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    An Enemy To Die For
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    An Enemy To Die For
    Von Katharina Granzin

    Er ist ein schwer einzuordnendes, schillerndes Ding, dieser Film, für den der Schwede Peter Dalle als Regisseur und Drehbuchautor verantwortlich zeichnet. Zu einem gewissen Teil Thriller, zum anderen psychologisch grundiertes Historiendrama, durchsetzt mit großzügigen Beimengungen von Melodram – und das alles im landschaftlich spektakulären Setting eines Abenteuerfilms. Für einen deutschsprachigen Verleihtitel war er offensichtlich auch zu sperrig. „Ein Feind, für den man sterben könnte" klingt ja auch noch diffuser als die englische Version des schwedischen Originaltitels: „An Enemy To Die for". Aber es wäre eigentlich schade, wenn dieser eigenartige Film, nur weil er so ungewohnt schwer kategorisierbar ist, dadurch in der öffentlichen Wahrnehmung untergeht. Denn auch wenn Dalle vielleicht ein wenig zu viel auf einmal versucht, gelingt ihm doch ein dichtes, spannungsreiches Drama, in dessen internationalem Cast sich die deutschen SchauspielerInnen Jeanette Hain und Axel Prahl als hervorragende Charakterdarsteller bewähren.

    Man schreibt das Jahr 1939. Eine deutsche Forschungsmission ist auf einem Schiff unterwegs zum Nordpol. Der Wissenschaftler Friedrich (Axel Prahl) und seine Kollegin Leni (Jeanette Hain) wollen nach handfesten Belegen für die These des Geologen Alfred Wegener suchen, dass alle Kontinente ursprünglich miteinander verbunden waren. Zwei britische und ein schwedischer Wissenschaftler sind mit im Team; die Besatzung des Schiffes besteht aus Russen und einem Norweger. Zunächst verläuft die Fahrt harmonisch. Man begegnet sich mit gegenseitiger Wertschätzung, und zwischen der deutschen Geologin und dem schwedischen Kollegen Gustav (Richard Ulfsäter) bahnt sich gar eine gewisse romantische Fixierung an. Doch als der Krieg ausbricht, werden die Karten sehr plötzlich neu gemischt. Friedrich erhält aus Deutschland den Auftrag, das Kommando über das Schiff zu übernehmen und aktiv ins militärische Geschehen einzugreifen. Der offene Konflikt, der daraufhin ausbricht, steigert sich dramatisch, als einer der Briten sich als psychopathischer Nazi-Spion entpuppt, der sich nicht scheut, zur Durchsetzung seiner Ziele über Leichen zu gehen.

    In der Zusammenfassung mag dieses Handlungsraster recht überzeichnet klingen, doch Regisseur und Autor Dalle gelingt es, die auseinanderstrebenden Interessen seiner Figuren zu einem spannungsreichen Konfliktknäuel zu bündeln. Die einzelnen Personen sind gerade so weit in ihrer jeweiligen Eigenart übersteigert, dass sie noch nicht zum Charakterklischee werden, aber schon zum Ideenträger taugen. An zentraler Stelle „Tatort"-Kommissar Axel Prahl („Willenbrock"), der die tragischste Figur von allen verkörpert: den menschlich an sich anständigen, doch politisch sträflich naiven und in letzter Konsequenz unbedingt obrigkeitstreuen deutschen Wissenschaftler. Auch Jeanette Hain („Poll") als Geologin Leni, deren Bruder während der Forschungsreise in Deutschland von der Gestapo verhaftet wird, macht in der Rolle der von den Nazis erpressten Schmerzensreichen, hin und her gerissen zwischen Gewissensnöten, Angst und Verliebtheit, eine beeindruckend gute Figur.

    Die Handlung von „An Enemy To Die For" ist an dramatischen Konflikten reicht. Da ist die eingebaute Liebesgeschichte zwischen der Deutschen und dem Schweden fast schon ein wenig zu viel, zumal sie eine deutliche Asymmetrie der Charaktere enthält, da der junge Schwede Gustav als Person recht blass bleibt. Das hat nichts mit der schauspielerischen Leistung von dessen Darsteller Richard Ulfsäter („Die ewigen Momente der Maria Larsson") zu tun, sondern Neutralität ist, was das narrative Potenzial betrifft, einfach eher langweilig. Die beiden Briten, irrer Nazi der eine, sarkastischer jüdischer Intellektueller der andere, sind dagegen mit deutlich mehr Spannungspotenzial, aber auch stärker als Charaktermasken angelegt. Doch auch hier überzeugt die darstellerische Umsetzung durch Tom Burke („Donkey Punch") und Allan Corduner („Unbeugsam"). Insgesamt hat Peter Dalle sich eine wirklich glänzende internationale Schauspielerriege zusammengesucht, die locker über die durchaus vorhandene Thesenhaftigkeit des Buches hinwegspielt. Und was in seinem Drehbuch an Symbolik zu viel sein mag, macht Dalle als Regisseur durch eine sehr dichte Inszenierung selbst wieder wett, wobei er noch auf atemberaubende Landschaftsaufnahmen vom Eismeer zurückgreifen kann.

    Fazit: Historien- und psychologisches Drama mit Thrillerelementen und großem symbolischem Gepäck: Dicht inszeniert, ansatzweise etwas überladen, jedoch getragen von hervorragenden Schauspielerleistungen.

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