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    Trash Humpers
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Trash Humpers
    Von Lars-Christian Daniels

    „Ist das Kunst oder kann das weg?" betitelt Ulknudel Mike Krüger sein aktuelles Comedyprogramm – und spricht damit nicht nur ahnungslosen Kunstbanausen, sondern sicherlich auch so manchem leidgeprüften Festivalbesucher nach dem Verlassen des Kinosaals aus der Seele. Der Grat zwischen Experimentalfilm und Trash, provokativer Kunst und unverstandenem Nischenwerk ist bisweilen schließlich verdammt schmal. Auch an Harmony Korines ungewöhnlicher Mockumentary „Trash Humpers" scheiden sich seit der Premiere auf dem Toronto International Filmfestival 2009 die Geister: Soll man diese exzentrische Gewalt- und Zerstörungsorgie zur Kunst intellektualisieren? Inszeniert der Regisseur hier ein beklemmend düsteres Abziehbild der amerikanischen Unterschicht? Oder versucht er lediglich um des Schockierens willen zu schockieren? Unabhängig vom Urteil, das letztlich jeder Zuschauer für sich selbst fällen muss, steht eines fest: Korines Film ist definitiv nichts für ein zartbesaitetes Publikum und ohne Vorwissen praktisch kaum zumutbar.

    „Trash Humpers" (dt.: „Müllbumser") hält, was der Name verspricht: Drei verwahrloste, namenlose Hauptdarsteller, deren fratzenähnliche Masken ein fortgeschrittenes Alter suggerieren, werden in verschlissenen Jogginganzügen scheinbar ohne jede Regieanweisung auf alles losgelassen, was sich mit Baseballschlägern zertrümmern oder von hinten begatten lässt. Mülltonnen, Mauerwerk und Baumstämme werden kollektiv im Stehen genommen, Masturbationspraktiken an Zäunen verübt, Fernsehgeräte werden durch die Gegend geschmissen. Die drei Protagonisten ersticken Babypuppen in Plastiktüten, schleifen sie an Fahrrädern hängend zu Tode und zwingen ihre Mitbürger dazu, Pfannkuchen mit Spülmittel zu vertilgen. Leichen verwesen kommentarlos im Morast, alten Männern in Frauenkleidern wird der Kopf eingeschlagen, und drei übergewichtigen, halbnackten Frauen der breite Hintern versohlt...

    Korine, der erstmalig 1995 als Drehbuchautor zu Larry Clarks AIDS-Drama „Kids" für Aufsehen sorgte, verzichtet bei „Trash Humpers" auf jeden narrativen Ansatz. In Zeiten von Dolby Digital, 3D-Kameras und Full HD-Fernsehern bemüht der umstrittene Filmemacher eine alte Videokamera für seine bizarre Freakshow, schneidet seinen Film auf VHS-Rekordern und reiht dabei wahllos und holprig wackelige Sequenzen aneinander. Immer wieder setzt die Videokamera aus, ständig verrauscht das Bild – zweifellos die passende Verpackung für die alptraumartigen, verstörenden Szenen, die Korine dem Zuschauer serviert. Der Regisseur verbannt jegliche Schönheit aus seinem absonderlichen Film und wühlt vor tristen Fassaden und in verwahrlosten Bruchbuden buchstäblich im Dreck des asozialen White-Trash-Milieus. Sein künstlerischer Anspruch ist dabei jedoch zu jeder Zeit offensichtlich: „Trash Humpers" ist fast krampfhaft auf anarchische Performancekunst getrimmt

    Was anfangs noch wie eine skurrile Variante von „Jackass" anmutet, artet schon bald zum ziellosen Rammel- und Zerstörungstrip aus. Denn spätestens nachdem die Protagonisten zum fünften Mal Baumstämme oder Mülltonnen begattet haben, verliert der Betrachter langsam aber sicher den anfänglichen Willen, sich auf ernsthafter Basis mit einer eventuellen Botschaft des Films auseinanderzusetzen. Wenn überhaupt mal gesprochen wird, dann sind minutenlang explizite Fluch- und Schimpftiraden zu hören, bei denen sich Kraftausdrücke und primitive Lieder mit Texten wie „You girls just suck large, fat penis" die Waage halten. Die gelegentlich eingestreuten Monologe hingegen klingen fast wie die Phantasien eines Geisteskranken.

    „It would be nice to live without a head – think how much money you would save on shampoo."

    78 Minuten Stöhnen, Keuchen und Grunzen, wirres Kreischen und Lachen, Furzen und gröhlender Gesang – den Film als „eigenwillig" zu bezeichnen, wäre eine schmeichelhafte Untertreibung. „Trash Humpers" ist brutal anstrengend und absolut abgefahren, in seiner Aussage aber nie wirklich zu begreifen. Noch lange nach dem Abspann denkt der Betrachter darüber nach, was er da eigentlich gesehen hat – eine Antwort auf die Frage, was Harmony Korine ihm mit auf den Weg geben will, findet er aber höchstwahrscheinlich nicht.

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