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    Ballistic
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Ballistic
    Von Jürgen Armbruster

    Ein guter Cocktail ist immer so gut wie die Summe seiner einzelnen Bestandteile. Doch lässt sich dieses Prinzip auch auf die Filmindustrie übertragen? Man nehme eine dem Genre entsprechende Handlung, die reichlich Raum für ausgefeilte Action-Sequenzen lässt, eine Prise „Matrix“, würzt mit einem ordentlichen Schuss John Woo nach und schüttelt das Ganze kräftig durch. Was kommt dabei heraus? Ein potenzieller Blockbuster? Mit Nichten! Das Ergebnis ist Wych Kaosayanandas völlig missratener Action-Thriller „Ballistic: Ecks Versus Sever“, der fernab eigener Innovationen im enggeschnürten Korsett seiner großen Vorbilder gefangen ist und zu keinem Zeitpunkt aus deren Schatten tritt.

    Die Handlung dreht sich um die zwei namensgebenden Charaktere Jeremiah Ecks (Antonio Banderas) und die mysteriöse Sever (Lucy Liu). Ecks ist ein ehemaliger Special Agent und „Man Hunter“ des FBI. Nachdem seine Frau bei einem Anschlag mit einer Autobombe ums Leben kam, quittierte er seinen Dienst. Nun steht er kurz vor dem totalen Verfall, ein gebrochener Mann, Kettenraucher, am Rande des Alkoholismus. Doch wie es die Genreregeln scheinbar vorschreiben, ist er der Beste seines Faches und wird für einen brisanten Einsatz reaktiviert: Die ultimative Killermaschine wurde gestohlen, ein auf Nanotechnologie entwickelter Roboter, der einmal im menschlichen Kreislauf angebracht, auf Knopfdruck spurlos töten kann. Wenn die Mission erfolgreich beendet wird, bietet man Ecks als Gegenleistung Informationen über seine Frau. Hat sie überlebt? War das Ganze nur eine Täuschung? Diese Fragen hauchen Ecks neues Leben ein. Mit Sever hat das alles zunächst gar nichts zu tun. Diese entführt zu Beginn des Films den Sohn von Robert Gant (Gregg Henry), einem mächtigen Untergrundboss, mit dem man sich besser nicht anlegen sollte. Ist Ecks anfangs noch auf der Jagd nach Sever, stellt sich letztendlich doch heraus, dass beide den gleichen Gegner haben. Bis es zum Zusammenschluss der beiden Protagonisten kommt, muss das so oft zitierte Prinzip Zufall in der wenig durchdachten Storyline mehr als einmal herhalten. Vielleicht zu oft, ein Vorwurf den sich Kaosayananda gefallen lassen muss.

    Kaosayananda? Nie gehört? Kein Wunder, gibt der junge, in seiner Heimat erfolgreiche Taiwanese hier sein Hollywood-Debüt. Als sein großes Vorbild gibt er John Woo an, was beim Betrachten des Films auch mehr als deutlich wird. Die Kampfszenen sind zeitweise durchaus passabel in Szene gesetzt, ohne jedoch die Klasse seiner Vorbilder zu erreichen. Spätestens als Lucy Liu mit einem Schnellfeuergewehr eine waghalsige Flugeinlage darbietet, tritt das erste deja-vú auf, das einen fortan auch nicht mehr verlässt. Schnelle Schnittfolgen wechseln sich mit Slowmotionsequenzen à la „Matrix“ ab, eine bewährte Mischung die zu überzeugen wüsste, wären da nicht die teils haarsträubenden Aussetzer. Eine Explosion lässt einen Güterwagon meterweit in die Höhe schnellen, und die in der Nähe stehenden Bösewichte fallen wie ein Sack voll Kartoffeln zu Boden. Solcherlei Einlagen wirken unfreiwillig komisch und stehen im krassen Gegensatz zum düsteren Grundton. Einem Film, der wie dieser einzig und allein von der Action lebt, dürfen solche Schnitzer bei den technischen Möglichkeiten unserer Zeit einfach nicht unterlaufen. Was kommt als nächstes? Vin Diesel in der Hauptrolle einer John-Irving-Verfilmung?

    Schauspielerische Glanzleistungen sind in Filmen diese Genres von Natur aus rar gesät. Warum sollte man hier auch etwas anderes erwarten? Lucy Liu spielt unterkühlt, ihr fehlt einfach das gewisse Etwas, das beispielsweise Carrie-Anne Moss in „Matrix“ auszeichnete. Sie wirkt statisch und lustlos. Zweiteres kann man allerdings im Nachhinein verstehen. Banderas weiß in seiner klischeehaften Rolle des gebrochenen Mannes und Helden wider Willen wenigstens zeitweise zu gefallen. Von der Darstellerriege kann sich am ehesten Gregg Henry als schleimiger Oberbösewicht Robert Gant aus der grauen Masse hervorheben. Halbwegs zu überzeugen wissen hingegen der Score von Larry Mah sowie der Soundtrack, auf dem unter anderem Curve, Darude und Andy Hunter auftauchen.

    Eine nette Anekdote am Rande: Kaosayananda wurde am Set kurz „Kaos“ genannt... Oder war es dann doch „Chaos“. Ironie des Lebens. Schließlich ist der Name Programm. Alle guten Ansätze werden durch grobe Patzer wieder zu Nichte gemacht. Jedes Mal, wenn der Zuschauer auch nur halbwegs vom Gesehen gefesselt wird, kommt der nächste Klotz. In Amerika war „Ballistic: Ecks Versus Sever“ alles andere als ein Kassenerfolg und spielte lediglich knapp über 14 Mio. Dollar ein. Zu Recht. Wer gibt sein Geld schon für eine schlecht gemacht Kopie aus?

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