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    Bonne Nuit Papa
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Bonne Nuit Papa
    Von Michael Meyns

    In den Zeiten der deutschen Teilung kamen in den Westen vor allem Gastarbeiter aus Südeuropa, während in Ostdeutschland bevorzugt Zuwanderer aus Asien, insbesondere aus Kambodscha, Aufnahme fanden. Auch der Vater der Regisseurin Marina Kem stammte aus dem südostasiatischen Land und kam 1965 in die DDR, wo er seinen Doktor machte, drei Kinder bekam, aber nie über seine Heimat sprach, die in den 70er Jahren vom Terrorregime der Roten Khmer erfasst wurde. Erst der auf dem Totenbett geäußerte Wunsch des Vaters, in Kambodscha beerdigt zu werden, war für Marina Kem der Anlass, sich intensiver mit seiner Geschichte und damit auch ihrer eigenen Herkunft zu befassen. Das Ergebnis ist der sehr persönliche Dokumentarfilm „Bonne Nuit Papa“, in dem sie sich zu Hause in Deutschland und in Kambodscha auf die Spuren eines Mannes begibt, der zwar ihr Vater war, aber doch auch ein Fremder.

    „Man kann jemanden erst loslassen, wenn man mit ihm verbunden ist“, heißt es einmal in Marina Kems Film, womit fast alles gesagt ist. Lange Jahre hatte sie ein eher distanziertes Verhältnis zu ihrem Vater, der sich bald nach ihrer Geburt von ihrer Mutter getrennt hatte und die Familie verließ. Obwohl er das nie geplant hatte, blieb er indes bis zu seinem Lebensende in der DDR. Inwieweit die politischen Verwerfungen Kambodschas, die auch Teile seiner Familie erfassten, zu diesem Entschluss beigetragen haben, versucht Marina Kem zu ergründen. Die wechselvolle Geschichte des Landes spielt dabei nur am Rand eine Rolle, auch wenn die wichtigsten Ereignisse kurz genannt  werden. Kem zitiert zahlreiche Briefe und Tagebuchaufzeichnungen ihres Vaters, unterlegt sie mit Fotos und Archivaufnahmen und lässt ein gleichermaßen loses wie präzises Bild des Mannes entstehen. Er bleibt einerseits auch im Tod eine geheimnisvolle Person, andererseits wird er durch die Entdeckungen seiner Tochter gleichsam zum Leben erweckt. Letztlich ist „Bonne Nuit Papa“ für die Regisseurin ebenso eine intime Beschäftigung mit dem Vater, wie eine Suche nach sich selbst und nach der eigenen Geschichte, nach Tradition und Wurzeln.

    Fazit: In ihrer vielschichtigen, sehenswerten Dokumentation „Bonne Nuit Papa“ begibt sich die deutsch-kambodschanische Regisseurin Marina Kem auf Spurensuche: Bei der Erforschung des Lebens ihres verstorbenen Vaters findet sie auch einen neuen Zugang zu ihrer eigenen Herkunft.

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