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    Polnische Ostern
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Polnische Ostern
    Von Michael Smosarski

    Jakob Ziemnickis Komödie „Polnische Ostern" stellt das Verhältnis von Deutschland und seinem östlichen Nachbarn in den Mittelpunkt, das seit langer Zeit geprägt ist von einer Vielzahl ebenso stereotyper wie abwegiger Vorstellungen vom jeweils anderen Land. Leider kommt Ziemnickis dabei meist nicht über die bloße Reproduktion all dieser Klischeebilder hinaus. Der polnische Filmemacher ist zu beschäftigt damit, eine heitere Geschichte zu erzählen und vergisst darüber, diese Irrtümer nicht nur humoristisch zu nutzen, sondern auch ernsthaft in Frage zu stellen. Gute Ansätze, wie beispielsweise die differenzierte Behandlung des Themenbereichs Religion, gehen angesichts der ansonsten eher naiven Aneinanderreihung von Länderstereotypen völlig unter. So ist „Polnische Ostern" ein harmloser Spaß, dem es an entscheidenden Stellen an Substanz und cleverem Witz mangelt.

    Der Bäckermeister Werner Grabosch (Henry Hübchen) will sich nach dem Tod seiner Tochter um seine Enkelin Mathilda (Paraschiva Dragus) kümmern. Das Jugendamt allerdings spricht Tadeusz (Adrian Topol), dem Vater der Kleinen, das Sorgerecht zu. Grabosch jedoch will die Entscheidung nicht hinnehmen, schließlich hatte Tadeuz sich zuvor nie wirklich um sein Kind gekümmert. Schlimmer noch: Er ist Pole. Zu allem Überfluss will Tadeusz seine Tochter mit in sein Heimatland nehmen und dort aufwachsen lassen. Grabosch beschließt, den beiden hinterher zu reisen und nachzuweisen, dass seine Enkelin im Ostland unter unwürdigen Bedingungen lebt. Bald jedoch muss der verbohrte Alte einsehen, dass Polen doch mehr zu bieten hat, als er sein Leben lang felsenfest angenommen hatte...

    Das Setting von „Polnische Ostern" wird zumindest vordergründig überzeugend auserzählt, denn die Bilder der polnischen Alltagswelt sind kaum überzeichnet. Jeder, der das Land kennt und schon einmal einen Blick in polnische Stuben werfen durfte, wird den Einrichtungsstil mit seinen Brauntönen und die allgegenwärtige Kleinkunst-Dekoration wiedererkennen. Das hätte in Sachen Folklore ausgereicht - Ziemnicki jedoch überspannt den Bogen und zieht so ziemlich alle denkbaren Klischee-Register: vom „Nationalgetränk" Wodka über vollkommen inkonsequente Polizeibeamte bis hin zur burschikos-sinnlichen Polin finden sich alle Versatzstücke wieder, die das deutsche Bild vom östlichen Nachbarland prägen. Auch die Figurenzeichnung bleibt dementsprechend eindimensional.

    Schade – denn bisher sind die diesbezüglichen Referenzen von Hauptdarsteller Henry Hübchen einwandfrei! Für seine Rolle in Dani Levys mehrfach preisgekrönter Komödie „Alles auf Zucker", die ebenfalls Stereotypen persifliert, wurde Hübchen 2005 mit dem Deutschen Filmpreis geehrt. Dass „Polnische Ostern" etwas zahnlos ausfällt, liegt nicht an ihm, denn Hübchen verleiht der Figur des Werner Grabosch mit seiner zerknitterten Art markanten Charme. Die Probleme liegen vielmehr beim Drehbuch-Entwurf, der den Figuren kaum erinnerungswürdige Repliken zugesteht und sie flach und unecht erscheinen lässt. Im Rahmen des ansonsten blassen Ensembles wirkt so auch Werner Grabosch als einzige wirklich herausstechende Figur etwas befremdlich.

    Einzig im Hinblick auf das Thema Religion nehmen Ziemnicki und seine Co-Autorin Katrin Milhahn eine differenzierte Perspektive ein. So stehen sich zwar auch hier wenig ideenreich der Graboschs Atheismus und polnischer Katholizismus gegenüber, beide Standpunkte werden jedoch von Ziemnicki schlüssig gegeneinander ausgespielt. So wird letztlich Religiosität als Grundlage einer Gemeinschaftsform gezeigt, die Vereinzelung nicht zulässt: Eigenbrötler Grabosch wird dem Prinzip der christlichen Nächstenliebe entsprechend gegen seine Willen in die Familie von Tadeusz aufgenommen und findet in ihr, nach einiger Gegenwehr, doch jenen Halt, den er zuvor in Polen nicht für möglich gehalten hatte. So kann Ziemnicki sein Publikum zwar punktuell für sich einnehmen. Unterm Strich ist seine abendfüllende Klischee-Sequenz aber zu trivial, um wirklich witzig zu sein oder geistreiche Einsichten zum Verhältnis von Polen und Deutschland zu vermitteln.

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