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    The Company You Keep - Die Akte Grant
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    The Company You Keep - Die Akte Grant
    Von Andreas Staben

    Schon in den 1970er Jahren galt Robert Redford als einer der Vorzeige-Liberalen Hollywoods. Der blonde Sonnyboy aus „Zwei Banditen“ oder „Der Clou“ wollte mehr sein als „nur“ ein Filmstar und setzte sich für die Rechte der amerikanischen Ureinwohner sowie für den Naturschutz ein, auch künstlerisch suchte er neue Herausforderungen – zuerst als Produzent, dann zusätzlich als Regisseur und durch sein Engagement beim Festival in Sundance. Ein Musterbeispiel für Redfords aufklärerische Ader ist der 1976 von ihm produzierte Klassiker „Die Unbestechlichen“. An der Seite von Dustin Hoffman verkörpert er den Zeitungsreporter Bob Woodward, der Licht ins Dunkel der Watergate-Affäre bringt. Der trotz des bekannten Ausgangs atemberaubend spannende Polit-Thriller war damals brandaktuell und besitzt als Lehrstück über Journalismus und Demokratie bis heute die unwiderstehliche Kraft einer Überzeugungstat. Der engagierte Bürger Redford erzählt auch als Regisseur seither immer wieder von demokratischen Idealen und den Gefahren, die sie bedrohen - mal am historischen Beispiel („Quiz Show“), mal mit einer Prise magischen Realismus („Milagro – Der Krieg im Bohnenfeld“) und mal direkt am Puls der krisengeschüttelten Gegenwart („Von Löwen und Lämmern“). Auch im starbesetzten Politdrama „The Company You Keep – Die Akte Grant“ geht es im Kern um brisante politische Fragen, doch die rücken durch die allzu gediegene Inszenierung und einige Abschweifungen zuweilen sehr stark in den Hintergrund.

    Ende der 1960er und in den 70ern erregte die militante Untergrundorganisation der Weathermen Aufsehen mit einer Reihe von Bombenanschlägen auf Regierungsgebäude. Einige der Aktivisten sind anschließend erfolgreich untergetaucht. Doch dann will sich 30 Jahre später das Ex-Mitglied Sharon Solarz (Susan Sarandon) freiwillig stellen und wird kurz vorher vom FBI um Agent Cornelius (Terrence Howard) verhaftet. Der aufsehenerregende Fall ruft den jungen Provinz-Journalisten Ben Shepard (Shia LaBeouf) auf den Plan, der im Lauf seiner Recherchen auf den Anwalt Jim Grant (Robert Redford) stößt und dessen wahre Identität als Weatherman Nick Sloan enthüllt. Der Enttarnte sieht sich zur Flucht gezwungen und gibt seine elfjährige Tochter Isabel (Jackie Evancho) in die Obhut seines Bruders Daniel (Chris Cooper). Nicks/Jims letzte Hoffnung ist seine ebenfalls untergetauchte Mitstreiterin Mimi Lurie (Julie Christie). Sie ist die einzige, die die gegen ihn im Raum stehende Mordanklage entkräften kann. Unterdessen kommt auch Ben Shepard den Geheimnissen der Vergangenheit immer näher, als er den Polizisten Henry Osborne (Brendan Gleeson) und dessen Tochter Rebecca (Brit Marling) ausfindig macht…   

    Die langen Schatten und die fernen Echos der Vergangenheit treiben „The Company You Keep“ auf zweifache Weise an. Zum einen geht es um die Wunden, die Vietnam, Watergate und die Auseinandersetzung um die Bürgerrechte in den 60er und 70er Jahren hinterlassen haben, allerdings wird das ganze Thema weitestgehend auf eine sehr individuelle, private Ebene gerückt (wobei eine Mordanklage, die es so in der Realität nicht gegeben hat, als Rechtfertigung für die so hartnäckige Verfolgung durch das FBI dient). Der militante Widerstand der Mitglieder von The Weather Underground wird von Redford weder verteidigt noch verurteilt, vielmehr gibt er einer ganzen Reihe von (Ex-)Aktivisten Raum für die exemplarische eigene Sicht der Dinge. Im besten Fall führt das zu einer kraftvollen Reflexion über Schuld, Verantwortung und Solidarität wie im Interview, das Shia LaBeoufs Grünschnabel-Reporter im Gefängnis mit Susan Sarandons Figur führt, die aus einer jahrzehntelangen Existenz als Hausfrau und Mutter gerissen wurde und den inneren Tumult für eine eindrucksvoll klare Darlegung der eigenen Position unterdrückt. Hervorragend gespielt ist auch die Konfrontation zwischen Richard Jenkins‘ Geschichtsprofessor und dem hilfesuchenden Nick Sloan, die direkt auf der Grenze zwischen der Normalität des Alltagslebens wie wir alle es kennen und dem Abgrund von Flucht, Verstellung und Verheimlichung stattfindet, dem sich der Anwalt gegenübersieht.

    Die erwähnten Szenen sind indes längst nicht die einzigen grundsätzlichen Auseinandersetzungen, die es in „The Company You Keep“ gibt und sie sind auch längst nicht alle so packend und erhellend. So ist die wortreiche Sprachlosigkeit zwischen Julie Christie („Doktor Schiwago“) und Robert Redford weit weniger beredt als allem Anschein nach beabsichtigt und die verschiedenen Techtelmechtel des Jungjournalisten mit seiner FBI-Quelle (Anna Kendrick) oder der Polizistentochter wirken im Kontext des Polit-Dramas zuweilen wenig glaubhaft – zudem sind auch Bens Diskussionen mit seinem Chefredakteur (Stanley Tucci) nur ein Abklatsch großer Reporterfilme. An dieser Stelle zeigen sich die erwähnten Geister der Vergangenheit auf einer anderen Ebene, denn hier schwingen das filmische Erbe und auch das private politische Engagement der Beteiligten jederzeit mit. Das geht von Redfords „Unbestechlichen“ über den bekannten Aktivismus von Sarandon und Christie  bis hin zum Außenseitertum von Nick Nolte sowie zu Brit Marlings („The East“) zeitgenössischer Form des engagierten Kinos. Und so steckt in dem manchmal etwas flügellahmen Genre-Beitrag „The Company You Keep“ auch  eine Selbstreflexion einiger alter Hollywood-Recken und damit gleichsam ein zweiter spannenderer Film.

    Fazit: „The Company You Keep“ ist ein gediegenes Polit-Drama mit einigen Längen, das in erster Linie durch seine Starbesetzung und deren (filmische) Vergangenheit erzählerische Tiefe und Resonanz bekommt.

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