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    Atlantic.
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Atlantic.
    Von Christian Horn

    Die Idee zu „Atlantic.“ kam Jan-Willem van Ewijk während eines Urlaubs in Marokko. Dort lernte der niederländische Regisseur den Profi-Windsurfer Fettah Lamara kennen, den er als Laiendarsteller für die Hauptrolle seines Dramas verpflichtete. Der Sportler spielt den Fischer Fettah, der mit seinem Vater an der marokkanischen Küste lebt. Zusätzliche Einnahmen sichern sich die beiden, indem sie Unterkünfte an Touristen vermieten, denen Fettah das Surfen beibringt. Als sich der Marokkaner dabei in die Niederländerin Alexandra (Thekla Reuten) verliebt, fasst er nach ihrer Abreise einen waghalsigen Entschluss: Mit nichts als seinem Surfbrett will er über den Atlantik bis nach Holland gelangen. Er surft an der Küste entlang, nächtigt am Strand und nimmt schließlich einen Umweg über die offene See, weil die Küste von Gibraltar abgeriegelt ist. Van Ewijk entwirft aber keine Parabel auf die Flüchtlingswelle und vertritt keine gesellschaftspolitischen Thesen, sondern gibt sich ganz dem Flüstern und Rauschen des Ozeans hin.

    Trotz des abenteuerlichen Handlungsgerüsts geht es in „Atlantic.“ in erster Linie um eine innere Reise. Kameramann Jasper Wolf („Boy7“) findet stets die passenden Bilder für die existenzialistische Dimension der Erzählung, während die Vorgeschichte von Fettahs Trip in Rückblenden und mit einem geflüsterten Voice-Over-Kommentar nur knapp abgesteckt wird. Man erfährt, dass seine Mutter im Ozean ertrunken ist und dass er seine kleine Ersatztochter im Heimatdorf zurückgelassen hat, aber viele Fragen bleiben auch unbeantwortet. Das Knistern zwischen Fettah und Alexandra fällt betont unspektakulär aus und so scheint die Liebe für den jungen Marokkaner vor allem der Anlass für den Aufbruch in ein anderes Leben zu sein: Die schwierige Reise des immer wieder auch zweifelnden Fettah wird zur fundamentalen Erfahrung. Das Meer erscheint oft in der Draufsicht, das Geschehen am Strand oder auf Fischerbooten fängt Wolf bevorzugt mit der Handkamera ein, dazu erklingt ein fesselnder Soundtrack aus Trommel- und Streicherklängen. Regisseur Jan-Willem van Ewijk ist ganz nah bei seinem Protagonisten und dabei entwickelt sein poetisch-beschaulicher Abenteuerfilm einen erstaunlichen Sog.

    Fazit: Ein unaufgeregtes Abenteuerdrama, das durch ein starkes Gefühl von Freiheit und Menschlichkeit geprägt ist.

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