Mein Konto
    Fearless Flyers - Fliegen für Anfänger
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Fearless Flyers - Fliegen für Anfänger

    Kein komödiantischer Höhenflug

    Von Ulf Lepelmeier

    Ist Flugangst witzig? Für Betroffene ganz sicherlich nicht. Aber die Prämisse, dass sich Protagonist*innen mit den unterschiedlichsten Hintergründen ihrer gemeinsamen Angst zu stellen versuchen und dabei auf engstem Raum mit ihren (übertriebenen) Gefühlausbrüchen zu kämpfen haben, bietet natürlich reichlich Potential für eine Komödie. „Fearless Flyers – Fliegen für Anfänger“ des isländischen Regisseurs Hafsteinn Gunnar Sigurdsson ist aber dennoch nur leidlich amüsant. Sein Flugangstfilm, der vor allem in einem eingeschneiten Hotel in Island spielt, hebt humortechnisch nie wirklich ab, zu flach erscheinen die Figuren und zu forciert das Geschehen.

    Sarah (Lydia Leonard) leidet schon seit langem an Flugangst, hat ihrem neuen Freund aber noch nie davon erzählt – und nun hat er einen gemeinsamen Urlaub samt Flug gebucht. Deshalb hat sich die Mittvierzigerin für das Programm Fearless Flyers angemeldet, um ihre Aviophobie rechtzeitig zum geplanten Reisebeginn zu besiegen. Nach dem Theorieteil und ersten Simulationen steht als finale Herausforderung des exklusiven Programms ein beaufsichtigter Flug von London nach Reykjavik an.

    Aber dann fällt am Flugtag nicht nur die kompetente Ausbilderin aus, die kurzerhand von ihrem überforderten Assistenten Charles (Simon Manyonda) ersetzt wird – auch das Wetter scheint echt ungemütlich zu werden. Neben Sarah steigen der erfolgreiche Autor Edward (Timothy Spall) und der App-Erfinder Alfons (Sverrir Gudnason) samt seiner Influencer-Freundin Coco (Ella Rumpf) als Teilnehmer des teuren Kurses in die Linienmaschine ein. Doch der geplante Tagestrip wird nicht so verlaufen wie geplant – und auf einmal sitzen alle in einem isländischen Hotel fest…

    Gemeinsam gegen die Flugangst – zumindest die Prämisse von „Fearless Flyers“ ist vielversprechend.

    Das gewählte Szenario einer kleinen Gruppe mit sehr unterschiedlichen Hintergründen, die sich auf einer Reise auf engstem Raum einer Ausnahmesituation ausgesetzt sieht, die extreme Charakterzüge und Gruppendynamiken zu Tage fördert, erinnert im ersten Moment an Ruben Östlunds preisgekrönte Komödie „Triangle Of Sadness“. Aber für Hafsteinn Gunnar Sigurðsson ist der Vergleich mit dem Cannes-Gewinner nicht besonders rühmlich, sondern lässt umso mehr die Probleme von „Fearless Flyers – Fliegen für Anfänger“ ersichtlich werden: Die aufgrund ihrer Flugangst willkürlich zusammenkommenden Personen gewinnen, während sie sich in immer skurrilere Situationen stürzen, kaum an Konturen oder Tiefe hinzu, selbst wenn das Publikum mit der Zeit Bruchstücke aus ihrer Vergangenheit erfährt.

    Die Figuren bleiben flach und merkwürdigerweise auch unsympathisch. Die Turbulenzen bei ihrem Flug nach Island sind zudem so stark, dass auch Vielflieger diese sicherlich nicht einfach so kaltlassen würden. Hier empfindet man eher Mitleid mit den Passagier*innen, als sich über ihre angstgesteuerten Gefühlsausbrüche zu amüsieren. Der von Simon Manyonda gespielte Gruppenleiter Charles schwankt nur zwischen Überforderung und Panik hin und her – und auch die übrigen Figuren sollen vor allem dadurch belustigen, dass sie in ihrer angespannten Lage ihre Fassung verlieren. Wenig überraschend stacheln sie sich alle gegenseitig bis zum absurd-hysterischen Finale auf.

    Wenn selbst Charakterkopf Timothy Spall seiner Figur kein Leben einhauchen kann, dann hat das Drehbuch ein echtes Problem.

    Timothy Spall („Mr. Turner – Meister des Lichts“) ist hier mit seinem stets zerknittert-unzufriedenen Gesichtsausdruck und grummeligen Redebeiträgen noch das komödiantische Highlight. Doch selbst der „Harry Potter“-Star schafft es nicht, seinem Edward, der offenbar durch eine posttraumatische Belastungsstörung Angst vor dem Fliegen entwickelt hat, wirklich Leben einzuhauchen – und das, obwohl diese Figur als ehemaliges Mitglied einer Spezialeinheit und erfolgreicher Buchautor eigentlich interessant und fassettenreich sein solle. Ohne eine Influencerin, über deren Oberflächlichkeit sich alle lustig machen können, kommt hingegen ja kaum noch eine moderne Ensemble-Komödie mehr aus – und so ist es wenig überraschend, dass auch Ella Rumpf („Asphaltgorillas“) dieser ausgelutschten Klischee-Figur nichts Neues mehr abgewinnen kann.

    Fazit: Die flugangstgeplagten Protagonist*innen heben ab – aber der Humor bleibt am Boden.

    Wir haben „Fearless Flyers – Fliegen für Anfänger“ beim Filmfest München 2023 gesehen, wo er in der Reihe Spotlight zu sehen war.

     

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top