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    Der Fluch von Darkness Falls
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Der Fluch von Darkness Falls
    Von Jürgen Armbruster

    Was macht den Menschen am meisten Angst? Dies dürfte wohl die Ausgangsfrage bei der Pre-Produktion von „Der Fluch von Darkness Falls“ gewesen sein. Auf der Suche nach einer Antwort sind die Produzenten wohl auf „Blair Witch Project“ gestoßen, der seinerzeit dank einer perfekten Synthese von Dunkelheit, einer beängstigenden Geräuschkulisse und verwackelten Amateuraufnahmen einen Hauch von Authentizität ins graue Genre des Horrorfilms brachte. Die Formel zu einem vermeindlichen Erfolg erscheint recht simpel: Man nehme das Grundkonzept von „Blair Witch Project", verdreißigfache etwa das Budget (35.000 zu 11 Mio Dollar), hole sich MTV mit an Board, um bei der Zielgruppe bereits vorab einen reges Interesse auszulösen und fertig ist der potenzielle Kinokracher. Was Jonathan Liebesman mit „Darkness Falls“ allerdings letztendlich abliefert, ist in jeder Hinsicht einfach zu wenig!

    Der Prolog ist ein Musterbeispiel dessen, was bei der Synchronisation vom Englischen ins Deutsche alles schief gehen kann. In einer eigentlich recht stimmungsvollen Kollage aus Bildern und Zeichnungen soll dem Publikum die Hintergrundgeschichte erläutert werden, doch die Stimme aus dem Off gibt sich alle Mühe keinerlei Emotionen zu zeigen. Jeder Großvater, der vor seinen Enkeln aus dem Nähkästchen plaudert, ist mitreißender. Doch hier werden wie in einer Reportage über das Balzverhalten der Ochsenfrösche die nackten Tatsachen wiedergegeben. Vor langer Zeit lebte in dem verschlafenen Nest Darkness Falls eine alte Dame namens Mathilda. Die Kinder der Stadt nannten sie liebevoll „Die Zahnfee“, da sie jedem Kind jedes Mal, wenn es einen seiner Milchzähne verlor, eine Goldmünze dafür gab. Nach einem Brand in Ihrem Haus war ihre Haut so sehr verbrannt, dass sie nur noch in vollkommener Dunkelheit aus dem Haus gehen konnte und sie ihr Gesicht aus Scham unter einer Porzellanmaske verbarg. Eines Tages kamen zwei Kinder nicht von einem Besuch bei der Zahnfee zurück. Die Einwohner von Darkness Falls verdächtigten Mathilda, die Kinder umgebracht zu haben und nahmen das Recht selbst in die Hand. Sie rissen Mathilda die Maske vom Gesicht, verspotten sie und hängten sie letztlich am nächstbesten Baum auf. Die Legende besagt, dass Mathilda mit ihrem letzten Atemzug einen Fluch aussprach und fortan immer, wenn ein Kind in Darkness Falls seinen letzten Milchzahn verliert, zurückkommt, um sich diesen zu holen und dabei jeden umbringt, der sie dabei sieht.

    Dass es sich hierbei um keine Legende handelt, musste der junge Kyle (Chaney Kley) am Abend des Tages, als er seinen letzten Milchzahn verlor, feststellen. Er sah Mathilda, konnte sich jedoch ins Licht retten. Seine Mutter hatte tragischerweise weniger Glück. Natürlich glaubte Kyle keiner, dass die Zahnfee seine Mutter umgebracht hatte. Er kam in psychiatrische Behandlung, hat Darkness Falls von diesem Tag an nie wieder betreten und sich ständig im Licht aufgehalten. Zwölf Jahre später erhält er einen Anruf von seiner ehemaligen Jugendliebe Caitlin (Emma Caulfield). Ihr kleiner Bruder Michael (Lee Cormie) hat wie Kyle die gleiche Angst vor der Dunkelheit.

    Was folgt, ist von der ersten Minute an klar: Natürlich kommt es zu einem totalen Stromausfall, was in einem Kampf der bis an die Zähne mit Taschenlampen oder ähnlichem Equipment bewaffneten Menschen gegen Mathilda endet. Zu Beginn weiß dieser Kampf auch durchaus zu fesseln, jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt als die Zahnfee zum ersten Mal in ihrer vollen Pracht über die Leinwand huscht. Was als unbekannte Gefahr aus der Dunkelheit noch einen gewissen Spannungswert besitzt, geht beim Anblick Mathildas verloren. Schon ihr obligatorisches, grelles Kreischen vor jedem Angriff lässt vermuten, dass gleich ein dunkler Reiter auf einem schwarzen Pferd erscheint, doch das Monsterdesign ist im höchsten Maßen beschämend. Die Zahnfee wirkt wie eine Mischung aus Tolkiens Ringgeistern und Bibi Blocksberg auf Dope. Alles andere als Furcht einflößend, was wohl ebenso wie der sehr spärliche Einsatz von Splatter-Effekten ein Zugeständnis an das junge Klientel der MTV-Generation ist. Für die erwachsenen Zuschauer ist dies jedoch eher peinlich.

    A propos Peinlich: Die spärlichen Dialoge lassen einen immer wieder ungläubig den Kopf schütteln. Bei jedem Erlischen einer Lichtquelle wird dies von irgendeinem der Darsteller entsprechend kommentiert. Ist Herrn Liebesman nicht klar, dass das Publikum aus einer schwarzen Leinwand selbst den Rückschluss ziehen kann, dass die Flamme erloschen, die Batterie leer, der Treibstoff aufgebraucht oder die Glühbirne geplatzt ist? Ist die Masse der Kinogänger debil und bedarf weiterer Erläuterungen? Wir wissen es nicht! Zu den Darstellern gibt es eigentlich wenig bis nichts zu sagen. Seriendarsteller bekommen meist keine großen Kinorollen, wie auch Emma Caulfield in diesem Fall. Als ehemalige Rachedämonin Anya fiebern Woche für Woche Millionen von Zuschauern mit ihr, wenn die neuste Ausgabe der Kultserie „Buffy“ ausgestrahlt wird (Ihr Partner Kyle Walsh hatte zu Beginn der Serie übrigens auch einen Gastauftritt bei "Buffy"). Doch in „Der Fluch von Darkness Falls“ hat sie, wie alle anderen Darsteller, keinerlei Möglichkeit, sich auszuzeichnen - weder in positiver wie auch negativer Hinsicht. In den ohnehin lediglich 85 Minuten dominieren schnelle Schnittfolgen in der Dunkelheit. Nicht gerade die besten Vorraussetzungen für schauspielerische Glanzleistungen.

    85 Minuten? Richtig gelesen! Ist es vertretbar, das zahlende Publikum nach so kurzer Zeit wieder nach Hause zu schicken? Normalerweise nicht, aber im Fall von „Darkness Falls“ gleicht das Ende eine Erlösung. Lieberman liefert hier einen uninspirierten Film ohne erkennbaren Spannungsbogen und keiner einzigen eigenen Idee ab. Mit dem raschen Ende gesteht er diese Konzeptlosigkeit indirekt sogar ein. Alle Freunde des gepflegten Gruselns sollten „Darkness Falls“ links liegen lassen und stattdessen entweder noch einmal „The Ring" anschauen oder sich das japanische Original „Ringu" aus der Videothek ihres Vertrauens ausleihen. In beiden Fällen ist das Geld wesentlich besser angelegt.

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