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    Night School
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Night School

    Ein schwacher Abklatsch von "Community"

    Von Antje Wessels

    Wer die Schule in Jugendjahren ohne Abschluss verlässt, hat später immer noch die Möglichkeit, diesen an verschiedenen Bildungseinrichtungen nachzuholen. In Deutschland heißt sowas Abendschule und wird in der Regel von Volkshochschulen oder Fernuniversitäten angeboten. In den USA hat sich hingegen der Begriff Night School durchgesetzt. Und da eine solche Night School jeder unabhängig vom Bildungsgrad und Alter besuchen kann, ist die Zusammensetzung der Klassen oft bunt gemischt. Aus einer solchen Erfahrung formte beispielsweise schon Dan Harmon das Konzept zu seiner Kult-Sitcom „Community“, in der über sechs Staffeln hinweg die Abenteuer einer Lerngruppe erzählt werden. Und zu dieser gehören unter anderem auch ein Anwalt ohne Lizenz, eine alleinerziehende Enddreißigerin und ein Millionär im Rentenalter.

    Beim Schauen von Malcolm D. Lees Komödie „Night School“ wird man nun das Gefühl nicht los, es hier mit einer Art Light-Version von „Community“ zu tun zu haben. Auch wenn sein Film klar auf die von Comedy-Superstar Kevin Hart verkörperte Hauptfigur Teddy Walker zugeschnitten ist, erinnern viele der Szenen, die sich in der Night School abspielen, in Sachen Aufbau und Personal an einen weniger feinfühligen und vor allem weniger lustigen Abklatsch dessen, was Dan Harmon über viele Jahre hinweg seiner wachsenden Fanbase geboten hat. Sogar die Zahl der Gruppenmitglieder ist identisch, genauso einige sehr spezifische Details wie etwa die Integration eines Strafgefangenen via Skype-Schalte. Und mit Keith David ist sogar ein späteres Ensemblemitglied der TV-Show in einer Nebenrolle zu sehen. Aber auch wenn die Parallelen auf der Hand liegen, ist der Vergleich trotzdem nicht angemessen: Denn „Night School“ kann dem TV-Vorbild einfach nicht das Wasser reichen, dafür ist die Kino-Komödie viel zu mau, selbst wenn man zumindest dank Harts unerschrockener Performance hin und wieder ins Schmunzeln gerät.

    Teddy Walker (Kevin Hart) hat einen guten Job, eine liebevolle Freundin (Megalyn Echikunwoke) und einen besten Kumpel (Ben Schwartz), der als einziger von seinem Geheimnis weiß: Teddy hat keinen Schulabschluss! Und das wird ausgerechnet an dem Tag zum Problem, als er seiner Lisa einen Heiratsantrag macht. Dabei setzt er nämlich versehentlich den Laden seines Bosses in Brand und verliert so seinen Job. Also muss ein neuer her. Doch ohne Abschluss wird das schwer. Teddy beschließt notgedrungen, eine Abendschule zu besuchen. Hier will er eigentlich nur schnell die Lehrerinnen bezirzen, um ganz ohne Aufwand an ein Abschlusszeugnis zu gelangen. Doch dabei hat er die Rechnung ohne den strengen Schulleiter Stewart (Taran Killam) gemacht, der noch eine Rechnung aus Jugendjahren mit Teddy offen hat. Also landet Teddy in der Klasse der engagierten Carrie (Tiffany Haddish), die von ihren faulen Schülern zunächst ganz schön genervt ist. Doch nach und nach erkennt sie, dass mehr in Teddy steckt – nur er selbst hat das (noch) nicht begriffen…

    „Night School“ ist eine nicht sonderlich lustige Komödie. Aber ohne Comedy-Superstar Kevin Hart („Jumanji: Willkommen im Dschungel“) wäre sie wohl gar nicht zu ertragen gewesen. Es ist vor allem ihm zu verdanken, dass hier selbst bei den geschmacklosesten Gags immer noch ein Hauch Würde bewahrt wird, etwa wenn Teddy sich in einem Restaurant die Schamhaare ausreißt und aufs Dessert legt, damit er die Rechnung nicht bezahlen muss. Dafür sind das Timing und die entfesselte Mimik des 39-Jährigen einfach zu gut, weshalb der Gag zumindest nicht vollständig im Fremdscharm-Nichts verpufft. Regisseur Malcolm D. Lee („Girls Trip“) und sein sechsköpfiges Autoren-Team wissen hingegen einfach nicht, „wann Schluss ist“.

    Ein Beispiel: Um bei einer nächtlichen Einbruchaktion in die Schule nicht vom Schulleiter entdeckt zu werden, müssen Teddy und seine Mitschüler auf ein benachbartes Dach springen. Dass der von Rob Riggle verkörperten Mackenzie aufgrund seiner körperlichen Defizite daran scheitert, ist Comedy-Usus. Aber er donnert nicht einfach bloß gegen die Wand und liegt dann nach einem Zusammenstoß mit einem Geländer völlig verdreht auf dem Boden, ihm wir auch noch von einem Klassenkameraden mitten in den Mund gekotzt. So zieht sich der Gag nicht nur gefühlt endlos hin, die Pointe ist auch einfach überflüssig, denn nach dem formvollendeten Sturz mitsamt schmerzhafter Pose ist das Finale einfach weit weniger amüsant – sondern einfach nur eklig. Dieses Muster zu Tode gerittener Pointen findet sich in „Night School“ an vielen Stellen wieder – von misslingenden Anmachversuchen über die exzentrischen Auftritte des Schulleiters bis hin zu den wirren Monologen des technophoben Jaylen (Romany Malco).

    Da verwundert es auch nicht, dass der Film auf eine Laufzeit von fast zwei Stunden kommt, obwohl es eigentlich schon nach 90 Minuten zum Stundenende hätte klingen können. Aber D. Lee will eben nicht bloß (unter die Gürtellinie abzielende) Pointen aneinanderreihen, sondern obendrein auch noch eine (Liebes-)Geschichte erzählen. Aber diese „ernsthafteren“ Ansätze verpuffen völlig, etwa weil die Lernbehinderung von Teddy von Anfang an derart albern dargestellt wird, dass es einen später Null berührt, wenn herauskommt, dass die Schwierigkeiten mit Buchstaben und Zahlen tatsächlich einen tragischen Hintergrund haben.

    Die bunt zusammengewürfelte Lerngruppe an der Night School macht zumindest auf dem Papier noch am meisten Hoffnung: Rob Riggle („Hangover“) als strunzdoofer Schulabbrecher, Romany Malco („Jungfrau (40), männlich, sucht...“) als wirrer Verschwörungstheoretiker, Anne Winters („Mom And Dad“) als desinteressierter Hipster, Mary Lynn Rajskubb als alleinerziehende Mutter Theresa, Al Madrigal („Mädelstrip“) als durch Teddys Schamhaaraktion von seinem Posten gefeuerte Restaurantbedienung und Fat Joe („Lady Rider“) als Knacki, der über Videochat an den Unterrichtstunden teilnimmt, hätten definitiv das Potenzial gehabt, sich gegenseitig so richtig schön hochzuschaukeln. Stattdessen zieht jeder von ihnen aber einfach nur sein eigenes Ding durch. Es ist schon eine Kunst, bei einer derart auf Gegensätze geschriebenen Figurenkonstellation so wenig Dynamik zutage zu fördern.

    Fazit: „Night School“ ist ein typisches Kevin-Hart-Vehikel, das außer seinem gewohnt engagierten Hauptdarsteller aber leider kaum etwas zu bieten hat.

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