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    Agenten sterben einsam
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Agenten sterben einsam
    Von René Malgo

    Durch die idyllische, winterliche Hochlandschaft der bayrischen Alpen rattert ein deutsches Militärflugzeug. Es ist Krieg, der Zweite Weltkrieg. Eine Luke öffnet sich, Männer mit Fallschirmen stürzen aus dem Flugzeug und landen auf einer verschneiten Hochebene. Es ist ein alliiertes Sonderkommando, das den Auftrag bekommen hat, einen wichtigen, amerikanischen Offizier aus der Burg „Falke“ zu befreien. Diese gilt als uneinnehmbare Festung, von deutschen Elitetruppen schwer bewacht und im Zentrum jener Alpen liegend. Doch schon bei der Landung geht etwas schief, ein Agent stirbt und der Anführer (Richard Burton) stellt fest, das war kein Unfall. Doch das verheimlicht er, genauso wie den anderen verschwiegen wird, dass nach ihrem Sprung eine junge Frau (Mary Ure) aus dem Lagerraum des Flugzeuges erschienen ist und ebenfalls sprang. Es ist nicht die einzige Überraschung, die dem Kommando erwartet und es ist nicht das einzige Geheimnis, das vor ihnen gehütet wird. Nicht nur, dass der Verdacht nahe liegt, der Einsatz sei von langer Hand geplant worden und zwar unabhängig von der Entführung des alliierten Offiziers, sondern auch weil so ziemlich alles anfängt, schief zu laufen. Eines steht schon bald fest, ein Maulwurf befindet sich in ihren Reihen und es scheint um weit mehr zu gehen, als nur um den amerikanischen Offizier...

    „Agenten sterben einsam“ beruht auf einer der vielen Agentenromane des beliebten Thrillerautors Alistair MacLean. Er selbst verfasste auch das Drehbuch und nahm einige Änderungen vor, um eine möglichst fintenreiche Vorlage für einen möglichst spannenden Film zu liefern. Das ist ihm auch, so darf getrost vorab geschickt werden, sehr gut gelungen. Die Logik, sie bleibt ob der zahlreichen Wendungen allerdings mehr als einmal auf der Strecke. Dass solches dem Zuschauer kaum negativ aufstößt, liegt am straffen Erzählstil, an der atmosphärischen Dichte und nicht zuletzt am hohen Spannungswert. Von der ersten Minute an wird der Zuschauer in die wildromantische Agentenwelt MacLeans gerissen und schert sich in der Zeit wenig um den Realitäts- und Glaubwürdigkeitsgehalt. Dem kann der kritische Betrachter Fragwürdigkeit unterstellen, werden doch - oberflächlich gesehen - Krieg und seine Folgen arg verharmlost, gar romantisiert. Aber es gibt sie schon, die Momente, in denen „Agenten sterben einsam“ mehr ist, als ein vereinfachender Kriegsthriller. In solchen Szenen vermag es das Werk tatsächlich, Gewalt und Krieg als wenig angenehme Dinge herauszustreichen. Sie sind zwar rar gesät und gehören schon gar nicht zu den Schwerpunkten des Films, doch in der Darstellung des Resultates der Gewalttaten und heroischen Einsätze ist „Agenten sterben einsam“ erstaunlich konsequent und ehrlich. Die Rede ist aber von einem Actionfilm, einer ohne Anspruch, aber mit hohem Unterhaltungswert. Und als solcher funktioniert der Kriegs-Actioner tadellos. Durchaus lässt sich „Agenten sterben einsam“ mit einer modernen Jerry-Bruckheimer-Produktion vergleichen, nur dass der 1968 entstandene Actionfilm ungleich ehrlicher, stimmungsvoller, spannender und nicht zuletzt konsequenter und somit in sich schlüssiger als die meisten Bruckheimer-Produktionen zusammen daherkommt.

    Handwerklich wirkt „Agenten sterben einsam“ nahezu perfekt. Die effektreichen Self-made-Actionszenen haben auch heute nichts von ihrem attraktiven Schauwert verloren. Es kommt dem Film nur zugute, dass an originalen Schauplätzen gedreht wurde. Für die bayrischen Alpen darf das österreichische Hochland herhalten, womit sich der Action-Thriller zumindest den Anschein von Authentizität sichern kann. Die verschneiten, schroffen Landschaftsbilder, die perfekt ausgewählte Burg und das alle Klischees erfüllende Alpendorf können sich sehen lassen. Ohne allzu viel kulissenbautechnischen Aufwand kreierten die Setdesigner eine der besten Szenerien für abenteuerliche Actionfilme überhaupt. Die stimmige Kameraführung und die fließende Schnittarbeit tragen erheblich zur gelungenen Atmosphärebildung bei und stellen das schneeüberdeckte, raue Setting im besten Licht dar. Musikalisch ist Komponist Ron Goodwin eine sehr passende Untermalung gelungen, welche die jeweilige Stimmung tadellos unterstreicht und fördert.

    Eine Qualität der Bruckheimer-Produktionen war zumindest bis zum umstritten besetzten King Arthur sehr häufig das gelungene Casting. Auch in diesem Fall können Parallelen gezogen werden. Denn Richard Burton und Clint Eastwood zusammen in Aktion zu sehen, macht, gerade dank ihrer charakterlichen Gegensätze, besonders viel Spaß. Sie stechen so ziemlich jeden modernen Actionfilmstar ohne weiteres aus und hätten einem Buddy Movie als Heldenduo gut zu Gesicht gestanden. Gerade Burton legt seine Rolle so geschickt aus, dass das Publikum zu zweifeln anfängt, auf welcher Seite er nun eigentlich steht. Da hält man sich als Zuschauer sogleich an den schweigsamen Eastwood, dessen Integrität zu keiner Sekunde angezweifelt werden muss. Es scheint fast so, als sei er als etwas moralischere Ausführung seiner Figur der Italo-Western-Dollar-Trilogie vom Poncho direkt in eine Uniform geschlüpft, ohne sich dabei im falschen Film zu wähnen. Feministen dürfen sich an starke Frauen und ebenso starke Darstellerinnen erfreuen, womit „Agenten sterben einsam“ wiederum so manchem modernen Pendant mehr als eine Nasenlänge voraus ist. Eine Erwähnung verdient noch Derren Nesbitt als klischeebeladener, fieser SS-Sturmbandführer Von Hapen, der seine Rolle mit soviel Inbrunst zum Besten gibt, dass der wählerische Zuschauer weder ihm, noch dem Film wirklich böse sein kann.

    Klischees bietet „Agenten sterben einsam“ zahlreiche, einige werden gebrochen, viele genüsslich überdehnt, wie im Falle von Sturmbandführer Von Hapen, sodass dem Film seine Schablonenhaftigkeit gar nicht übel genommen werden muss. Allzu ernst nimmt sich der Kriegs-Actioner in seinem Anspruch nämlich nicht, bietet Humor am Rande der (Selbst)Ironie und ist zu spannend inszeniert und zusammengestellt, um die Klischeehaftigkeit negativ in den Mittelpunkt rücken zu lassen. Mangelnde Kreativität kann Alistair MacLean auf jeden Fall nicht vorgeworfen werden. Und obgleich es am Ende ein bisschen konfus zu und her geht, ein schlüssiges Gesamtbild hinterlässt der Film nichtsdestotrotz. Insgesamt macht „Agenten sterben einsam“ als abenteuerlicher, actionbetonter Agentenfilm Spaß, unterhält sehr spannend und bietet genau das, was das Publikum von solch einem Film verlangt - und dies in höchstmöglicher Qualität. Da entpuppt sich auch die vermeintliche Überlänge von 158 Minuten nicht als Fallstrick, sondern als angenehm umfangreiche Tour de Force durch finstere Burggefilden und zerklüftete Winterlandschaften.

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