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    The Sex Of Angels
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    The Sex Of Angels
    Von Kevin Huber

    Kaum ein Genre ist so konservativ wie die romantische Komödie. Vom Hollywood-Fließband kommen in dieser Gattung in aller Regel Lobpreisungen traditioneller Familienwerte mit meist ganz klar verteilten Rollen. Das typische Szenario: Die Frauen, egal wie emanzipiert und eigensinnig sie zunächst auch auftreten mögen, sehnen sich insgeheim doch nur nach dem Märchenprinzen, der sie zum Traualtar führt, während die Männer als unreife, testosterontriefende Schürzenjäger präsentiert werden, die von weiblicher Hand zaghaft an eine monogame Beziehung inklusive der damit einhergehenden Verantwortung herangeführt werden müssen. Schwule und Lesben kommen hier, wenn überhaupt, nur als klischeehafte Nebenfiguren vor und von der Norm abweichende Lebensentwürfe werden spätestens zum Happy-End verworfen. Auch fern der amerikanischen Traumfabrik sieht es generell durchaus ähnlich aus, so dass jede größere Abweichung vom Schema F eine willkommene Abwechslung darstellt und genau die bietet Xavier Villaverde mit „The Sex Of Angels". Der spanische Regisseur versucht sich an einer aufrichtigen Auseinandersetzung mit alternativen Beziehungsmodellen und legt dabei durchgehend eine moderne, aufgeschlossene Einstellung an den Tag. Allerdings kommt seine romantische Tragikomödie dabei viel zu selten über flaches Seifenopern-Geplänkel hinaus.

    Der junge Tänzer Bruno (Llorenç González) befindet sich in einer glücklichen Beziehung mit der schönen Carla (Astrid Bergès-Frisbey), doch durch eine Begegnung mit dem mysteriösen Rai (Álvaro Cervantes) ändert sich alles. Der sexuell aufgeschlossene Freigeist weckt ungeahnte Gefühle in Bruno und die beiden Männer beginnen eine leidenschaftliche Affäre. Als Carla vom Seitensprung ihres Freundes erfährt, bricht für sie zunächst eine Welt zusammen, doch nach dem ersten Schock versucht sie, sich an Brunos neuentdeckte Bisexualität zu gewöhnen und akzeptiert, Teil eines Dreiecksverhältnisses zu sein. Aber dann fühlt sich auch Carla zu Rai hingezogen und die angespannte Situation wird erst richtig kompliziert.

    „The Sex Of Angels" beginnt vielversprechend. Regisseur Villaverde fängt auf glaubhafte Weise die Lebenseinstellung einer Generation ein, für die die Liebe zwischen zwei Männern oder ein Leben in Promiskuität ebenso alltäglich und akzeptiert ist, wie die traditionelle Beziehung zwischen Mann und Frau. Der Filmemacher beleuchtet die liberale Gesinnung seiner Figuren aus verschiedenen Blickwinkeln und verzichtet dabei auf moralische Urteile. Treffend wird die Offenheit der jüngeren den Werten älterer Generationen gegenübergestellt: So befindet sich Carlas Mutter Nuria (Lluïsa Castell) gerade deshalb in einer unglücklichen Beziehung, weil sie unbedingt am traditionellen Familienbild festhalten möchte. Im Gegenzug wird aber auch das liberale Ideal der freien Liebe kritisch betrachtet, wenn Carla Schwierigkeiten damit hat, dies mit ihrer Eifersucht in Einklang zu bringen.

    Die Voraussetzungen für eine etwas andere romantische Komödie, in der eine lebensnahe und zeitgemäße Auseinandersetzung mit Liebe und Beziehungen stattfindet, sind gegeben, gerade die aufkeimenden Gefühle zwischen Bruno und Rai zu Beginn werden noch angenehm natürlich und ohne große Worte vermittelt. Allerdings nutzt ein solch solides Fundament wenig, wenn in den entscheidenden Momenten doch der letzte Schliff fehlt. So sind die Figuren weder charmant und eigensinnig genug, um als Protagonisten einer Komödie zu überzeugen, noch verfügen sie über ausreichend Komplexität, um ein Drama tragen zu können, daran können auch die attraktiven und talentierten Darsteller nichts ändern. Sobald die Figurenkonstellation einmal etabliert ist und es in größere emotionale Tiefen gehen soll, versinkt „The Sex Of Angels" in Oberflächlichkeit. Die Dialoge wirken beliebig, Gefühle werden eher behauptet als wirklich zum Ausdruck gebracht, Wendungen mit dem Holzhammer herbeigeführt. Dazu erstickt die, von den angenehm natürlichen Sexszenen abgesehen, allzu kühle, geradezu sterile Inszenierung jeden Anflug von zwischenmenschlicher Intimität im Ansatz. Tiefere Einsichten oder ernsthafte Einblicke in die Gefühlswelt eines Liebesdreiecks lassen sich aus dieser blutleeren und insgesamt recht witzlosen Angelegenheit nur schwer gewinnen.

    Fazit: „The Sex of Angels" ist ein hochinteressanter Versuch das Genre der romantischen Komödie zu entstauben, doch die bemerkenswerten Ansätze münden in ein viel zu grobschlächtig umgesetztes, weder witziges noch tiefsinniges Einerlei.

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