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    Dem Himmel so fern
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Dem Himmel so fern
    Von Martina Moeller

    Todd Haynes’ Melodrama „Dem Himmel so fern“ ist in jeder Hinsicht eine perfekte Hollywoodproduktion. Nicht nur die malerischen rot-gelb-braun Töne der herbstlichen Naturkulisse, sondern auch das gesamte Dekor und die Kostüme erscheinen wie aus einer Mode- und Einrichtungszeitung der 50er Jahre entsprungen. Ebenso gründlich ist auch die Story und ihre Inszenierung auf dem amerikanischen Kleinstadtmief der McCarthy-Ära abgestimmt, in der es für diejenigen jenseits der „Normalität“ keinen Platz gab.

    Die wahrhaft biedere Protagonistin Cathy (Julianne Moore) muss sich gleich scherzhaft als „Linke“ titulieren lassen, da sie für Minuten neben einem „Juden“ stand. Cathy und Frank (Dennis Quaid) - das sind die Whitakers: Er, der erfolgreiche Verkaufsmanager für die Fernsehfabrik „Magnatech“ und sie, die Petticoat-Schönheit, welche weiß, wie man an der Seite eines solchen Mannes zufrieden strahlt. Also ein perfektes Paar in einer glatten und sauberen Welt, die nur Erfolgreichen und Zufriedenen ihre Pforten öffnet. Doch hier bröckelt die Fassade. Allzu oft erscheint Frank abends nicht zu Hause und die Ausrede der ewigen Überstunden verliert schnell an Glaubwürdigkeit. Unverhofft entdeckt Cathy das Geheimnis ihres Mannes: Er ist homosexuell und die Bilderbuchwelt gerät aus den Fugen. Während Frank beim Psychiater (James Rehborn) auf eine Wunderheilung von diesem so schlimmen Übel hofft, beginnt Cathy ein freundschaftliches Verhältnis mit dem Gärtner (Dennis Haysbert), der in jeglicher Hinsicht dem Klischee vom „guten Schwarzen“ entspricht. Er sieht super aus, ist gebildet, feinfühlig und intelligent. Frank gelingt die absolute Vertuschung seines kleinen Makels, Cathy jedoch nicht. Einmal zu viel wird sie in Begleitung ihres schwarzen Freundes gesehen und schon befinden wir uns in der wahren Hölle der 50er Jahre, an die man am Anfang des Films aufgrund der schönen Bilder und Idylle nicht denken wollte.

    Hier wird der Film interessant und bleibt aber meist in seiner Oberflächlichkeit gefangen. Sicherlich hat Haynes seinen Film als Hommage an das subversive Hollywood-Melodram à la Douglas Sirk geplant und erweitert das Ganze um die Tabuthemen des damaligen Kinos - Rassismus und Homosexualität - was jedoch angesichts der allzu perfektionierten Kulisse zu sehr in Klischees und Gefühlsduselei erstarrt. Seine ambitionierte Botschaft erreicht ohne Frage den Zuschauer; hier geht es um innere Werte. Doch die haben es im lückenlos perfekt inszenierten Melodram schwer, was im Grunde die innere Stimmigkeit des Film zwischen Form und Inhalt bestärkt.

    Genauso wie die Darsteller kaum aus der Selbstverlogenkeit und dem Konformismus der 50er Jahre herausfinden, so überbetont die Filmmusik die bewegenden Szenen und erstickt die wahre Tragik der Figuren in dem perfekten Ambiente. Haynes dekonstruierte die Strukturen des Melodrams und setzt es zu einem Remix zusammen, jedoch auf Kosten seines ursprünglichen Zaubers, der subtilen Bedrohlichkeit der unterschwelligen Gefühle, die hier offen dargelegt, altbacken erscheinen. Schade, dass er daraus keine Parodie gemacht hat. Trotzdem strahlt der Film seinen Reize aus und hat nette Kniffe, wie das elipsenhafte Ende, welches uns zur Anfangseinstellung zurückführt. Resümierend lässt sich sagen: Weniger wäre wohl mehr gewesen, aber ein Film der für Toleranz und Akzeptanz wirbt ist immer sehenswert.

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