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    Frühstück bei Tiffany
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    5,0
    Meisterwerk
    Frühstück bei Tiffany
    Von Ulrich Behrens

    ... I'm crossing you in style some day.

    Old dream maker, you heart breaker,

    Wherever your going, I'm going your way:

    Two drifters, off to see the world,

    There's such a lot of world to see.

    We're after the same Rainbow's end

    Waiting round the bend,

    My huckleberry friend,

    Moon River and me.

    (Henry Mancini)

    Sie hat Stil und sie ist elegant. Sie ist schön, attraktiv, und ihren Augen kann man kaum widerstehen. Sie hat Witz, ist intelligent. Sie hat das, was man früher einmal Sex Appeal zu nennen pflegte. Holly, nein nicht Bruce Willis’ Holly aus „Stirb Langsam“. Audrey Hepburns Holly durchstreift New York, Manhattan, die reichen Viertel, in denen reiche Männer ihr 50 Dollar geben, wenn sie sich im powder room frisch machen will. Holly ist auf jeder Party zu finden, auf der Geld schwimmt. Holly lässt sich aushalten, aber sie widersteht potentiellen Liebhabern. Bevor „es“ passiert, sperrt sie sich in die Toilette ein und flüchtet über die Feuertreppe.

    Holly ist geheimnisvoll, sie verbirgt ihre Vergangenheit, denn sie glaubt ausschließlich an die Zukunft mit einem reichen Mann – will dies glauben. Wer das sein soll, ist ihr letztlich gleichgültig. Holly ist nämlich auf der Flucht, und zwar vor sich selbst. Holly ist Audrey Hepburn, und die damals 32-jährige Schauspielerin befand sich auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Die Intensität und Klarheit, die Anmut, Eleganz, und doch auch Verspieltheit, mit denen die Hepburn Holly ausstattet, ergeben in der Summe eine nahezu perfekte Rolle. Truman Capote, der Marilyn Monroe für die Rolle im Auge hatte, konnte sich glücklich schätzen über die Adaption seines Romans durch Blake Edwards, der später Filme wie „Der rosarote Panther“ (1964) samt Sequels oder „Der Partyschreck“ (1968), alle mit Peter Sellers in den Hauptrollen, „10“ (1979) oder „Switch“ (1991) drehte.

    In Hollys Leben bricht jemand hinein, vorsichtig, zurückhaltend, ein Schriftsteller, der Mühe hat zu schreiben, dessen einzige Veröffentlichung Jahre zurückliegt. Auch Paul Varjak (George Peppard) lässt sich aushalten, von einer etwas älteren Frau mit dem mysteriösen Namen 2-E (Patricia Neal), seiner „Dekorateurin“, wie er sie Holly vorstellt, die ihm das neue Apartment in dem Hause bezahlt, in dem auch Holly wohnt. Paul und Holly lernen sich kennen; er telefoniert bei ihr, sie erzählt ihm, was sie so den lieben langen Tag treibt, nimmt ihn mit auf eine Party, flüchtet mal wieder über die Feuertreppe schnurstracks in das Bett Pauls, schmiegt sich an ihn. Freundschaft. Paul ist da, wenn Holly ihn braucht.

    Er verliebt sich in Holly. Beide verleben glückliche Tage, bummeln durch Manhattan. Und bei Tiffany benötigen sie wenig Überredungskünste, damit der Verkäufer (John McGiver) einen Ring aus einer Tüte mit Süßigkeiten für Holly graviert. Paul hasst das unstete Leben Hollys; doch er hält sich zurück, denn schließlich sitzt er selbst im Glashaus.

    Die Vergangenheit kehrt wieder in Gestalt von Doc Golightly (Buddy Ebsen), Hollys viel älterem Mann, der sie zurückholen will, von ihrem geliebten Bruder Fred erzählt, und so erfährt Paul, dass Holly eigentlich Lulamae Barnes heißt. Doch Holly kann niemand halten, auch Doc nicht, zumal sie behauptet, beide seien längst wieder geschieden. Als Paul Holly seine Liebe gesteht, weist sie ihn zurück. Holly, meint Paul, habe sich in einen selbst gebauten Käfig gesperrt, damit niemand ihr zu nahe kommt ...

    Der Schluss des Films ist Hollywood-like, wurde in einigen Filmkritiken bemängelt. Andererseits passt er sich in die Geschichte nahtlos ein, weil Edwards über den ganzen Film hinweg vor allem Wert auf intelligente, auch humorvolle Dialoge legt und besonders Audrey Hepburn Hollys Charakter eine Tiefe verleiht, die uns sie sehr nahe bringt. Das Happyend wirkt weder aufgesetzt, noch trivial; ich empfand es nicht als übertrieben sentimental.

    Im Film taucht an einigen Stellen ein Nachbar auf, Mr. Yunioshi, ein Chinese, der keiner ist, weil von Mickey Rooney gespielt, und der sich jedesmal aufregt, aufregen muss, wenn Holly mal wieder ihren Hausschlüssel vergessen hat und bei ihm klingelt. Rooney wurde ein chinesisch aussehendes Gesicht verpasst, übertrieben chinesisch, und James Berardinelli bemängelt in seiner Besprechung, diese Figur sei nicht gerade ein Kompliment für die asiatische Gemeinschaft in Amerika. Das sehe ich anders. Rooney bringt einiges an Humor in den Film, sein Aussehen ist zwar übertrieben (sein Gebiss ragt herausfordernd hervor), doch im Grunde spielt er „nur“ einen verärgerten Nachbarn, der jedesmal mit der Polizei droht, wenn ihn Holly mal wieder aus dem Bett klingelt. Dieser Mr. Yunioshi ist in seiner Verärgerung durchaus sympathisch und sicherlich keine Beleidigung chinesisch-stämmiger Amerikaner.

    Zauberhaft und melancholisch, humorvoll und ergreifend – so wurde „Breakfast at Tiffany's“ zu einem Klassiker, gleichzeitig zu einer Hymne an eine großartige Schauspielerin...

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