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    Apprentice
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Apprentice
    Von Michael Meyns

    „Learn the ropes“, heißt es in Boo Junfengs „Apprentice“ einmal übersetzt und der aus der Schifffahrt stammende englische Ausdruck für „sich einarbeiten“ ist hier besonders treffend, denn das Metier, das der junge Aiman lernt, ist das eines Henkers – und der hat schließlich auch mit ropes (Seile, Taue, Stricke) zu tun. Zunächst bleibt in dem Film aus Singapur, der in der Sektion Un Certain Regard beim Festival in Cannes 2016 seine Weltpremiere erlebte, offen, warum der Protagonist so erpicht darauf ist, zum Assistenten eines Mannes zu werden, der zum Tode verurteilte Sträflinge per Strang hinrichtet. Die Enge der langen Gänge im Gefängnis, aber auch die Enge der kleinen Wohnung, in der Aiman (Firdaus Rahman) zusammen mit seiner älteren Schwester Suhaila (Mastura Ahmad) wohnt, lassen allerdings schnell ahnen, dass etwas schwer auf dem Gemüt des schweigsamen jungen Mannes lastet und bald zeigt sich: Es ist keine Tat, die er selbst begangen hat, sondern es sind die Morde, für die sein Vater einst hingerichtet wurde – und zwar von genau dem Mann, dessen Gehilfe Aiman nun wird.

    Eine dichte, bedrückende Atmosphäre lässt Boo Junfeng in seinem zweiten Film entstehen, fast nie verlässt er Gefängnis und Apartment, deren Enge er in langen Einstellungen zusätzlich betont. Eine Enge, die den gesellschaftlichen Druck spiegelt, der zeit seines Lebens auf Aiman gelastet hat. Auch wenn er selber sich nie etwas hat zuschulden kommen lassen, muss er für die Taten des Vaters büßen. Während seine Schwester sich entschlossen hat, ihre Vergangenheit offenzulegen, verheimlicht Aiman seine Herkunft und fühlt sich doch unwillkürlich in die Fußstapfen seines Vaters gezogen. Der Drehbuchkniff, mit dem Boo Junfeng Aiman dann gleichsam zum Doppelgänger seines Vaters macht, setzt seinem extrem konzentrierten, aber auch etwas schematischen Film eine fast schon zynische Pointe auf.

    Fazit: Kammerspielartiges Drama aus Singapur über die langen Schatten der Vergangenheit.

    Wir haben „Apprentice“ im Rahmen der 69. Filmfestspiele von Cannes gesehen, wo der Film in der Reihe Un Certain Regard gezeigt wurde.

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