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    Tour du Faso
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Tour du Faso
    Von Petra Wille

    Was für die westliche Welt die Tour de France ist, ist die Tour du Faso für Afrika. Ungefähr 1300 Kilometer geht es dabei durch die Savanne – das ist staubig, heiß und ziemlich eintönig. Während bei der berühmten Tour durch Frankreich Afrikaner selten eine große Rolle spielen (auch wenn 2013 mit Daryl Impey das erste Mal ein Afrikaner das Gelbe Trikot des Führenden überstreifen konnte und im selben Jahr der in Kenia geborene Brite Christopher Froome den Gesamtsieg feierte), gehören bei dem Radrennen in Burkina Faso Teams aus europäischen Ländern fest zum Teilnehmerfeld und stellten auch schon mehrfach den Sieger. Der Dokumentarfilmer Wilm Huygen hat die Tour im Jahr 2011 begleitet, bei der seit 1996 erstmalig wieder ein deutsches Team mitfuhr. Während er eindrucksvolle Bilder des Rennens einfängt, kommt er in „Tour du Faso“ an die Fahrer nicht nah genug heran.

    Die Menschen in Burkina Faso sind Fahrrad-begeistert. Das erste Geschenk an ein Kind ist ein Rad und auf den Straßen sind überall Menschen auf Zweirädern zu sehen. Die seit 1987 existierende Tour du Faso bringt einmal im Jahr ein sportliches Großereignis in die weit von den Städten entfernten Dörfer, wo die Menschen ihre Teams anfeuern und jedes Kind dabei sein will. Für die Burkiner ist der Gewinn der Tour eine Frage der Ehre. Ein aus Trier angereistes deutsches Amateur-Team hat Respekt vor dem Klima, rechnet sich jedoch Chancen aus – schließlich kommt die Ausrüstung der afrikanischen Teams nicht an ihre heran. Während der Etappen zeigen sich dann ganz unerwartete Probleme: Neben Durchfall kommen die Deutschen mit der afrikanisch-anarchistischen Fahrweise nicht zurecht.

    Wilm Huygen vermeidet es in „Tour du Faso“ ein interessantes Panorama über afrikanische und europäische Fahrer zu entwerfen. Stattdessen bleibt es eine oberflächliche Beobachtung einiger Teilnehmer der Tour. Wie groß das Team der Deutschen eigentlich ist und was der Hintergrund der einzelnen Amateure ist, bleibt zum Beispiel unklar. Am meisten Raum erhält Benjamin Höber, der schließlich in der Gesamtwertung recht weit vorn landet. Seine Motivation ist, „Erfolge einfahren“ - dann mache es ihm Spaß, sagt er. Von Spaß ist die meiste Zeit aber nichts zu merken. Er ärgert sich über unsportliches Verhalten anderer Tourteilnehmer und wirkt meist angespannt. Sein Kollege Berger sagt zu einer ähnlichen Situation, die ihm kurz darauf widerfährt: „Ich versuch hier Vorurteile abzubauen gegen Afrikaner, aber...“.

    Dass die deutsche Teilnahme explizit auch dem interkulturellen Austausch dienen soll, ist dann auch nicht zu bemerken. Vor der Kamera findet so gut wie kein freundlicher Dialog zwischen den deutschen und afrikanischen Teilnehmern statt. Das mag auch an der Sprachbarriere liegen, denn die Fahrer des französischen Teams verstehen sich offensichtlich gut mit den französisch sprechenden Afrikanern. Die Deutschen hingegen wirken die meiste Zeit eindimensional und wenig sympathisch – auch wenn ihre Beschwerden bezüglich unsportlichen Verhaltens positiv behandelt werden und Höber an einem Tag sogar nachträglich zum Etappensieger aufsteigt. Die einheimischen Fahrer sind dagegen geprägt von der Hoffnung, ihrem Land Ehre einzubringen („Lieber Tod als Schande.“) und eine Karriere in Europa beginnen zu können. Ihre Energie trotz widriger Trainingsumstände mit schweren Rädern und extrem wenig Geld ist bewundernswert.

    Die Bilder, die der Kameramann Andreas Köhler („Sascha“) einfängt, sind gelungen und voller Details, die für westliches Publikum reizvoll sind: Er zeigt ein Land, das geprägt ist von flacher Savanne, viel Staub, Ziegen und Hühnern auf der Straße sowie Menschen, die trotz großer Armut (Burkina Faso ist eines der ärmsten Länder der Welt) viel Neugier und Begeisterungsfähigkeit ausstrahlen. Dass ein wichtiges Sportereignis durch ihr Dorf fährt, macht sie stolz. Alle hoffen, dass endlich wieder einmal Burkina Faso siegt und gegenüber den Europäern dadurch ein später Triumph über den Kolonialismus gelingt. Bereits in der Schule wissen die Kinder über die Eckdaten der Tour Bescheid. Viele Helferinnen und Helfer sorgen für den Ablauf des Rennens. Es werden von Hand Schilder gemalt und das Hintergrundbild mit den Sponsorenlogos auf dem Siegerpodest wird von Hand weitergekurbelt. So ist vieles improvisiert und weit vom westlichen „Standard“ entfernt. Ein Franzose drückt seinen Respekt dafür ganz sympathisch und ohne Arroganz aus – von den deutschen Fahrern ist so etwas nicht zu hören.

    Fazit: „Tour du Faso“ zeigt Einblicke in ein populäres Radrennen und eine unerwartete Seite des armen, afrikanischen Landes. Sehenswert sind die Bilder des vorbei sausenden Pelotons in der staubigen Landschaft. Die Teilnehmer, allen voran die deutschen Fahrer, bleiben aber – auch mangels sympathischer Charaktere - blutleere und uninteressante Statisten.

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