassee bietet das direkte Gegenstück zu Columbus und wird von diesem treffend mit „when he gets going, he sets the standard for‚ not-to-be-fucked-with“ umschrieben. Bei ihm wird das Zombiekillen zum künstlerischen Akt. Seit 15 Jahren, seit seiner Rolle als Massenmörder Mickey in Oliver Stones umstrittenen Natural Born Killers nämlich, durfte Woody Harrelson nicht mehr so auftrumpfen. Harrelson zelebriert seinen irren, sogar leicht an Mickey erinnernden Charakter förmlich und zeichnet mit seinen kultverdächtigen Sprüchen für die mit Abstand meisten Lacher des Films verantwortlich. Da ist es umso überraschender, dass Tallahassee auch der tragischste Moment des Films gebührt – der aber gleich darauf von einem weiteren Oneliner wieder ironisch gebrochen wird. Die beiden Damen, Emma Stone (Superbad) als rebellische Jugendliche und Abigail Breslin (Oscarnominierung für Little Miss Sunshine) frühreife Göre („12 is the new 20“), stecken da hinter den Männern klar zurück, fügen sich aber dennoch optimal ein. Die verbleibenden zwei der insgesamt nur sieben Sprechrollen im Film gehen an Cameos von Mike White (School Of Rock) und Bill Murray (Lost In Translation). Über letzteren soll nicht mehr verraten werden, als dass sein gesamter Auftritt schlichtweg zum Brüllen ist und in der lustigsten Szene des Kinojahres resultiert - die nach dem Abspann sogar noch eine Fortsetzung erfährt.

    In den Staaten hat sich „Zombieland“ bereits zum erfolgreichsten Zombiefilm aller Zeiten gemausert und die Chancen stehen nicht schlecht, dass sich dieser Erfolg auf den internationalen Märkten wiederholt. Der bereits von mehreren Beteiligten geäußerte Wunsch, eine Fortsetzung drehen zu dürfen, sollte sich somit sicher erfüllen. Sollte dieser eine ähnliche Qualität wie das Original erreichen, darf man sich schon jetzt darauf freuen. Mit „Zombieland“ liefert Ruben Fleischer eine herrlich abgedrehte Zombiekomödie, die wohl schnell das Etikett „Kult“ verpasst bekommen wird und mit einem solchen Tempo daherkommt, dass man tunlichst Columbus‘ Regel #4 beachten sollte: Anschnallen nicht vergessen!

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