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    B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin 1979-1989
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin 1979-1989
    Von Christoph Petersen

    Ob das alles wirklich genauso passiert ist, weiß er selber nicht, ist ja auch 30 Jahre her, da spielt einem das Gedächtnis mitunter Streiche. Immerhin hat schon Falco gesagt: „Wer sich an die Achtziger erinnern kann, hat sie nicht miterlebt.“ Und dass er diese wilden Jahre nicht miterlebt hätte, das kann man dem 1978 aus Manchester nach Berlin gekommenen Mark Reeder nun wirklich nicht unterstellen: In den Westteil der geteilten Hauptstadt gekommen, um seine Idole von Kraftwerk kennenzulernen, gründete er dort unter anderem The Frantic Elevators, war Techniker der Toten Hosen, managte die Frauenband Malaria!, schauspielerte in Filmen von „Nekromantik“-Kultregisseur Jörg Buttgereit und initiierte ein Special für das englische Fernsehen, für das Die Ärzte wiederum in einer einzigen Nacht den Song „Eva Braun“ entwickelten (mit Hitler lassen sich Briten eben besonders gut schocken). Und nebenher hat Reeder noch genügend Zeit gehabt, das alles mit Super-8-Kameras festzuhalten. Von diesem Material ausgehend entwickelten die Regisseure Jörg A. Hoppe, Klaus Maeck und Heiko Lange den Dokumentarfilm „B-Movie: Lust & Sound in West Berlin“, in dem Reeders irrer Trip durch ein wildes Jahrzehnt überaus lebendig nachgezeichnet wird.

    Ob Punk, Synthie Pop, Neue Deutsche Welle oder der zunehmende Erfolg der Techno-DJs – wenn es im West-Berlin jener Jahre eine neue Strömung gab, war Mark Reeder immer an vorderster Front dabei. Davon erzählt er selbst in Off-Kommentaren, die mit alten Privataufnahmen, Filmausschnitten und Nachrichtenschnipseln bebildert sind: von den ersten Schaufenster-Performances von Blixa Bargeld über eine zufällige Kneipenbegegnung mit Christiane F. bis hin zu einem Blick in die Bude von Nick Cave. Und um noch mal auf die eingangs erwähnten täuschenden Erinnerungen zurückzukommen: Zwar wurden keine Szenen für den Film nachgedreht, aber es wurden auch nicht alle Originalaufnahmen an die „richtige“ Stelle platziert, sondern eben da, wo es gerade zur Geschichte passt. Das ist zusätzlich noch einmal ein spannendes Spiel mit der (dokumentarischen) Realität, denn Fakten und Chronologie spielen solange nur eine Nebenrolle, wie ein Film den Spirit einer Dekade und eines Ortes dermaßen grandios-kurzweilig wiederauferstehen lässt.

        

    Fazit: Ein Dokumentarfilm wie die West-Berliner Musikszene in den Achtzigern: schrill, verrückt, anders und extrem unterhaltsam.

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