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    Señor Kaplan
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Señor Kaplan
    Von Christian Gertz

    Habe ich der Welt dazu verholfen, zu einem besseren Ort zu werden?“ Der rüstige Rentner Kaplan bezweifelt das. Und dass er jüngst seinen 76. Geburtstag feierte und seinen Führerschein abgeben musste, deutet er, der den biblischen Namen Jacob trägt und als Kind einer jüdischen Familie einst ganz alleine aus dem nazibesetzten Polen nach Montevideo floh, als ein Zeichen für den Anfang vom Ende. Aber dann kommt doch noch die Gelegenheit, seine letzte Chance, endlich in ein Abenteuer einzutauchen, das seinem Leben einen tieferen Sinn geben könnte. Der uruguayische Regisseur Álvaro Brechner („Bad Day to Go Fishing“) schickt den chilenischen Theaterstar Héctor Noguera in „Señor Kaplan“ auf eine spannend-witzige kriminalistische Schnitzeljagd: Seine einfühlsame Komödie sorgte mit viel feinsinnigem Humor bereits weit über die südamerikanischen Grenzen hinaus für Begeisterung.

    Álvaro Brechner ist von Figuren wie Don Quijote nach eigener Aussage schon immer fasziniert gewesen und so stellt der Regisseur, der auch das Drehbuch zu „Señor Kaplan“ schrieb, seinen Titelhelden vor eine große Aufgabe: Als in seiner Gemeinde vor den Toren Montevideos das Gerücht kursiert, ein deutscher Nazi halte sich seit Jahren an der Küste Uruguays versteckt, weiß Jacob, was er zu tun hat und verpflichtet den chaotischen, chronisch abgebrannten Ex-Polizisten Wilson (Néstor Guzzini), heimlich mit ihm auf Nazijagd zu gehen. Gemeinsam entdecken die beiden Freizeitdetektive vielsagende Spuren, die der Deutsche (Rolf Becker) über die Jahre beinahe erfolgreich verwischt hat... Mit bewundernswerter Leichtigkeit greift Brechner die Themen des Älterwerdens und Vergessens auf und gibt selbst dem, was wir schwerfällig Vergangenheitsbewältigung nennen, fast etwas Ungezwungenes, ohne dabei den ernsten Kern zu vernachlässigen. Im langsamen Tango-Schritt wird aus dem Buddy-Movie ein immer spannenderes Kino-Abenteuer im Geiste von Don Quijote und Sancho Panza.

    Fazit: Regisseur Álvaro Brechner und sein herausragender Hauptdarsteller Héctor Noguera manövrieren geschickt zwischen der Leichtigkeit eines Strandausfluges und der Ernsthaftigkeit eines Dramas übers Älterwerden.

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