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    Serengeti
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Serengeti
    Von Christian Horn

    Im Jahr 1959 machte der preisgekrönte Dokumentarfilm „Serengeti darf nicht sterben" von Bernhard Grzimek auf die ökologische Bedrohung der afrikanischen Savanne aufmerksam. Heute hat sich das Umweltbewusstsein der Menschheit zwar merklich zum Positiven verändert, die voranschreitende Zerstörung der Natur ist jedoch nach wie vor ein ungelöstes Problem – und genau darin liegt die implizite Daseinsberechtigung für jede neue Natur-Doku, die es auf die Kinoleinwände oder ins Fernsehprogramm schafft, zumal das Medium Film geradezu prädestiniert ist, die erhaltenswerte Schönheit der Natur zu vermitteln. Dennoch scheint die Frage berechtigt, ob es mit Reinhard Radkes „Serengeti" tatsächlich eines weiteren Blicks in die Savanne bedarf: Warum schon wieder zebrajagende Löwinnen, afrikanische Sonnenuntergänge und Flussüberquerungen großer Tierherden?

    Die Serengeti, seit 1981 ein UNESCO-Weltkulturerbe, erstreckt sich vom Kraterhochland Tansanias bis in den Süden Kenias und umfasst eine Fläche von rund 30.000 Quadratkilometern. Der erfahrene Tierfilmer Reinhard Radke und sein kleines Team drehten in sechs Blöcken über einen Zeitraum von zwei Jahren, um die größte Tierwanderung der Welt zu filmen und die erhabene Schönheit dieses Naturschauspiels einzufangen: Fast zwei Millionen Gnus, Zebras und Thomson-Gazellen ziehen jedes Jahr in einer kreisförmigen Bewegung durch die Serengeti. Dieser Jahreszyklus dient Radke als roter Faden, um vom Überleben der Tiere in der Trockenzeit sowie dem Verhältnis zwischen Jägern und Gejagten zu berichten, wobei die stetige Suche nach Wasserquellen und fruchtbarem Land als Leitmotiv dient. Hardy Krüger Jr. fungiert in zurückgenommener TV-Doku-Manier als Sprecher und versorgt das Publikum so mit Hintergrundinformationen.

    Dass in den vergangenen Jahren vermehrt Tier- und Naturdokumentarfilme im Kino laufen, liegt nicht nur an der medialen Aufmerksamkeit für den Klimawandel, sondern ganz entscheidend auch an neuen Aufnahmetechniken. Noch nie war es so unproblematisch möglich, hochauflösende Bilder der Wildnis zu produzieren. Handliche Kameras und Objektive bilden die technische Grundlage für Filme wie „Unsere Erde - Der Film" oder eben „Serengeti", die ganz bewusst großformatige Bilder fürs Kino liefern. In diesem Zusammenhang ist es sehr sinnvoll, dass Reinhard Radke manche Einstellungen länger als gewöhnlich hält und dem Zuschauer somit ein Einfinden in die Umgebung ermöglicht (im Fernsehen ist dergleichen schließlich nur selten der Fall). So entstehen Momente, die den für Natur-Dokus typischen erhobenen Zeigefinger, auf den „Serengeti" fast völlig verzichtet, gleichwertig ersetzen: Die Bedrohung der gezeigten Natur schwingt in den Bildern ohnehin mit und es ist beinahe unnötig, im Off-Kommentar didaktisch darauf zu verweisen. Hier liegt der Hauptunterschied zu „Serengeti darf nicht sterben", der seinerzeit noch mit großer Geste und viel Nachdruck auf die ökologische Gefährdung der Serengeti aufmerksam machte und damit eine ganze Generation beeinflusste.

    Die Vorzüge der Kinoleinwand macht sich „Serengeti" geschickt zunutze und so sind die Tierbeobachtungen interessant, obwohl ganz ähnliche Aufnahmen beinahe täglich im Fernsehen laufen. Es ist eben doch ein Unterschied, ob man ein Krokodil, das nach einem trinkenden Gnu schnappt, auf dem Fernsehbildschirm oder im Kinosaal beobachtet. Alleine die imposanten Luftaufnahmen, welche die gewaltige Herde der Paarhufer auf ihrer Wanderung zeigen, lohnen das Leinwandformat. Bisweilen übertreibt „Serengeti" aber mit der Kinotauglichkeit: Viele der Zeitraffer und extremen Zeitlupen haben keine zusätzliche Aussagekraft und wären nicht unbedingt nötig gewesen.

    Fazit: Mit „Serengeti" legt Reinhard Radke eine klassisch inszenierte Tier-Doku vor, die sich zwar an ähnlichen TV-Formaten orientiert, aber dank der visuell beeindruckenden Aufbereitung die Kinoleinwand mustergültig bedient. Wenngleich „Serengeti" nicht ganz verleugnen kann, dass er nichts wirklich Neues liefert, ist der erneute Blick auf dieses Naturschauspiel deshalb trotzdem sehenswert.

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