Mein Konto
    Sparkle
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Sparkle
    Von Andreas Günther

    Einen Tag nachdem Whitney Houston in der Badewanne ihres Hotelzimmers in Beverly Hills tot aufgefunden worden war, fragten Radiomoderatoren ihre Hörer nach ihren Erinnerungen an die Songs der Souldiva. Viele erzählten, dass sie zu den Liedern ihre jetzigen Partner kennen- und lieben gelernt haben. Wusste die Sängerin und Schauspielerin, was sie bewirken konnte – und bedeutete es ihr etwas? Ihr letzter Film „Sparkle" lässt daran zweifeln. In dem von Houston auch mitproduzierten Remake des gleichnamigen Musikdramas von 1976 über eine Girlband wird ein äußerst grimmiger Blick auf das Showbusiness geworfen und das Soul-Publikum auf haltlose Männer reduziert, die nach den lasziven Posen jugendlicher Performerinnen gieren. Wie ein dunkler Schatten liegen Houstons negative Karriereerfahrungen auf dem Film, den weder die unausgewogene Regie von Salim Akil noch die Musik von R. Kelly oder die wenig profilierten Hauptdarstellerinnen aus dem unteren Mittelmaß heben können.

    Detroit, 1968. In Begleitung ihrer eher zurückhaltenden Schwester Sparkle (Jordin Sparks), die freilich ihre Songs schreibt, legt die Afroamerikanerin Sister (Carmen Ejogo) im Discovery Club einem vor allem die männliche Zuhörerschaft mitreißenden Gesangsauftritt hin. Der bleibt ohne Fortsetzung, bis der ambitionierte Talentmanager Stix (Derek Luke) Sparkle, Sister und die dritte Schwester Dolores (Tika Sumpter) in einem gutsituierten Vorort aufspürt. Dort leben sie bei ihrer Mutter Emma (Whitney Houston), einer unverheirateten ehemaligen Sängerin, die tief gläubig wurde und nun erfolgreich ein Damenoberbekleidungsgeschäft führt. Stix überredet die jungen Frauen, heimlich und gegen den erklärten Willen ihrer Mutter eine Gesangskarriere zu starten. Nach umjubelten Clubengagements und einem ersten Gig im Fernsehen winkt sogar ein Plattenvertrag. Doch während Sparkle dem liebevollen Werben von Stix noch widersteht, hat sich Sister längst mit dem reichen, aber strauchelnden Komiker Satin (Mike Epps) eingelassen, der sie schlägt und in die Drogensucht treibt. Es kommt zu Konflikten innerhalb des Trios – und sogar zum Mord...

    Whitney Houston soll sich die Rechte an einer Wiederverfilmung von „Sparkle - Der Weg zum Star" bereits um die Jahrtausendwende gesichert haben. Mit lange zirkulierenden Filmprojekten und Remakes hatte Houston als Schauspielerin in der Vergangenheit durchaus Glück wie „Bodyguard" und „Rendezvous mit einem Engel" gezeigt haben. Auch diesmal wurden gegenüber dem Original zahlreiche Veränderungen vorgenommen. Während die Handlung des „Sparkle"-Originals Ende der 50er und zu Beginn der 60er angesiedelt ist, spielt das Remake 1968 und der Schauplatz ist nicht mehr Harlem, sondern Detroit, der Sitz der renommierten Plattenfirma Motown-Records. Und auch thematisch gibt es neue Akzente: Im alten „Sparkle"-Film wurde zwar auch schon mit der ersten Einstellung ein religiöses Leidensmotiv eingeführt, aber Salim Akil und seine Mitstreiter bedienen sich im Remake in weitaus perfiderer Weise der Religion.

    Gott ist das Heil, das Showbusiness aber ein Sündenpfuhl – das ist die merkwürdige Botschaft von „Sparkle" aus dem Jahr 2012. Whitney Houston selbst verkörpert sie ohne jegliche Brechung in der Rolle der Frau in den besten Jahren, die seelisch gebeutelt aus ihrer Gesangskarriere hervorging und nun ihre Bigotterie und ihren Abscheu vor den Ambitionen ihrer Töchter vor sich herträgt. Ihre Emma schläft den Schlaf der Gerechten vor dem Fernseher, während sich ihre Kinder nachts zu ihren Gigs aus dem Haus stehlen. Eine elegant gekleidete Whitney Houston thront affektiert und hartherzig in ihrem Sessel, schreitet majestätisch vorbei oder steht anklagend da, als könnte sie dadurch die Würde zurückgewinnen, die die Berichterstattung der Regenbogenpresse über ihre Exzesse und ihr privates Unglück ihr geraubt hat. Houston nutzt die Chance der filmischen Fiktion, ein ganz anderes Leben zu führen als es ihr die Wirklichkeit diktiert hat. Wenn Emma am Schluss die Singer-Songwriter-Ambitionen von Sparkle doch noch unterstützt und ihr im Auditorium applaudiert, meint man ihr die Erleichterung darüber anzumerken, dass den furchtbaren Job jetzt eine andere macht.

    Am Gut-und-Böse-Schematismus können die übrigen kreativ Beteiligten wenig ändern. Joel Schumachers („Die Jury", „Nicht auflegen") milieuechtes Drehbuch zum Original wurde von Mara Brock Akil („Girlfriends") in die klischeehafte Karriereachterbahnfahrt aus kometenhaftem Aufstieg, raschem, tiefem Fall und wundersamem Comeback verbogen. Teilweise sind die Hauptdarstellerinnen zu alt für ihre Rollen, teilweise versagt Regisseur Salim Akil eklatant bei der Schauspielerführung. Anastas N. Michos´ („Cadillac Records", „Untraceable") Kamera delektiert sich an den Oberflächenreizen von kurzen Röcken, überdimensionalen Produzentenschreibtischen und protzigen Limousinen. Den Soul-Darbietungen fehlt bis zuletzt Esprit und Überzeugung. Was kann Musik ihren Fans geben? Wenn man „Sparkle" sieht, nichts als flüchtige Erregung. Selbst der eigentlich schöne Schlusssong „Fly with one wing" erhält dadurch ein Geschmäckle, dass Sparkle vor dem Auftritt ihr himmlisch blaues Kleid gegen ein tief ausgeschnittenes, geradezu sündhaft rotes Kleid tauscht: Only sex sells, soll das wohl besagen.

    Fazit: Das kreative Team agiert uninspiriert, durch die Geschichte von Whitney Houstons Karriere bekommt das Musikdrama eine einseitige Ausrichtung - die Neuverfilmung von „Sparkle" ist deshalb weder originell noch mitreißend.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top