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    Die Schwester der Braut
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Die Schwester der Braut
    Von Martin Soyka

    Wenn man an den Namen George Cukor denkt, fällt einem unwillkürlich dessen Geniestreich „My Fair Lady“ ein, aber in seiner Vita finden sich noch andere Werke, die sich wahrlich nicht verstecken müssen. Hierzu zählt auch sein Frühwerk, die Komödie „Die Schwester der Braut“ aus dem Jahr 1938, das Cary Grant und Katherine Hepburn ebenso jung und knackig wie spielfreudig zeigt.

    Der junge Johnny (Cary Grant) kehrt vergnügt von seinem ersten echten Urlaub aus Aspen zurück. Dort hat er die junge Julia (Doris Nolan) kennen und lieben gelernt und sofort um ihre Hand angehalten. Binnen zwei Wochen soll die Hochzeit stattfinden, klare Sache, da wird nicht lang gefackelt. Als Johnny die Angebetete zu Hause besucht, muss er erstmal den Mund zu bekommen: Allein die Eingangshalle des Elternhauses ist nur unwesentlich kleiner als die New Yorker Grand Central Station. Ohne es zu merken, hat sich Johnny eine der begehrtesten Junggesellinnen der ganzen Stadt geangelt, Julia Seton, Sprössling einer Dynastie von Hochfinanzjongleuren. Johnny, durch und durch seiner niederen Herkunft verhaftet und stolz darauf, sich einige Stufen der Nahrungskette mit eigenen Händen emporgearbeitet zu haben, gibt sein Bestes, sich anzupassen. Die einzige, die außer Julia von ihm begeistert ist, ist deren Schwester Linda (Katherine Hepburn), aufgrund ihrer liberalen Ansichten das schwarze Schaf der Familie. Doch je mehr Johnny von dem gehobenen Lebensstil vereinnahmt wird, desto größer wird die Distanz zu seiner Verlobten, ganz im Gegensatz zu deren Schwester….

    „Die Schwester der Braut“ kann auf mehrere Arten genossen werden. Zunächst als Screwball-Comedy, doch in dieser Hinsicht will und kann der Film nicht richtig funktionieren. Bei dieser Art von Komödien geht es darum, dass sich ein ungleiches Paar streitet und neckt, bis es sich endlich kriegt. Damit kann der Film aber nicht dienen, zu offensichtlich ist es, dass Johnny und seine Verlobte nicht füreinander bestimmt sind, zu gut verstehen sich Johnny und Linda. Der Film geht auch nicht wirklich als ernsthafte Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Lebensstilen (Hemdsärmeligkeit versus gehobener Lebensstil) durch. Dafür ist er schlicht und ergreifend nicht tiefgründig genug. Am besten funktioniert der Film als Gesellschaftskomödie, wie sie heute nicht mehr produziert wird. Die verschiedenen Welten des Kleinbürgertums und der Hochfinanz prallen aufeinander, dass es eine Freude ist. Besonders ulkig wird es, wenn die Freunde Johnnys (Jean Dixon, Edward E. Horton) ins Haus der Setons zur Verlobungsfeier einchargieren. ER wird zusammen mit seinen ausgetretenen Überschuhen seinen Smoking-Lackschuh los, während SIE sich nicht zu fein ist, über ihre Laufmaschen zu lamentieren.

    „Die Schwester der Braut“ basiert auf einem Theaterstück und das kann und will der Film auch nicht verbergen. Praktisch die gesamte Handlung findet im Haus der Setons statt, nur selten wird der Film „gelüftet“. Bemerkenswert ist, dass vor allem die Nebenfiguren für Amüsement sorgen. Da sind der alte Patriarch, der gelangweilt trinkende Bruder und die schrulligen Freunde Johnnys, flankiert von den herrlich snobby rüberkommenden Mitgliedern der oberen Zehntausend. Katherine Hepburn glänzt diesmal nicht als überkandidelte, sondern vielmehr als übersensible Schwester der Braut, Cary Grant ist naiv wie der sprichwörtliche Hans im Glück. Und ihre artistischen Einlagen sind durchaus den einen oder anderen Blick wert.

    Aber irgendwie muss der Film im direkten Vergleich mit dem unsterblichen Komödien-Kracher „Leoparden küsst man nicht“ aus demselben Jahr dann doch Federn lassen. Nicht hoch genug ist das Tempo, nicht amüsant genug sind die Verwicklungen, zu wenig äußere Handlung, zu viel innere Zerrissenheit. Umgekehrt kann man durchaus darüber staunen, dass Johnny Träume hegt, die 30 Jahre nach der Uraufführung auf einmal brandaktuell wurden: Aussteigen, das Leben genießen so lange man jung ist und erst im Alter arbeiten. In den Tag hinein leben. Insofern ist das Gedankengut des Films seiner Zeit voraus, ja sogar unsterblich und es verwundert nicht, dass das zugrunde liegende Theaterstück auch heute noch aufgeführt wird. Manche Themen verwittern eben nicht, sie setzen höchstens Patina an.

    Insgesamt ist der Film genau das Richtige für einen grauen Sonntagnachmittag, den man gern mit einem gut abgehangenen Klassiker verbringt.

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