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    10x10
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    10x10
    Von Antje Wessels

    Regisseurin Suzi Ewing hat sich bei ihrer ersten Regiearbeit (nach der Fertigstellung mehrerer Kurzfilme) für das kammerspielartige Zwei-Personen-Stück „10x10“ entschieden und reduziert den Entführungsthriller auf das Notwendigste. Ein Großteil der Laufzeit spielt sich in den vier Wänden des von Luke Evans („Die Schöne und das Biest“) gespielten Kidnappers ab. Als Gegenspielerin steht ihm in einem nach und nach eskalierenden Machtspiel ausschließlich „Britannia“-Star Kelly Reilly als bedauernswertes Entführungsopfer gegenüber. Allerdings sind bei einem so minimalistischen Szenario die Details der Handlung umso wichtiger – und genau hier liegt bei „10x10“ einiges im Argen. Man ahnt nicht bloß bereits nach der Hälfte des Films, auf welchen alles andere als überraschenden Twist der Thriller hinauslaufen wird, sondern außerdem erweist sich der Weg dahin trotz eines gut aufgelegten Luke Evans und des gezielten Verschwimmens der Grenzen zwischen Gut und Böse als ziemlich zäh und wird dem Begriff „Thriller“ so gar nicht gerecht.

    Lewis (Luke Evans) ist besessen – und zwar von Cathy (Kelly Reilly), einer jungen, attraktiven Frau, der er auf Schritt und Tritt folgt. Eines Tages bleibt es nicht mehr beim Verfolgen: Lewis nimmt Cathy gefangen und sperrt sie in einen schallisolierten Raum in seinem luxuriösen Bungalow, irgendwo am Rande der Zivilisation. Ihre Schreie hört hier niemand! Immer wieder fragt er Cathy nach ihrem Namen, nach ihrem Geburtsort, nach ihrer Kindheit und ihrem Job. Warum, das weiß die junge Frau nicht. Lewis scheint einen Plan zu verfolgen, den er notfalls auch mit Waffengewalt durchsetzen wird. Gleich mehrmals kann sich Cathy aus ihrem Gefängnis befreien, scheitert aber an ihrem körperlich überlegenen Entführer. Bis sie den Spieß plötzlich umdreht und sich langsam abzuzeichnen beginnt, dass Cathy kein Zufallsopfer ist – und schon gar nicht so unschuldig, wie es auf den ersten Blick scheint…

    In einer Szene fragt Cathy Lewis, wer er ist. Dessen Antwort fasst perfekt zusammen, worin zu Beginn die Faszination für das „10x10“-Szenario herrührt: „Ich bin der Mann mit der Knarre!“. Viel mehr verrät Noel Clarke in seinem Drehbuch erst einmal nicht über den Mann, der mit seinem kantigen Äußeren und seiner unberechenbar-gefährlichen Aura locker als Bruder des von Joel Edgerton gespielten Simon in „The Gift“ durchgehen würde. Dass dieser Lewis indes kein kopfloser Irrer ist, zeigt sich immer mal wieder in Kleinigkeiten wie einer beschwichtigenden Ruhe im Umgang mit seinem Opfer. Auch rein aggressive Gewalt vermeidet er. Stattdessen verfolgt Lewis ein bestimmtes Ziel – und das liegt nicht darin, sein Opfer zu drangsalieren, zu quälen oder gar zu töten. Cathy weiß genau, dass er sie längst umgebracht hätte, wenn es ihm darauf angekommen wäre. Und so verhilft die Frage, was genau die Beweggründe hinter der Entführung sind, „10x10“ zu einer spannenden ersten Hälfte.

    Leider kann Suzi Ewing diese Spannung nicht bis zum Ende aufrecht erhalten. Schon recht früh offenbart sie die Gründe für das Kidnapping und lenkt ihren Film in eine neue Richtung. Die ist zwar von der Grundidee her auch recht spannend, aber so wie das dann umgesetzt wird, bleibt nun alles ziemlich vorhersehbar. Wie hier das Thema Rache angegangen wird und Cathy sich nach und nach ihrerseits als Täterin entpuppt, konfrontiert den Zuschauer mit der Frage konfrontiert, ob Lewis‘ Verhalten unter gewissen Umständen nicht vielleicht doch nachvollziehbar sein könnte. Doch bleibt das Ganze allzu schematisch und theoretisch, um über ein abstraktes Gedankenspiel hinauszukommen und wird außerdem bis ins Groteske überreizt.

    Aus Cathy wird dabei ein hysterisches Biest, das mit der schüchternen jungen Frau zu Beginn des Films absolut nichts mehr gemein hat. Darüber hinaus fehlt es Kelly Reilly an dem darstellerischen Fingerspitzengefühl, um diesen Charakterwandel greifbar zu machen. Luke Evans dagegen steht der schweigsame Entführer gut zu Gesicht und er schafft es, seiner Figur glaubhaft ganz unterschiedliche Facetten zu verleihen – vom rachedurstigen Fanatiker bis zum tief im Innersten erschütterten Verzweiflungstäter.

    Fazit: Spannend an Suzi Ewings Entführungsthriller ist vor allem das Spiel mit Gut und Böse, und der Umstand, dass am Ende von „10x10“ nichts mehr von dieser anfänglichen Einteilung übrigbleibt. Davon abgesehen ist das starbesetzte Kammerspiel allerdings ganz schön lahm.

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