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    Conducta - Wir werden sein wie Che
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Conducta - Wir werden sein wie Che
    Von Michael Meyns

    Der mehr als unglückliche, eigentlich schon ärgerliche Untertitel, den der deutsche Verleih diesem kubanischen Film aufgedrückt hat, deutet es an: Das westliche Bild des karibischen Inselstaats ist immer noch ganz entscheidend von Che Guevara und den vermeintlichen Errungenschaften der Revolution geprägt. Doch mit diesen Themen, die nicht nur im Westen, sondern auch in Kuba selbst längst den Status der nostalgischen Verklärung erreicht haben, hat Ernesto Daranas absolut sehenswerter Film zum Glück rein gar nichts zu tun. „Conducta“ - was einfach Verhalten bedeutet - erzählt von der sozialen Realität des Landes - und die ist weit entfernt von Revolutionsromantik, kitschiger Rumwerbung und der Dauerberieselung mit Salsamusik. Im Mittelpunkt des in den langsam verfallenden Vierteln Havannas, in die kaum ein Tourist sich verläuft und die gerade deswegen viel authentischer sind als die zu Tode sanierte Altstadt, gedrehten Dramas stehen eine engagierte, unkonventionelle Lehrerin und ein elfjähriger in sozialer Not aufwachsender Schüler: „Conducta“ mag manchmal etwas kitschig sein, aber vor allem ist er treffend beobachtet und auf subtile Weise regimekritisch.

    Offene Kritik an den Herrschenden und den sozialen Missständen ist natürlich auf Kuba (noch) nicht möglich, so ist Ernesto Daranas gezwungen, besonders subtil zu erzählen, die vielfältigen Probleme des Landes und seiner Bevölkerung nicht plakativ zu zeigen, sondern nur anzudeuten. Das tut dem Film durchaus gut. So ist die Figur der Lehrerin Carmela zwar einerseits viel zu alt, um sich um etwaige Repressalien zu scheren, weiß andererseits aber auch ganz genau, was möglich ist und was nicht, wenn sie Vorschriften bricht und ihren Zögling Chala damit ein ums andere Mal vor dem Erziehungsheim bewahrt. Auch dass Chalas Mutter als Prostituierte arbeitet, wird nie ausgesprochen, denn Prostitution gibt es offiziell ebenso wenig wie Armut. Doch trotz aller angedeuteten Probleme des Landes zieht sich ein unterschwelliger Patriotismus durch den Film, der allerdings weniger Castro, Che und der Revolution huldigt, als dem Nationaldichter Jose Marti, der mit seinem berühmtesten Auspruch zitiert wird, der das Motto von „Conducta“ sein könnte: Patria es humanidad - Unsere Heimat ist die Menschlichkeit.

    Fazit: „Conducta“ ist ein wunderbarer, authentischer Film über die soziale Realität Kubas und zeigt ein ganz anderes Bild der Karibikinsel als es im oft verklärten Blick der meisten westlichen Besucher existiert.

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