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    Das Omen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Das Omen
    Von Christoph Petersen

    Als Richard Donners (Superman, 16 Blocks) Horrorfilm „Das Omen“ 1976 in die Kinos kam, reichte eine einzige Szene, in der einer der Charaktere durch eine vom Lastwagen rutschende Fensterscheibe enthauptet wurde, aus, um den Film durch Mundpropaganda zu einem Box-Office-Hit und einem Genre-Klassiker werden zu lassen. Aber die Zeiten haben sich geändert. Als vor einigen Jahren in Steve Becks Horror-Remake 13 Geister eine sich schließende Glastür einen Protagonisten in zwei Hälften teilte, von denen eine quietschend herabsank, während die andere anatomisch korrekt kleben blieb, wurde dies vom Publikum höchstens noch mit leichtem Amüsement zur Kenntnis genommen. So wird auch John Moores „Das Omen“-Remake kaum mehr von der nun mit CGI-Effekten aufgepeppten und durchaus wirkungsvoll abgeänderten „Glasscheiben-Szene“ als Box-Office-Motor profitieren können. Das muss er aber auch gar nicht, hat Moore doch auch so einen spannend erzählten, hervorragend inszenierten und absolut sehenswerten Horrorstreifen abgeliefert.

    Als das Kind des amerikanischen Politikers Robert Thorn (Liev Schreiber) bei der Geburt in einem römischen Krankenhaus stirbt, akzeptiert er ohne das Wissen seiner Frau Katherine (Julia Stiles) das Angebot eines katholischen Priesters, ein neugeborenes Waisenkind fortan als sein eigenes auszugeben. Zunächst bleibt der Schwindel im Verborgenen, aber an Damians (Seamus Davey-Fitzpatrick) fünftem Geburtstag kommt es zur ersten Katastrophe, als seine Nanny sich mit einem Seil um den Hals vom Dach des Londoner Anwesens stürzt. Fortan kommt es immer wieder zu geheimnisvollen Unfällen, außerdem sorgen auch das undurchschaubare Kindermädchen Mrs. Baylock (Mia Farrow) und der Unheil verkündende Priester Brennan (Pete Postlethwaite) für Aufregung in der Familie Thorn. Bemerkt zunächst nur Katherine den Einzug des Teuflischen, während ihr Mann das alles weiterhin als Humbug abtut, wird dieser schließlich doch überzeugt, als Fotograf Keith Jennings (David Thewlis) ihm erschreckende Fotos der bisherigen Opfer zeigt, auf denen merkwürdige Erscheinungen die Art ihres Todes voraussagen...

    Der Film beginnt mit einer im Vatikan spielenden, Nostradamus-ähnlichen Rückblende, die die Hintergründe der Geburt Satans beleuchten soll, die aber im Nachhinein absolut überflüssig, vielleicht sogar ein wenig ärgerlich ist. Aber von da an geht es mit „Das Omen“ stetig bergauf und Regisseur John Moore stellt einmal mehr sein Talent als Geschichtenerzähler, das man schon in „Behind Enemy Lines“ und dem Der Flug des Phoenix-Remake bewundern durfte, unter Beweis. Dabei hält er geschickt die Waage zwischen den beiden Haupthandlungssträngen: Während Katherines Todeskampf gegen ihren entfremdeten Sohn und seine Nanny als eine Mischung aus Shining und The Amityville Horror in Szene gesetzt ist, erinnert die Suche von Robert und Keith nach der Wahrheit ein wenig an Ron Howards Religions-Rätsel The Da Vinci Code - Sakrileg – wobei Moores Schnitzeljagd-Version aber visuell um einiges ansprechender geraten ist.

    Bei den ausgefeilten Todesszenarien von „Das Omen“ wird sich der heutige Kinozuschauer unweigerlich an das Final Destination-Franchise erinnert fühlen. Auch hier wird die Spannung dadurch erzeugt, dass sich das Publikum zu jedem neuen im Bild auftauchenden Gegenstand eine mögliche Todesart zusammenphantasiert. Aber „Das Omen“ hat nicht etwa von Final Destination geklaut, vielmehr ist das Gegenteil der Fall, bleibt doch das Remake auch in diesen Szenen äußerst nah am 76er-Original, das diese Art der Spannung ursprünglich erfand. Aber nicht nur wegen dem Originalitätsbonus ist „Das Omen“ zumindest dem diesjährigen Sequel Final Destination 3 von James Wong vorzuziehen. Zwar sind die Szenarien bei Moore bei weitem nicht so abgefahren und komplex wie bei Wong, dafür aber um einiges filmischer in Szene gesetzt. Hinzu kommt, dass Wongs Streifen außerhalb der absurden Unfall-Sequenzen nur mit getroster Langeweile glänzen kann, während „Das Omen“ auch in den blutfreien Szenen zu überzeugen versteht.

    Was in Renny Harlins Horror-Remake Exorzist: Der Anfang noch kläglich gescheitert ist, ist in „Das Omen“ nun hervorragend gelungen: Wie zu Hochzeiten des anspruchsvolleren Horror-Kinos in den 70ern üblich, hat nun auch John Moore in seinem Film wirklich gute Schauspieler statt kreischenden Teenies mit offenherzigem Dekolletee besetzt. Allen voran Liev Schreiber, der gerade sowohl als Schauspieler (Der Manchurian Kandidat) als auch als Regisseur (Alles ist erleuchtet) auf dem Höhepunkt seiner Karriere steht, gibt den pragmatischen Politiker mit einer unerbittlichen Kälte, die er für eine Hollywood-Produktion unerwartet konsequent durchzieht. Julia Stiles (Der Prinz und ich, Carolina) liefert als verängstigte Ehefrau die einzig schwache Performance des Films ab, was aber auch zum Teil daran liegt, dass ihre Rolle sehr egoistisch und unsympathisch angelegt ist.

    Bei den Nebenrollen ist den Casting-Agenten hingegen wieder Großes gelungen. Mia Farrow (Supergirl, Alice) gibt als Kindermädchen aus der Hölle nun ironischerweise genau den Gegenpart zu ihrem Auftritt in Rosemaries Baby, wo sie selbst unter teuflischem Nachwuchs zu leiden hatte. David Thewlis (Basic Instinct 2, Timeline, Alle Kinder dieser Welt) kann als kettenrauchender Paparazzi seine Vorliebe für echte Typen voll ausspielen. Der englische Charaktermime Pete Postlethwaite (Die üblichen Verdächtigen, Dark Water) versteht seine wenigen Szenen als nur scheinbar wahnsinniger Geistlicher voll auszunutzen. Und schließlich wurde mit Kino-Debütant Seamus Davey-Fitzpatrick ein äußerst passender Damian gefunden, der mit seinen dunklen Augen, seinem verschmitzt-bösen Lächeln und seinem meist ausdruckslosen Blick einen perfekten Satansbraten abgibt.

    Hinzu kommt noch eine erstklassige Inszenierung, die nicht wie in letzter Zeit sooft bei Horrorfilmen beobachtet, nur mit aneinander gereihtem Stückwerk daherkommt, sondern neben der fast durchgehend interessanten Bilderflut auch mit einem stimmigen Konzept aufwarten kann. So merkt man nicht nur in den durchkonstruierten Todesszenen, dass die Macher neben der Geschichte und den Blutkonserven auch immer das Ziel hatten – und das haben sie Filmen wie Saw, Saw 2 oder Hostel voraus – auch spannungsreiche Kinobilder auf die Leinwand zu zaubern. So ist John Moore mit „Das Omen“ endlich mal wieder ein Horrorfilm gelungen, der als Gesamtpacket einfach gelungen ist und mit dem man, wenn man für das Genre, gutes Kino und nicht nur, aber auch den einen oder anderen Tropfen Blut etwas übrig hat, nicht allzu viel falsch machen kann. Link-Tipp: CD-Kritik „Das Omen“-Soundtrack

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