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    Revenge Of The Warrior
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Revenge Of The Warrior
    Von Björn Becher

    Anmerkung zur deutschen Fassung: Sowohl die folgende Kritik als auch die Bewertung mit 7 Punkten beziehen sich ausdrücklich auf die ungeschnittene thailändische Version des Films mit einer Lauflänge von 109 Minuten. Die Fassung, die der 3L-Filmverleih in die deutschen Kinos bringen wird, ist hingegen, wie es auch schon bei Ong-Bak der Fall war, erheblich geschnitten (in etwa 15 Minuten). Dabei wurden aber nicht die Martial-Arts-Kämpfe, sondern nur die Handlungssequenzen gekürzt, um den Film schneller zu machen. So ist die deutsche Version nicht nur unerträglich naiv synchronisiert, sondern auch noch ein unverständlicher, eigentlich nicht ansehbarer Flickenteppich, der mit maximal noch drei Punkten gut bedient wäre.

    Beinahe hätte man mal wieder eine der klassischen Marketingmaßnahmen deutscher Filmverleiher miterleben dürfen. Früher gab es die unzähligen Django-Filme, obwohl der Hauptcharakter oftmals nicht einmal Django hieß und auch sonst nichts mit der von Franco Nero im Original gespielten Figur gemein hatte. Dann wurde mal der John Woo Film „Just Heroes“ in Deutschland einfach „Hard Boiled 2“ genannt, obwohl er kein Sequel zu Woos Actionorgie ist, einen völlig anderen Inhalt hat und sogar Jahre vorher gedreht wurde. Unter dem Titel „Ong-bak 2“ wollte man nun das neuste Actionabenteuer der Martial Arts Hoffnung Tony Jaa in die deutschen Kinos bringen, sichtlich in der Hoffnung von den Lorbeeren und dem Fanpotential von Ong-Bak zu profitieren. Erst einige Fanproteste und vor allem auch die Tatsache, dass Tony Jaa nun wirklich an einem Sequel zu Ong-Bak arbeitet, ließen den deutschen Filmverleih umdenken.

    “Revenge of the Warrior - Tom Yum Goong” heißt der Film nun in Deutschland, der Vergleich mit Ong-Bak drängt sich natürlich trotzdem zu jedem Zeitpunkt auf, nicht nur da die Macher dieselben sind, sondern da auch die Geschichten sich sehr gleichen. Wieder spielt Tony Jaa einen einfachen Jungen vom Lande. Kham lebt schon von klein auf mit dem Elefanten Boai zusammen, der für ihn mehr als ein Spielgefährte ist. Eines Tages verliebt sich Boai in eine Elefantendame und die beiden bekommen Nachwuchs. Doch Wilderer machen Jagd auf Elefanten, zerreißen die junge Familie, in dem sie die Mutter töten. Einige Zeit später versuchen die Wilderer erneut, die Elefanten zu stehlen. Diesmal gelingt es ihnen, sie entführen Boai und seinen Sohn. Khams Vater wird dabei niedergeschossen. Kham selbst war im entscheidenden Moment unachtsam. Für Kham ist klar, dass er alles versuchen wird, seinen „Bruder“ und dessen Vater wieder zu finden. Nachdem er die thailändischen Hintermänner vor Ort verprügelt hat, zeigt sich eine Spur nach Australien, zum thailändischen Restaurant Tom Yum Goong mitten im asiatischen Viertel von Sydney.

    Dort sucht Kham einen Mann namens Johnny (Johnny Nguyen), scheinbar der Hintermann der Entführung. Doch erst einmal schlittert er in einen Fall von korrupten Polizisten, die ihrem ehrlichen Kollegen Inspector Mark (Petchtai Wongkamlao) einen Mord anhängen und die Prostituierte Pla (Bongkoj Khongmalai), welche als einzige Inspector Mark entlasten könnte, beseitigen wollen. Schnell zeigt sich aber, dass beide Fälle zusammenhängen und Kham kann sich Johnny endlich entgegenstellen. Doch der entpuppt sich als ebenbürtiger Martial-Arts-Experte und hat mit Kämpfern wie dem Hünen TK (Nathan Jones) oder einem Capoeira-Experten (Lateef Crowder) noch einige Trümpfe in der Hinterhand…

    Eigentlich ist es schon recht dreist, dass Regisseur und Drehbuchautor Prachya Pinkaew (in gleicher Funktion auch bei Ong-Bak tätig) gemeinsam mit Kollege Kongdej Jaturanrasamee dem Zuschauer ein zweites Mal fast dieselbe Geschichte verkaufen will. Diesmal ist Tony Jaas Charakter zwar nicht so zivilisationsfremd, als dass er aufgrund der abgeschotteten Jugend in einem Dorf sich erst einmal in einer Stadt zu Recht finden müsste. Dieser Effekt wird aber durch die Hintertür wieder eingeführt, in dem man das Setting nach Australien verlegt und Protagonist Kham sich in der Metropole Sydney ohne Englischkenntnisse bewegen muss. Im Mittelpunkt des Interesses stand in Ong-Bak der Kopf einer Buddhastatue, diesmal sind es zwei lebende Elefanten. Immerhin hat man die Geschichte noch um den Nebenhandlungsstrang mit den korrupten Polizisten erweitert.

    Das macht zwar nicht viel her und sorgt beileibe nicht dafür, dass Freunde ausgeklügelter Plots, die Ong-Bak mangels Story nicht mochten, nun zu Fans von „Tom yum goong“ werden, doch es ist ein erster Fingerzeig für den Fortschritt. „Tom yum goong“ ist nämlich in allen Bereichen die Weiterentwicklung von Ong-Bak, die nächste Stufe des erfolgreichen Konzepts.

    Das kann man an vielen Punkten festmachen. Offensichtlich hatten Regisseur Prachya Pinkaew und sein Hauptdarsteller Tony Jaa nach dem Erfolg ihres Durchbruchfilms ein größeres Budget zur Verfügung. Das macht sich natürlich positiv bemerkbar, vor allem da man trotzdem nicht seine Wurzeln vergessen hat. „Tom yum goong“ bietet wieder handgemachte Action satt, zahlreiche Kämpfe ohne Netz und doppelten Boden und beeindruckende Einlagen von Hauptdarsteller Tony Jaa. Wenn er sich in einer über vier Minuten dauernden Sequenz, die ohne einen einzigen Schnitt (!) gedreht wurde, durch mehrere Etagen eines Gebäudes kämpft, dann bleibt einem am Ende nur der Mund offen stehen. Das ist einfach nur beeindruckend und zeigt warum Tony Jaa die große neue Hoffnung des Martial Arts ist.

    Gerade beim Hauptelement der Filme, den Kämpfen, ist der Fortschritt zu besonders deutlich zu bemerken. Hat Tony Jaa in Ong-Bak durchweg einen Kampfstil angewendet, variiert er jetzt deutlich stärker, was die Kämpfe noch abwechslungsreicher macht. Zudem dürften sich Freunde der härteren Kost freuen. In Ong-Bak war Jaas Kampfstil zu Beginn sehr defensiv. Sein Charakter kämpfte nur zur Verteidigung, versucht den Kämpfen erst einmal aus dem Weg zu gehen und Gegner nur kampunfähig zu machen, nicht schwer zu verletzen. Diesmal ist sein Charakter auf einem wütenden Rachefeldzug. Das zeigt sich schon bei den ersten großen Kampfszenen, wenn Kham – noch in Thailand – im örtlichen Mafiabüro aufräumt. Da knacken die Knochen und auch das Blut spritzt an der einen oder anderen Stelle. Was sich am Ende von Ong-Bak angedeutet hat, ist nun also Gewissheit geworden: „Tom yum goong“ ist die endgültige Rückkehr zum schonungslosen und harten „Oldschool“-Martial-Arts früherer Jahre. Weichgespülte Kämpfe für ein Publikum ab 12 Jahren - wie in vielen amerikanischen Martial Arts üblich – sucht man hier vergeblich.

    Abgerundet wird die imposante Action durch einen viel ruhigeren Beginn. Die Elefanten werden stark vermenschlicht, was zwar sehr kitschig ist, aber nichtsdestotrotz für einige schöne und amüsante Szenen sorgt. Dazu gibt es noch eine Botschaft, die jedem, der sie zwischen den Zeilen nicht mitbekommen hat, am Ende noch einmal deutlich gesagt wird. Man soll die Tiere in ihrem angestammten Lebensraum in Ruhe leben lassen.

    Einziger kleiner Rückschritt von „Tom yum goong“ gegenüber Ong-Bak ist die Komik. Petchtai Wongkamlao, der komische Sidekick aus Ong-Bak spielt hier zwar wieder eine sehr wichtige Rolle und sein Charakter ist in ein paar Szenen auch ein wenig trottelig, aber trotzdem deutlich ernster als in der vorangegangen Produktion. Das Einstreuen von Klamauk beschränkt sich hier auf wenige Szenen, die kurz zwischen der harten und ernsten (aber trotzdem unterhaltsamen) Action auflockern. Ein getürkter „Cameo“-Auftritt von Jackie Chan (absolviert von einem unbekannten Look-A-Like) sorgt auch noch für einen kleinen Schmunzler.

    Wer sollte also ins Kino gehen? Diese Frage kann man so eindeutig wie selten beantworten. Wer Ong-Bak mochte, kommt um einen Kinobesuch nicht herum, denn er wird das neuste Tony Jaa Abenteuer dank des Fortschritt und trotz des nahezu gleichen Plots lieben. Für Fans des harten Martial Arts wird dieser Film sowieso zusammen mit „Born to fight“, ebenfalls einem Actioner aus Thailand, das Kinohighlight des Jahres werden. Wer schon Ong-Bak als stumpfsinniges Rumgekloppe vor fadenscheiniger Story abgetan hat, braucht gar nicht erst mit dem Gedanken eines Kinobesuches zu spielen. Er wird auch „Tom yum goong“ nicht viel mehr abgewinnen können.

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