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    Tristan und Isolde
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Tristan und Isolde
    Von Daniela Leistikow

    Was passiert eigentlich mit Kostümen von Historienfilmen, nachdem die letzte Klappe gefallen ist? Kulissen werden ja gerne mal nach dem Dreh nahezu rituell verbrannt: Teils hat der Set-Designer selbst die Ehre, das Streichholz an seine Kreationen zu halten. Werden also auch die Kostüme dem Feuer übergeben? Schaut man sich das Liebesdrama „Tristan und Isolde“ an, vermutet man eher Kostüm-Recycling, als rituelle Verbrennung: Ist der Kopfschmuck von Isolde nicht auch schon auf dem Haupt von Diane Kruger in Troja zu sehen gewesen? Es wird wohl immer ein Rätsel bleiben.

    Weniger mysteriös ist der Plot des neuen Films von Regisseur Kevin Reynolds („Robin Hood – König der Diebe“, „Waterworld“). Mit dem Mythos von Tristan und Isolde ist fast jeder schon mal in Berührung gekommen – wenn auch auf unterschiedlichen Niveaus und in differierenden Versionen: Da wären zum einen die berühmte Oper von Richard Wagner, zum anderen der Schmachtfetzen „Tristan und Isolde – Eine Liebe für die Ewigkeit“ mit Ralf Bauer (Der alte Affe Angst) in der Hauptrolle. Der Konflikt jedenfalls ist auch in der Version von 2006, wenn man vom Fehlen des magischen Liebestranks absieht, derselbe geblieben.

    Tristan (als Junge gespielt von Thomas Sangster, Tatsächlich Liebe), von Kind an der geborene Krieger, wird nach dem Tod seiner Eltern, die bei einem Massaker der Iren an den britischen Stämmen umgebracht wurden, von Lord Marke (Rufus Sewell, Die Legende des Zorro) aufgezogen. Als Erwachsener plant Tristan (James Franco, Spider-Man), die Völker Britanniens unter der Führung seines Ziehvaters zu vereinen und so die Hegemonie der Iren über sein Land zu beenden. Bei einer Schlacht mit den irischen Truppen wird der junge Held jedoch von einer vergifteten Klinge verletzt und fällt in einen komatösen Schlaf. Seine Mitstreiter halten ihn für tot und bestatten ihn wie einen König: In einem Boot wird sein Körper in die ewigen Jagdgründe des Meeres geschickt und so ans irische Ufer, direkt in die Arme der irischen Prinzessin Isolde (Sophia Myles, Underworld: Evolution) getrieben, die ihn gesund pflegt, ihre wahre Identität jedoch verbirgt. Die beiden verlieben sich unsterblich, doch Tristan kann nicht im feindlichen Irland bleiben und so trennen sich die Wege der Liebenden. Zurück in Britannien wird der Todgeglaubte frenetisch umjubelt, aber das Gerede über Krieg und Taktiken füllt ihn nicht mehr aus. Er hat sein kriegerisches Herz an Isolde verloren...

    James Franco liefert als Tristan insgesamt eine gute schauspielerische Leistung ab, obwohl er es mit der Herzschmerz-bedingten Melancholie oft etwas übertreibt: Ständig steht er mit zusammengekniffen Augen irgendwo herum, so dass man ihn schütteln möchte, um ihm zu sagen: „Reiß dich mal ein bisschen zusammen, Mann!“ Außerdem erinnern Outfit und Frisur in manchen Szenen so sehr an Heath Ledger in Ritter aus Leidenschaft (wo Rufus Sewell übrigens auch den Bösewicht gab), dass man den Gedanken nicht los wird, Ledger hätte die Rolle vielleicht noch etwas besser gespielt. Für Sophia Myles ist die Figur der Isolde die erste Hauptrolle, die sie changierend zwischen verzehrender Leidenschaft und bohrendem Pflichtgefühl auf das Mitreißendste mit Leben füllt. Auch Rufus Sewell und David Patrick O’Hara verkörpern auf überzeugenden Art und Weise zwei Herrschertypen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch für eine wirklich facettenreiche Entwicklung der Charaktere außerhalb der Menage à trois bleibt in „Tristan und Isolde“ nur sehr wenig Zeit.

    Für den ausführenden Produzent Ridley Scott (Königreich der Himmel, Gladiator) war die Verfilmung der epischen Geschichte von Tristan und Isolde eine Herzensangelegenheit: Bereits seit 15 Jahren beschäftigt sich Scott mit dem Mythos, eigentlich mit dem Vorhaben, selbst Regie zu führen. Als dann das Drehbuch von Dean Georgaris („Lara Croft Tomb Raider – Die Wiege des Lebens“) kam, der um die Passion Scotts den Mythos betreffend wusste, musste nur noch der passende Regisseur gefunden werden. Am Ende der Suche nahm Kevin Reynolds auf dem Regiestuhl platz und setzte die Geschichte in düsteren Farben in Szene. Abseits der absurden Aussage, so das Finstere am „finsteren Mittelalter“ auf Film banne zu wolle, steht dieser Look „Tristan und Isolde“ ganz gut zu Gesicht, auch wenn die Düsternis die Monumentalität, die Historienfilme üblicherweise reizvoll macht, an vielen Stellen etwas ausbremst. Die Bösewichte, alias die Iren, tragen von Isolde abgesehen durchweg schwarze Kleidung. Doch auch die Kostüme für die Völker Britanniens zeichnen sich nicht gerade durch Farbenpracht aus. Da sieht sich so manches Auge vermutlich schneller satt, als es für den Unterhaltungswert des Films gut ist.

    Ebenfalls nur ein begrenzter Augenschmaus ist der Anblick der Sets, die zwar der düsteren Farbästhetik treu bleiben, aber mit der monumentalen Schönheit von Landschaftsbildern und Spielstätten aus Filmen wie der „Herr der Ringe“-Trilogie oder Stolz und Vorurteil einfach nicht ganz mithalten können. Gedreht wurde in Irland und der Tschechischen Republik, wobei besonders das irische Wetter die Aufnahmen erschwerte, was vermutlich das Filmen an so manchem schönen Ort vereitelt hat.

    Mit Massenschlachten à la Braveheart oder Troja kann man bei „Tristan und Isolde“ leider nicht rechnen. Es handelt sich ja um zahlenmäßig kleine Stämme und so sind die Gemetzel doch eher Scharmützel, die sich durch schnelle Schnitte auszeichnen. Manchmal erweckt die Schnitttechnik verwirrender Weise den Eindruck, dass etwas durch den Schnitt verborgen wurde, ein Zustechen, eine blutige Szene. Sowas ist zwar technisch legitim, aber wenn es gehäuft vorkommt, stört es die filmische Illusion! Man hat teils den Eindruck, dass etwas gefehlt hat in der Kontinuität des Bewegungsablaufs. Diese kleinen Ungereimtheiten sind wohl der kurzen Drehzeit und dem hohen Anspruch an den Kampfstil des Einzelnen bei einem kleinen Gefecht geschuldet.

    Eine Schlacht auf verlorenem Posten ist „Tristan und Isolde“ trotz der beschriebenen Schwächen nicht. Der Mythos, der älter als die Geschichte von Sir Lancelot und Lady Guinevere ist, wurde unter Vernachlässigung der magischen Elemente zeitgemäß adaptiert und die tragischen Verwicklungen auf plausible Weise durch menschliche Verhaltensweisen verdeutlicht, ohne zu melodramatisch zu werden. Die Menschen benehmen sich sehr erwachsen, ihre Handlungen sind für uns nachvollziehbar und nicht effekthascherisch überzeichnet. Alles in allem ist Tristan und Isolde ein unterhaltsamer Film, doch zum ganz großen Historien-Kino hat es leider nicht gereicht. Der Teufel steckt eben im Detail.

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