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    Die heiße Spur
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Die heiße Spur
    Von Gregor Torinus

    Der Detektivfilm „Die heiße Spur" – im Original „Night Moves" – gehört zu den weniger bekannten Werken des Regisseurs Arthur Penn, der mit „Bonnie und Clyde" das New Hollywood-Kino mitbegründete. Während der ersten Stunde gleicht „Die heiße Spur", in dem Gene Hackman den Privatdetektiv Harry Moseby spielt, eher einer ruhigen Charakterstudie, als einem der für die 70er Jahre typischen hartem Gangsterfilm wie z.B. „French Connection". Erst als der Fall bereits gelöst zu sein scheint, fängt der Film richtig an und „Die heiße Spur" entwickelt sich zu einem Meisterwerk des Neo Noir.

    Harry Moseby (Gene Hackman) ist ein ehemaliger Profi-Football-Spieler, der nun in Los Angeles als Privatdetektiv arbeitet. Es sind zumeist kleinere Fälle, die er bearbeitet, doch seine Unabhängigkeit ist ihm wichtiger als der große Erfolg. Sehr zum Unwillen seiner Frau Ellen (Susan Clark), die ihn drängt in eine große Detektei einzutreten. Und auch sonst hängt der Haussegen schief, da Ellen ihren Mann offen betrügt. Zu diesem Zeitpunkt beauftragt die alternde Schauspielerin Arlene Iverson (Janet Ward) Harry mit der Suche nach ihrer Tochter Delly Grastner (Melanie Griffith), die von zu Hause ausgerissen ist. Anfangs wirkt der Fall wie eine Routineangelegenheiten und tatsächlich findet er Delly bei ihrem Stiefvater Tom Iverson (John Crawford) und dessen Partnerin Paula (Jennifer Warren) in Florida. Doch dann entpuppen sich die Umstände als weit verstrickter und Harry blickt in einen Abgrund aus Intrigen und Verbrechen, dem er nicht gewachsen zu sein scheint.

    In „Die heiße Spur" führt Arthur Penn seine Zuschauer gehörig an der Nase herum. Über weite Strecken wirkt dieser Neo Noir sehr gewöhnlich, fast wie ein TV-Film im Kinoformat. Der Protagonist ist von Anfang an als Verlierer erkennbar, der Inszenierung fehlt die für das Genre ansonsten so prägende Stilisierung und die Kameraarbeit bewegt sich auf leicht gehobenen TV-Niveau. Vor allem die trockenen Sprüche von Harry Moseby gefallen in dieser Phase, in der „Die heiße Spur" recht ziellos vor sich hin zu treiben scheint. Die verschiedenen Begegnungen, die Harry macht, wirken oft mehr um ihres Unterhaltungswerts willen in das Geschehen integriert, als dass sie wirklich die Handlung vorantreiben würden.

    Doch dies ist ein genau kalkuliertes Spiel, bei dem erst gegen Ende deutlich wird, wie komplex das Drehbuch wirklich ist. In Alan Sharps Drehbuch ist jedes Stück Teil eines großen Puzzles, das weder Harry noch der Zuschauer richtig durchschaut. Vielleicht ist es kein Zufall, dass Gene Hackman nur ein Jahr zuvor eine ähnliche Figur verkörpert hat, die ebenfalls Harry hieß: In Francis Ford Coppolas Meisterwerk „Der Dialog" (1974) spielt Gene Hackman den Abhörspezialisten Harry Caul, der im Gegensatz zu Harry Moseby zunächst ungleich souveräner erscheint. Tatsächlich ist Caul der beste Mann seines Fachs, doch auch diesem Harry fehlt die Fähigkeit zu erkennen, dass sich die von ihm beobachteten bzw. abgehörten Details zu einem abgründigen Gesamtbild vereinigen, in dem er selbst nur scheinbar ein Akteur, aber in Wirklichkeit nur ein Getriebener ist.

    Beide Filme sind unverkennbare Produkte ihrer Zeit und zählen zu den eindrücklichsten Vertretern des Paranoiathrillers (andere Beispiele sind z.B. „Die Unbestechlichen", „Drei Tage des Kondors"), der zunehmend die Unmöglichkeit des Individuums, das große Ganze zu begreifen, thematisierte. Im Mittelpunkt stehen nicht mehr Verschwörungen nationalen Ausmaßes, sondern deren Auswirkungen auf das Leben der Protagonisten. Dadurch wirken diese Filme vordergründig banaler, doch die Mechanismen der Täuschung bleiben komplex. ebenso wie die bekannteren Paranoia-Thriller thematisiert auch „Die heiße Spur" die Verunsicherung der Amerikaner als Folge von politischen Attentaten, Vietnamkrieg und Watergate-Skandal. Nach außen mag man sich weiterhin cool geben und lässige Sprüche machen, aber innen nagt der Frust und die Verzweiflung angesichts einer veränderten Realität, die man nicht mehr durchschaut und bei der man auch nicht einmal mehr sicher sein kann, dass man tatsächlich auf der richtigen Seite steht.

    Fazit: Mit „Die heiße Spur" gelang Arthur Penn ein typischer Paranoia-Thriller, mit einem brillanten Gene Hackman in der Hauptrolle, der verdient, neben die bekannteren Klassiker des Genres gestellt zu werden.

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