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    The Last Shot
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    The Last Shot
    Von Christoph Petersen

    Man mag es kaum glauben, aber Jan de Bonts Action-Wrack „Speed 2“, die vielleicht größte Blockbuster-Katastrophe der 90er, und Steven Spielbergs Meisterwerk Catch Me If You Can, die wahrscheinlich beste Big-Budget-Komödie der letzten fünfzehn Jahre, haben tatsächlich etwas gemeinsam. Und diese Gemeinsamkeit ist nicht einfach nur der dritte Statist von links, sondern Drehbuchautor Jeff Nathanson, der neben diesen beiden qualitativ grundverschiedenen Filmen auch noch die Bücher zu Terminal, Rush Hour 2 und dem kommenden Rush Hour 3 geschrieben hat. Nathanson kennt also die Aufs und Abs einer typischen Hollywood-Karriere aus eigener Erfahrung und sollte damit eigentlich der perfekte Mann für eine zynische Satire auf die Abgründe der unmenschlichen Traumfabrik sein. Und wirklich ist sein Skript zur beißend schwarzhumorigen Hollywood-Abrechnung „The Last Shot“ herrlich böse geraten. Aber dass Nathanson sich hier nicht ausschließlich aufs Schreiben beschränkt, sondern sich zusätzlich auch noch als Debütregisseur versucht, stellt sich im Nachhinein leider als schmerzhaftes Manko heraus.

    Um den Mafia-Paten Tommy Sanz (Tony Shalhoub) endlich hinter Gitter zu bringen, beschließt FBI-Agent Joe Devine (Alec Baldwin) als Hollywood-Produzent Undercover zu gehen. So soll Tommy auf frischer Tat dabei überführt werden, wie er Bestechungsgelder für die Trucker-Gewerkschaft, die bei allen Dreharbeiten ihre Finger im Spiel hat, einstreicht. Um die Sache glaubhafter zu machen, holt Joe den Regie-Loser Steven Schats (Matthew Broderick) mit ins Boot, dem er eine Million Dollar für die Verfilmung seines Drehbuchs um eine auf der Suche nach ihren indianischen Wurzeln durch die Wüste wandernde Krebspatientin verspricht. Als die passenden Kulissen gefunden sind und das verstoßene Hollywood-Sternchen Emily French (Toni Collette) ihr ernsthaftes Interesse an der Hauptrolle bekundet hat, nehmen die Dreharbeiten nach und nach immer konkretere Formen an. Und spätestens als Joe von seinen FBI-Bossen einen Three-Pictures-Deal angeboten bekommt, wird klar, dass die meisten Beteiligten schon lange von einem unheimlichen Film-Fieber gepackt wurden und der blöde Mafia-Coup nahezu vergessen ist…

    Dass Nathanson tatsächlich einen solch beeindruckenden Cast für sein Regie-Debüt zusammentrommeln konnte, dürfte zum großen Teil seinen vorangegangenen Drehbuch-Credits zu verdanken sein. Trotzdem muss man sich eigentlich vor Lob für die extrem eindringlichen Darstellungen nahezu überschlagen. Alec Baldwin (Pearl Harbor, The Cooler) bleibt da als undurchsichtiger Agent und vernarrter Produzent fast noch am blassesten, während Matthew Broderick (Die Frauen von Stepford) hier schon komplett seine Rolle aus The Producers vorwegnimmt, wobei seine Figur in „The Last Shot“ ohne den Gesang noch komischer ist. Die Auftritte der Nebendarsteller sind ebenso ausschweifend absurd wie abwechslungsreich. Egal ob Calista „Ally McBeal“ Flockhart („Ein Sommernachtstraum“) als hysterische Hochschlaf-Freundin, Tony „Monk“ Shaloub (Galaxy Quest, Leben oder so ähnlich) als filmverliebter Gangster, Tim Blake Nelson (The Big White, Minority Report) als durchgeknallte Western-Attraktion oder Ray Liotta (Blow, Identität) als eiskalter FBI-Schnüffler – keine der kleinen, aber eindrucksvollen Performances wird man allzuschnell vergessen.

    „Ich habe zwei Mal versucht mich umzubringen - einmal in der Badewanne und einmal in der Schweiz.“ Und das ist noch eines der harmloseren Zitate aus einem bissigen Monolog, den Toni Collette (The Sixth Sense, In den Schuhen meiner Schwester) als gefallener Hollywood-Engel gegen die Traumfabrik schmettert. Man muss neidlos anerkennen, dass Nathanson äußerst geschickt mit den gepfefferten Spitzen gegen seine Brötchengeber umzugehen versteht – kaum eine Pointe verfehlt ihr Ziel. Und auch wenn diese in dem angesprochenen Restaurant-Monolog, während dem Emily auch noch für einen Drogentest unter dem Tisch in ein Sektglas pinkelt, naturgemäß gehäufter als im Rest des Films vorkommen, sind die gekonnt schwarzhumorigen Gags doch in Massen über die gesamte Laufzeit verstreut – nur der leicht aufgesetzte Schluss, den man lieber komplett hätte weglassen sollen, lässt die notwendige Konsequenz vermissen und kommt viel zu kraftlos daher.

    Wenn man unbedingt will, könnte man sich Nathansons Regie-Stil schönreden, indem man von einer kontrolliert zurückhaltenden Inszenierung spricht, die den Darstellern und den Dialogen genug Platz zum Atmen lässt. Viel eher sollte es aber wohl heißen, dass die auf Dauer ziemlich einfallslose Inszenierung einfach viel zu uninteressant und bieder für das ansonsten wunderbar absurde Geschehen auf der Leinwand geraten ist. Kommt die Titelsequenz zu Beginn noch ausgesprochen phantasievoll, nahezu filmisch dekadent daher, werden die szenischen Ideen im Verlauf des Films immer rarer, in der zweiten Hälfte muss man dann sogar nahezu komplett auf sie verzichten. So bleibt als vorsichtig positives Fazit: Inhalt – bis auf das zu versöhnliche Ende – absolut top! Form – nicht nervend, aber auch nie wirklich auffallend – eher ein Flop!

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