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    Once Upon A Time In China
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Once Upon A Time In China
    Von René Malgo

    Mit „Once Upon A Time In China“ erzählt Hongkong-Regisseur Hark Tsui („A Better Tomorrow 2+3“) seine Geschichte des chinesischen Nationalhelden Wong Fei-Hung. Das Resultat seiner Arbeit kann sich sehen lassen und zählt zu den Vorzeigewerken des klassischen Easterns.

    China, 1875. Die wirtschaftliche Macht gehört den westlichen Kolonialherren, die schamlos kaiserliche Beamten korrumpieren und ausnutzen. Wong Fei-Hung (Jet Li), der eine Kampfschule führt, bäumt sich gegen den Ausverkauf chinesischer Werte auf. Doch dann wird der von ihm gegründeten Bürgerwehr Unruhestiftung und ihm selbst ein Mord unterstellt. Als auch noch seine Tante Yee (Rosamund Kwan) von Banditen entführt wird und der Shaolin-Meister Yim (Yee Kwan Yan) ihn herausfordert, hat er alle Hände voll zu tun. Er muss seine Unschuld beweisen und die Stadt vom Gesindel säubern...

    Es gibt Filme, an denen scheint oberflächlich betrachtet alles zu stimmen. Solchen Werken wird schnell und gerne die eine oder andere Schwäche verziehen. Derartige Schwachpunkte hätten in anderen Fällen schweres Gewicht erhalten können. „Once Upon A Time In China“ ist so ein Film. Die erzählte Story wirkt dünn und substanzlos, die Zeichnung der Charaktere stereotypisch und oberflächlich. Ein äußerst stimmiges Gesamtbild kann diese Eindrücke jedoch einwandfrei kaschieren. Gute Darsteller, schöne Bilder, dichte Atmosphäre und atemberaubende Kämpfe bescheren dem Film so den berechtigten Ruf, zu den besten Eastern überhaupt zu gehören. Der große Erfolg von „Once Upon A Time In China“ veranlasste Hark Tsui dazu, zwei weitere Abenteuer von Jet Li als Wong Fei-Hung folgen zu lassen. Abgeschlossen wurde die China-Saga durch einen dritten Nachfolger von Sammo Hung und Kam-Bo mit dem Titel „Once Upon A Time In China And America“, wo sich die Hauptdarsteller noch einmal die Ehre gaben.

    Pathos, eigenwilliger Humor und allzu lebhafte Mimik stoßen einige Betrachter vom asiatischen Film ab. „Once Upon A Time In China“ verzichtet größtenteils auf diese im Westen weitgehend nicht geschätzten Eigenarten. Finden solche im Film dennoch Verwendung, werden sie gleichermaßen gekonnt wie zurückhaltend eingesetzt. Allerdings bleiben einige Slapstick-ähnliche Einlagen inmitten des Kampfgeschehens Geschmackssache, sind aber rar gestreut. Der Humor hält sich im Großen und Ganzen in Grenzen und überzeugt meistens auch durch ironische Untertöne.

    Den Schauspielern ist ein Lob für ihr Charisma und der Casting-Crew für die passende Darstellerauswahl zuzusprechen. Ein jeder kann in der zugedachten Rolle aufgehen und trotz mangelnder, tiefgründiger Charakterisierung Profil vermitteln. Über allem thront Jet Li, der den integren Held glaubhaft und facettenreich vermittelt. Überzeugend demonstriert er seine Härte - wenn nötig - und vernachlässigt die zugleich nachdenkliche, sensibel angehauchte Seite seines Charakters nicht. Eine Erwähnung verdient auch Yee Kwan Yan, der als Jet Lis Herausforderer alleine durch seine Mimik einen vielschichtigen Charakter bilden kann. Beide vermögen es in ihren besten Momenten, den Film über die Norm eines Actionfilms in die Sphären eines Dramas zu heben.

    Hark Tsuis formvollendete Regiekunst, die atmosphärische Kameraführung gleich sechs Fachmänner (Tung-Chuen Chan, Wilson Chan, David Chung, Andy Lam, Arthur Wong, Bill Wong) sowie der kultige Soundtrack von James Wong und Romeo Diaz begründen ein fesselndes Ambiente. Bestärkung findet diese in einer detailverliebten und schönen Ausstattung. Der Betrachter darf sich somit an einer ausgezeichneten Auswahl von Kulissen und Locations erfreuen, die den perfekten Rahmen für atemberaubende Kämpfe bieten.

    Jene Drahtseilkämpfe bilden den Mittelpunkt und die größte Attraktion des Films. Tadellos in die Handlung eingebettet, sorgen kraftvolle Duelle für atemberaubende Kost, welche das Herz eines jeden Kampfsportfans höher schlagen lässt. Auch wer mit Kung-Fu nicht viel am Hut hat, kann von diesen perfekt choreographierten Kämpfen mitgerissen werden. In ihrer außergewöhnlichen Inszenierung begründen sie die Meisterhaftigkeit des Films und seinen Status als Kultklassiker.

    Auch wenn sie der unbestrittene Höhepunkt sind, lebt „Once Upon A Time In China“ lobenswerterweise nicht allein von den furiosen Kämpfen. Die Geschichte unterhält über die volle Distanz. Die dialoglastigen Passagen dienen nicht nur als Lückenbüßer zwischen den Actioneinlagen. „Once Upon A Time In China“ überzeugt durch eine differenzierte Sicht auf das Verbrechen und hält interessante An- und Einsichten parat. Menschenhandel, seine Bekämpfung und Kolonialisierung werden thematisiert und mittels intelligenter Details kritisch beleuchtet. Den Tiefgang eines richtigen Dramas erhält das Werk dadurch nicht, kratzt er doch nur an der Oberfläche. Aber es erweist sich als nette Zugabe, die den Actionfilm an sich niveauvoller erscheinen lässt und so manche brutale Kampfhandlung der Helden emotional und intellektuell nachvollziehbar macht. Nebst Einlagen augenzwinkernden Humors berührt der Eastern emotional. Dafür ist das stimmige Gesamtpaket, bestehend aus schöner Fotographie, passender musikalischer Umrahmung und guter Schauspielkunst, verantwortlich. Als rasanter Actionfilm im Gewande eines Kostümfilms, angereichert mit einem Hauch von Anspruch überzeugt „Once Upon A Time In China“ als exzellenter Unterhaltungsfilm, der es zumindest inszenatorisch versteht Maßstäbe zu setzen.

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