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    Schneller als der Tod
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Schneller als der Tod
    Von Björn Helbig

    Nach dem Abschluss der „Tanz der Teufel“-Reihe durch das Gag-Feuerwerk Armee der Finsternis und seinem darauf folgenden Ausflug ins Superhelden-Genre (Darkman) war für Sam Raimi die Zeit gekommen, sich einmal des Westerns anzunehmen. Unter dem Titel „Schneller als der Tod“ kam der mit Zitaten und feinen Ideen vollgepackte Film, in dem Sharon Stone eine Revolverheldin mit Rachegelüsten spielt, 1995 in die Kinos. Gerechnet hat sich der reizvolle Film leider nicht. Von den 32 Millionen US-Dollar Produktionskosten spielte er in den USA gerade mal gut die Hälfte wieder ein.

    Jährlich findet in Redemtion ein Duell-Wettbewerb statt. Veranstalter ist der tyrannische Bürgermeister John Herod (Gene Hackman). Eine wilde Mischung von Revolver-Helden aus dem ganzen Land reist dazu in die kleine Stadt. Mit dabei: der schwedische Champion (Sven-Ole Thorsen), ein Abenteurer (Keith David) und ein Priester (Russell Crowe). Auch Herods Sohn (Leonardo DiCaprio) macht mit. Und dann wäre da noch die geheimnisvolle Revolverheldin Ellen (Sharon Stone). Alles läuft in für ein Duell-Wettbewerb geordneten Bahnen, doch als Herod erfährt, dass die Dorfbewohner einen Kopfgeldjäger gemietet haben, der ihn umbringen soll, werden die Regeln geändert: „Auf Leben und Tod“, heißt es nun.

    Über hundert Jahre sind seitdem vergangen, als 1903 mit „Der große Eisenbahnraub“ der erste Western in die Kinos kam. Und in dieser Zeit wurden wahrlich viele Filme dieses Genres gedreht! Durch seine sehr festgelegte Struktur und den daraus resultierenden begrenzten Möglichkeiten, wurde der Western schon mehrere Male totgesagt. Doch Totgesagte leben ja bekanntlich am längsten. Neue Impulse kamen Anfang der siebziger Jahre z.B. durch den Spät- und Italowestern oder jüngst durch Filme wie Der mit dem Wolf tanzt, Erbarmungslos oder auch Dead Man. Auch Sam Raimis „Schneller als der Tod“ sollte als cineastische Verjüngungskur dieses Genre betreffend angesehen werden.

    Wenn Clint Eastwoods „Erbarmungslos“ der Versuch ist, den Western durch Mund-zu-Mund-Beatmung wiederzubeleben, dann ist „Schneller als der Tod“ die Adrenalinspritze direkt ins Herz. Schon die Grundidee ist herrlich abgefahren. Ein Duell-Wettbewerb? Klar! Und bei Raimi ist natürlich noch viel mehr drin. Das beste Argument für den Film sind die originellen Figuren, die der Regisseur gegeneinander antreten lässt. Ein „Bloodsport“ des Wilden Westens sozusagen. Herrlich z.B. der damals noch unbekannte Russell Crowe (Gladiator, Insider) als falscher Priester Cort, welcher als Herods Gefangener immer in Ketten auf den Schießplatz geführt werden muss. Auch großartig – Leonardo DiCaprio (Catch Me If You Can) als „The Kid”: „I'm so damned fast I can wake up at the crack of dawn, rob two banks, a train and a stage coach, shoot the tail feathers off a duck's ass at 300 feet, and still be back in bed before you wake up next to me.” Und natürlich last but not least Gene Hackman (French Connection) als fieser Bürgermeister Harod: „This is my town! If you live to see the dawn, it's because I allow it. I'm in charge of everything! I decide who lives or who dies!” Da kann Sharon Stone (Basic Instinct) gar nicht mithalten. An sich ist die Idee, die Erwartungen gegen den Strich zu bürsten und den Rächer einmal weiblich sein zu lassen, natürlich toll, aber die Schauspielerin scheint mit ihrer Rolle als schöne Rächerin nicht ganz warm geworden zu sein.

    Ein weiterer Minuspunkt: Die einzelnen Szenen und markigen Dialoge haben es zwar in sich, aber im Großen und Ganzen gibt es in „Schneller als der Tod“ zu wenig Überraschungen. Ellen: „I'm gonna kill you if I have to ride all the way to hell to do it.” John Herod: „Do you have some particular problem with me?” – Ja, irgendein Problem wird Ellen schon mit Herod haben. Aber so spannend ist ihr Geheimnis, das ganz im Stile von Spiel mir das Lied von Tod inszeniert wird, nun auch wieder nicht. Jedenfalls nicht so, dass es sich als Zugpferd für den ganzen Film erweisen würde. Im Detail zwar äußerst originell, ist der Film vom Rahmen her doch ein bisschen zu einfach geraten. Dafür entschädigen aber wieder Raimis bemerkenswerte Inszenierung und die filmischen Mittel, die zu seinem Markenzeichen geworden sind: Bildmontagen, Zeitlupen und natürlich nicht zuletzt die Ego-Perspektive (lange vor Doom) sich schnell bewegener Objekte. Wobei es sich in diesem Fall natürlich um Revolverkugeln handelt. Mit „Schneller als der Tod“ ist Sam Raimi so ein weiteres Mal ein feiner Film geglückt, der – wenn auch vom Durchschnittspublikum nicht richtig angenommen – aus der Masse heraus sticht. Dass er hier aber noch nicht alle Register seines Könnens gezogen hatte, sollte Raimi mit seinem Folgewerk Ein einfacher Plan unter Beweis stellen.

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