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    Mina Walking
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Mina Walking
    Von Katharina Granzin

    In Kabul einen Spielfilm wie „Mina Walking“ zu drehen, wäre für einen Fremden vermutlich unmöglich gewesen. Der kanadische Jungfilmer Yosef Baraki, der in Afghanistan geboren wurde, ist mit seiner Kamera durch die Basare und Gassen der Hauptstadt gezogen, um dort mit Laiendarstellern und unter Einbeziehung des ganz normalen Gewühls auf den chaotisch-staubigen Straßen eine Geschichte zu erzählen, die, so dramatisch sie uns scheint, doch der harten Lebenswelt eines Teils der afghanischen Jugend entspricht. Dass es die Geschichte eines zwölfjährigen Mädchens ist, macht seinen Film, der bei der Berlinale 2015 in der Jugendfilmreihe Generation 14plus gezeigt wurde, umso sehenswerter - auch wenn die unruhigen Wackelbilder (man könnte fast annehmen, dass der der engagierte Jungfilmer sich die Kamera in dem Getümmel häufig einfach um den Hals gehängt hat) die Geduld und die Aufnahmefähigkeit des Betrachters strapazieren.

    Mit dem komfortablen Leben, das gleichaltrige Mädchen in anderen Teilen Europas führen, hat das Dasein von Mina (Farzana Nawabi) nicht das Geringste gemein. Die Zwölfjährige schafft es nur selten, zur Schule zu gehen, denn sie muss nicht nur für ihren gebrechlichen alten Großvater (Hashmatullah Fanaie) sorgen, sondern auch noch ihren Junkie von Vater ertragen, der das wenige Geld, das Mina als Straßenverkäuferin auf dem Basar verdient, stets sofort in Drogen umsetzt. Als der Opa stirbt und das Mädchen ganz allein seine Beerdigung organisieren muss, weil der Vater völlig zugedröhnt ist, reicht es der impulsiven Mina. Sie nutzt die Gelegenheit und liefert den Drogenhändler, der auch den Vater versorgt, der Polizei aus, womit sie sich den Zorn ihres Erzeugers zuzieht…

    Yosef Baraki filmt die Geschichte des resoluten Mädchens, das erwachsener sein muss, als es für irgendein Kind gut sein kann, in einem dokumentarischen Duktus, der oft vergessen macht, dass man es mit einem Spielfilm zu tun hat. Auch seine Laienschauspieler, allen voran die erstaunliche junge Hauptdarstellerin, agieren vor der ständig bewegten Kamera, als sei sie gar nicht da. All das, in Verbindung mit einer eher losen narrativen Struktur, erzeugt den Anschein großer Authentizität - eine Anmutung, die allerdings mit erschwerter Konsumierbarkeit erkauft wird. Mit den hektisch wirkenden Bildern und ohne klare erzählerische Struktur ist „Mina Walking“ damit trotz der an sich packenden Story eher kein Film für Zwölfjährige.

    Fazit: Mit dokumentarischen Mitteln in Afghanistan gedrehter Spielfilm über ein zwölfjähriges Mädchen – berührend, aber anstrengend anzusehen.

    Dieser Film läuft im Programm der Berlinale 2015. Eine Übersicht über alle FILMSTARTS-Kritiken von den 65. Internationalen Filmfestspielen in Berlin gibt es HIER.

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