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    Kiss Kiss Bang Bang
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Kiss Kiss Bang Bang
    Von Deike Stagge

    Eine Pechsträhne zu haben, ist unheimlich unfair: Die Welt hat sich gegen dich verschworen und gar nichts scheint die Talfahrt aufhalten zu können, die von unaufhaltsamen Zufällen und Schicksalsschlägen provoziert wird. Man ist einfach hilflos und deprimiert. Sehr lustig ist es hingegen, sich die Pechsträhne anderer Leute – vorzugsweise auf der großformatigen Kinoleinwand – in allen makaberen Details entspannt vom Polstersessel aus anzuschauen. Darum ist Shane Blacks Action-Komödie „Kiss, Kiss, Bang, Bang“ auch ein Geheimtipp des Kinosommers.

    Man muss Harry (Robert Downey jr.) einfach mögen. Das gebürtige Landei schlägt sich relativ planlos in Los Angeles mit kleinen Gaunereien durch, obwohl er eigentlich lieber sauber bleiben möchte. Nach einem fehlgeschlagenen Einbruch versteckt er sich mitten in einer Castinggruppe und wird prompt für eine große Rolle als Detektiv vorgeschlagen. Als Vorbereitung soll er den realen privaten Ermittler Perry (Val Kilmer), auch als der schwule Perry bekannt, ein paar Tage lang begleiten. Damit beginnt der Ärger: Nicht nur macht der abgezockt-kaltschnäuzige Perry überhaupt keinen Hehl aus der Tatsache, dass er Harry für den größten Versager auf unserem Planeten hält, auch die Ermittlungen zum Untreueverdacht einer jungen Frau laufen grundsätzlich schief – dank Harrys Einmischung und einer nicht eingeplanten Leiche.

    Doch damit ist noch lange nicht Schluss. In einer Bar lernt Harry die attraktive Harmony (Michelle Monaghan) kennen, mit der er es sich schon in der ersten Nacht einfach gründlich verdirbt. Doch Harmony kreuzt weiterhin ständig seinen Weg und bittet ihn, – da sie ihn für einen echten Privatdetektiv hält – ihr bei der Suche nach ihrer Schwester zu helfen. Dazu benötigt der tollpatschige Hobbyermittler allerdings die tatkräftige Hilfe von Perry, der eigentlich wenig Lust hat, für Harry auch nur einen einzigen Finger zu rühren.

    Auf diesen Film hat das Kinopublikum schon lange gewartet: Endlich kann man sich schamlos am durch höhere Mächte verursachte und vom Leben geschriebene Unglücke anderer Menschen erfreuen – ganz ohne schlechtes Gewissen. Denn Harry ist ein ganz und gar liebenswerter Zeitgenosse, der einem die Schadenfreude sicher nicht übel nimmt. Im Drehbuch von Regisseur Shane Black wimmelt es nur so von politisch unkorrekten aber (vielleicht auch: und deshalb) ultralustigen Einfällen. Deutlich zeigt sich in der Umsetzung des Stoffes, dass hier ein Drehbuchautor („Lethal Weapon“, „Last Boy Scout“) seine kostbarste Geschichte selbst auf die Leinwand zaubert. Das fängt schon bei Hauptfigur Harry an, der mit Robert Downey jr („The Singing Detective“, „Gothica“) die perfekte Besetzung gefunden hat. Die Figur wird liebevoll mit all ihren gutmütigen Schwächen vorgezeichnet und von Downey jr. vor allem in ihrer Tolpatschigkeit und den sehenswerten, erstklassig hilflosen Gesichtsaudrücken grandios verkörpert. Die Verbundenheit zu Harry wird auch durch Maske und Kostüm getragen. Es passt einfach ideal, dass ihm ständig die Etiketten aus der Jacke hängen und seine Frisur dem als „ungemachten Bett“ in die Filmgeschichte eingegangenen Inspektor Columbo den Rang abläuft. Aber Downey jr. besticht vor allem dadurch, dass er Harry eine fast schon stoische Geduld verleiht, mit der er alle seine Schicksalsschläge erträgt.

    Der Film würde vielleicht sogar nur mit Harry als Hauptperson funktionieren, aber durch die Einführung des schwulen Perry gewinnt „Kiss, Kiss, Bang, Bang“ einen Harry diametral gegenüberstehenden Charakter, dass der Sehspaß ihrer gemeinsamen Szenen noch mal ordentlich steigt. Die Verpflichtung von Leinwandveteran Val Kilmer („The Doors“, „Mindhunters“, „Heat“, „The Salton Sea“) als Perry erweist sich als absoluter Glücksgriff, denn die beiden männlichen Hauptdarsteller funktionieren sehr gut zusammen. Außerdem überzeugt Kilmer mit seinem trockenen Humor und den bissigen Kommentaren, die Perrys guten Kern unter einer harten Schale trotzdem nicht verheimlichen können. Das tolpatischige Duo Infernale bündelt die Sympathie des Publikums in sich. Doch auch die Geschichte mit ihren vielen kreativen Einfällen und doch nicht allzu an den Haaren herbeigezogenen Zufällen trägt einiges zum Unterhaltungsfaktor des Films bei. Bis zum Schluss gehen „Kiss, Kiss, Bang, Bang“ die Gags nicht aus. Auch die Tatsache, dass Harry selbst aus dem Off die Ereignisse erzählt und schonungslos kommentiert, ist ein gelungenes Detail und fügt sich nahtlos in die Wahrnehmung von Harry Welt durch den Zuschauer ein.

    Wer diesen Sommer trotz des ätzenden Wetters noch mal richtig laut lachen möchte, darf Shane Blacks „Kiss, Kiss Bang, Bang“ auf keinen Fall verpassen. Neben dem ausgesprochen hohen Unterhaltungsfaktor ist dem Zuschauer auch ein Lachmuskelkater garantiert.

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