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    Monstrous
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Monstrous

    Christina Ricci begeistert, der Twist enttäuscht

    Von Lutz Granert

    Im Alter von elf Jahren gelang Christina Ricci der Durchbruch als Kinderstar, als sie in „Die Addams Family“ (1991) die von Spinnen faszinierte, stets todernste Tochter Wednesday verkörperte. Damit gewann sie nicht nur die Herzen der Kinozuschauer, sondern auch die Aufmerksamkeit von Tim Burton, welcher der Figur unter dem Titel „Wednesday“ demnächst für Netflix eine eigene Coming-Of-Age-Serie spendiert – und (nach einer ersten Zusammenarbeit in „Sleepy Hollow“) auch Christina Ricci dafür verpflichtete. Die Rolle von Wednesday Adams lässt Ricci also bis heute nicht los und wie kaum eine andere Darstellerin ihrer Generation steht sie – wie bei ihrem Part als Geliebte einer Serienkillerin in „Monster“ (2003) oder gleich selbst als Mörderin in „Lizzie Borden“ (2014) – für ungewöhnliche und abgründige Charaktere mit einer (äußerst) dunklen Seite.

    Dieses Alleinstellungsmerkmal kann sie nach einigen Serien-Ausflügen in den vergangenen Jahren nun endlich auch mal wieder in einem waschechten Horrorfilm ausspielen. „Monstrous“ von Regisseur Chris Sivertson („All Cheerleaders Die“) ist ein gänzlich auf sie zugeschnittenes Gruselstück, das neben Riccis Performance auch noch mit einer hervorragenden und detailreichen Ausstattung punktet – während der finale Twist wie von vorgestern wirkt.

    Wenn Christina Ricci eine 50er-Jahre-Hausfrau spielt, dann kann man sich sicher sein, dass unter der vermeintlich perfekten Oberfläche noch wahrhafte Abgründe lauern.

    In den 1950er Jahren flieht die junge Mutter Laura Butler (Christina Ricci) mit ihrem siebenjährigen Sohn Cody (Santino Barnard) vor ihrem groben Ehemann ins sonnige Kalifornien. Aber während die Mutter schnell einen Job als Stenotypistin und eine schöne Wohnung in einem Haus am See findet, gelingt es Cody nicht wirklich, in der neuen Schule Anschluss zu finden. Die Situation spitzt sich zu, als Cody davon berichtet, dass er nachts von einem Wesen aus dem See angegriffen wird. Während Laura das anfangs noch als bloße Phantasterei eines Kindes abtut, trachtet die Kreatur alsbald auch der Mutter nach dem Leben…

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    Die Set-Designer*innen konnten sich bei „Monstrous“ regelrecht austoben, setzt der Horrorthriller doch (zunächst) auf eine nahezu unbändige Farbenfreude und jede Menge Zeitkolorit. Die Retrokleider (wahlweise auch mit Petticoat) der gelangweilt in Haushaltszeitschriften blätternden Laura strahlen mit einer beigen Einbauküche sowie cremefarbenen Cadillacs und Corvettes um die Wette. Unbeschwerte Szenen wie jene, in der Laura und Cody für seine Geburtstagsparty in Zeitlupe und zu regelrecht glühend aus den Fenstern hereinbrechenden Licht zu Buddy Hollys träumerischem „Everyday“ die Wohnung mit Luftballons schmücken, zelebrieren regelrecht eine sorglose 50er Jahre-Idylle.

    Doch diese erhält mit zunehmender Laufzeit immer mehr Risse. Fantasiert sich Laura anfangs noch in eine Szene des im (authentisch nachgebauten) Fernseher flimmernden „Der Schrecken vom Amazonas“ (1954) hinein, werden Mutter und Tochter schließlich immer häufiger von einem nächtlich aus dem Wasser steigenden Monster heimgesucht, welches optisch dem aus Jack Arnolds Klassiker nachempfunden ist. Chris Sivertson beweist dabei zwar sein Gespür für Timing und setzt auch einige Jump Scares effektiv ein. Vom Genredurchschnitt heben sich die Scheckmomente und vor allem auch die wenig begeisternden Computeranimation des Monsters aber bei aller Routine nicht ab.

    Die CGI-Monster-Effekte sind sicherlich nicht die Stärke von „Monstrous“.

    Letztlich macht aber sowieso die prominente Hauptdarstellerin von „Monstrous“ den Unterschied. Christina Ricci gelingt es durch ihre Präsenz einmal mehr, Stück für Stück die düsteren Seiten ihrer zunächst aufs Klischee der perfekten Mutter festgenagelten Figur herauszuschälen. Ihr gelingt es – trotz stets zu perfekt sitzender Frisur – glaubhaft, den Wandel über die ängstliche Frau hin zum dem Alkohol verfallenen psychischen Wrack zu vollziehen. Dabei bricht sie während ihrer couragierten Wortgefechte gegenüber ihrer Vermieterin und ihrem Chef oder beim Tanz mit einem sehr viel älteren Mann genüsslich mit den moralischen Konventionen eines Jahrzehnts, das noch keine starken Frauen duldete.

    Riccis Performance entschädigt dann auch weitestgehend dafür, dass „Monstrous“ seinen finalen und leider recht altbackenen Twist (den man bereits so ähnlich in Genrevertretern der 2000er häufiger sehen konnte) im ersten Drittel durch einen vielsagenden Anruf auf dem knallgelben Telefon bereits etwas zu deutlich andeutet. Etwas mehr wirklich überraschende Elemente hätten dem knallbunten Horrorthriller gutgetan.

    Fazit: Ein zu kalkuliert wirkender Twist und ein CGI-Monster, dem es an individuellem Charme fehlt, verhindern einen großen Wurf. Aber das farbenfrohe Dekor und eine souverän agierende Christina Ricci heben „Monstrous“ vom Genre-Einheitsbrei letztlich dennoch positiv ab.

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