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    The Class of '92
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    The Class of '92
    Von Michael Meyns

    Mit diesen Kindern gewinnst du nichts“ kommentierte ein englischer Fußballjournalist die Entscheidung von Alex Ferguson, Anfang der Spielzeit 1995/96 einen Haufen Nachwuchsspieler in die Startelf von Manchester United zu holen. Tja, so kann man sich irren. Denn nur vier Jahre später sollte dem Team um David Beckham, Nicky Butt, Ryan Giggs, Phil und Gary Neville und Paul Scholes – die Bayern-Fans werden sich schmerzhaft erinnern – das Kunststück gelingen, neben Meisterschaft und Pokal auch noch die Champions League zu gewinnen und damit endgültig zu einer der legendärsten Mannschaft der Fußballgeschichte zu werden. Wie es dazu kam, erzählen die Brüder Gabe und Ben Turner in ihrer unterhaltsamen Dokumentation „The Class of 92“, die etliche prominente Interviewpartner aufzuweisen hat – von Frankreichs Fußballstar Zinedine Zidane über Kinoregisseur Danny Boyle bis zu Politiker Tony Blair – allerdings nicht über bisweilen etwas verklärte Heldenverehrung hinauskommt.

    In den 50er Jahren war Manchester United eines der berühmtesten Teams der Welt, trainiert von Matt Busby, dessen Spieler als Busby Babes bekannt waren. Doch Ende der 60er Jahre endete die Ära Busby, Jahrzehnte ohne Titel folgten, bis 1986 ein Schotte die Herrschaft über United übernahm: Alex Ferguson, der in den folgenden Jahren zum erfolgreichsten Trainer aller Zeiten wurde. Seine Entdeckungen in den Jugendmannschaften Uniteds wurden als Fergie's Fledglings, in etwa Fergies Grünschnäbel, bezeichnet. Und das waren die jungen Spieler auch, die 1992 den Jugendtitel des englischen Fußballs gewannen: David Beckham, Nicky Butt, Ryan Giggs, und Gary Neville. Zusammen mit Paul Scholes und Phil Neville gelten sie als Klasse von 92, als Goldene Generation, die Mitte der 90er Jahre in die erste Mannschaft von United aufstieg und schließlich Titel in rauen Mengen gewann.

    Wie dieses Sextett eine Stadt inspirierte, davon erzählen Gabe und Ben Turner in ihrem Film, für denn sie lange Interviews mit den sechs Spielern führten, die sich oft mit feuchten Augen an vergangene Triumphe erinnern. Gespräche mit dem ehemaligen United-Star Eric Cantona und dem legendären Zinedine Zidane erweitern die fußballerische Perspektive, während die aus Manchester stammenden Danny Boyle und Stone-Roses-Bassist Gary „Mani“ Mounfield die gesellschaftliche Relevanz der United-Erfolge betonen. In diese Kerbe schlägt auch der damalige britische Premierminister Tony Blair, der die als „Cool Britannia“ bekannt gewordene Aufbruchstimmung andeutet, die der wirtschaftlich angeschlagenen Nation neue Zuversicht gab.

    Doch dieser weite gesellschaftliche Bogen, den die Turners schlagen wollen, wirkt etwas angestrengt und allzu oberflächlich. Viel spannender ist es, wenn das Sextett von ihren Erlebnissen erzählt, sich an bizarre Aufnahmeriten erinnert und vor allem an die großen Triumphe. Viel Raum nimmt dabei natürlich die Saison 1998/99 ein, als United in zehn Tagen drei Endspiele hatte: Das letzte Spiel der Premier-League-Saison, das gewonnen werden musste, dann das nationale Pokalfinale und schließlich das legendäre Champions League Finale in Barcelona. Der dortige Triumph über den FC Bayern München, der erst in der Nachspielzeit errungen wurde, war der Höhepunkt der Class of 92 und ist auch der des Films. Dieser Spannungsaufbau zeigt dann aber auch deutlich, dass es hier vor allem um die Huldigung eines Vereins geht, die neutrale Fußballfans sicher interessieren wird, eingefleischte Fans anderer Vereine aber eher nerven könnte.

    Fazit: Wie sechs Spieler ihrem Verein den Stempel aufdrückten, davon erzählen Gabe und Ben Turner in ihrer Dokumentation „The Class of 92“, in der hübsche Anekdoten neben packenden Bildern von heroischen Siegen stehen. Ein Fest für Anhänger von Manchester United.

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