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    New Offenburg - Die letzten Badener der USA
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    New Offenburg - Die letzten Badener der USA
    Von Gregor Torinus

    Die in den USA äußerst zahlreichen deutschen Familiennamen zeugen davon, dass die Deutschen historisch eine der größten Einwanderungsgruppen im Land darstellen. Gerade im 19. Jahrhundert zog es die Menschen aus strukturschwachen, verarmten Landstrichen in Scharen in die Neue Welt, wo sie hofften, zu mehr Wohlstand zu gelangen. Kürzlich zeigte Regisseurin Simone Wendel in ihrer Dokumentation „Kings of Kallstadt“, dass sowohl die Familie Heinz, die in den Staaten den berühmten Ketchup erfunden hat, als auch die Vorfahren von Donald Trump - dem „King of New York“ - aus demselben kleinen Ort in der Pfalz stammen. Jetzt besucht der Offenburger Filmemacher Johannes Suhm in „New Offenburg – Die letzten Badener der USA“ die Nachkommen der Menschen, die vor 150 Jahren aus seiner Heimatregion in die Vereinigten Staaten ausgewandert sind. Was er in seinem Dokumentarfilm zutage fördert, ist im Vergleich zu „Kings of Kallstadt“ eher unspektakulär, aber trotz einiger Längen nichtsdestoweniger interessant.

    Viele Menschen aus der Gegend um das südbadische Offenburg ließen sich im 19. Jahrhundert in Missouri nieder. Dort gründeten sie drei Siedlungen, die sie in  Gedenken an ihre alte Heimat Weingarten, Zell und New Offenburg nannten. Das sind winzige Ortschaften, gegen die sich das deutsche Offenburg mit seinen heute etwa 57.000 Einwohnern fast wie eine brodelnde Großstadt ausnimmt. Zum Vergleich: Der gesamte Landkreis Ste. Genevieve County, zu dem die drei Orte gehören, hat nur rund 18.000 Einwohner, wovon circa 4.400 in Ste. Genevieve selbst wohnen. Der Dokumentarfilmer Johannes Suhm findet eine Gegend vor, die in vielen Aspekten so wirkt, als wäre die Zeit stehengeblieben. Die Bewohner dort üben teilweise noch dieselben oder ähnliche Berufe aus wie ihre deutschen Vorfahren, so sind die Nachkommen südbadischer Metzger jetzt Wurstfabrikanten. Es gibt sogar Bauern, die fern aller moderner Agrartechnik noch per Hand den Pflug durch die Felder ziehen. Die deutsche Sprache stirbt in der Gegend hingegen langsam aus, die wenigen Alten, die noch die Sprache ihrer Vorfahren sprechen, singen im Dialekt von vor 150 Jahren lustige alemannische Lieder.

    In „Kings of Kallstadt“ werden die äußerst bodenständigen heutigen Bewohner des pfälzischen Kallstadt dem steinreichen Tycoon Donald Trump in seinem Prunk-Tower gegenübergestellt. Dies sorgte für spektakuläre Kontraste. Und als am Ende des Films eine Kallstädter Delegation zur deutschen Steuben-Parade nach New York reist, wirkt dies fast wie eine Pilgerfahrt ins Gelobte Land. Ein komplett anderes Bild zeigt hingegen Johannes Suhm in „New Offenburg – Die letzten Badener der USA“. Die Deutschstämmigen, denen er sich widmet, haben es nicht zu großem Reichtum oder Ruhm gebracht, sondern führen ein ganz normales und bescheidenes Leben in der Neuen Welt. Wo „Kings of Kallstadt“ von der großen Ausnahme, vom wahrgewordenen Amerikanischen Traum erzählt, zeigt uns Suhm einfach den ganz und gar unglamourösen Alltag seiner Protagonisten.  

    Einmal heißt es in „New Offenburg“, dass die Auswanderer damals in den USA eine bessere Welt als in der alten Heimat vorgefunden hätten, während ihre Nachfahren nicht wüssten, ob dies auch im 21. Jahrhundert noch zutrifft. Diese Skepsis ist durchaus berechtigt, wenn man bedenkt, dass Südbaden zu den Boomregionen in Deutschland gehört. Freiburg ist eine der am schnellsten wachsenden Städte im ganzen Land und selbst in winzigen Orten im Schwarzwald sind mittelständische Betriebe angesiedelt, die in ihrem Sektor Weltmarktführer sind. Die Menschen in New Offenbug hingegen erwecken ein wenig den Eindruck, als ob ihr Landstrich derart abgeschieden liegt, dass das heutige Wissen und Können dort gar nicht angekommen ist. Auch sie wurden 1991 von einer größeren Delegation von Deutschen aus der alten Heimat besucht und es ist ebenso berührend wie vielsagend, wenn sich eine Oma in New Offenburg noch heute voller Nostalgie daran erinnert.

    Fazit: Die Dokumentation „New Offenburg“ über die deutschstämmigen Bewohner einer abgeschiedenen Gegend in Missouri ist ähnlich unspektakulär wie das Land und die Leute, um die es darin geht.

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