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    Triangle
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Triangle
    Von Christian Horn

    Die Ausgangslage klingt vielversprechend: Mit Tsui Hark, Ringo Lam und Johnnie To haben sich drei Urgesteine des Hongkong-Kinos zusammengetan, um gemeinsam einen Thriller zu drehen. „Triangle“ heißt das Projekt, bei dem mit Simon Yam (Election) auch ein begabter Darsteller mit Starqualitäten an Bord ist. Die drei Regisseure haben die Episoden nacheinander und mit einer jeweils eigenen Crew gedreht. Hark legt den Grundstein, Lam führt die Geschichte weiter und To bringt sie zum Abschluss. Jede der halbstündigen Episoden hat eine eigene Perspektive, was den Film einerseits bereichert, ihn andererseits aber auch ein wenig zerfasern lässt. Da die einzelnen Teile im Film nicht durch Schwarzblenden oder Zwischentitel getrennt sind, wirkt „Triangle“ streckenweise inkonsistent – klar: Jeder der drei Regisseure hat ein anderes Interesse an den Figuren und der Geschichte, weshalb es nur einen mehr oder weniger dünnen roten Faden gibt. Insgesamt ist den drei Filmemachern aber dennoch ein überzeugender Thriller gelungen: kein Meisterwerk, aber auch keine Enttäuschung.

    Der Plot dreht sich um drei ziemliche Versager: Sam (Simon Yam), Fai (Louis Koo) und Mok (Sun Hong Lei) sind verarmte Existenzen aus der unteren Mittelklasse, die sich regelmäßig einen hinter die Binde kippen. Als sie mal wieder in einer Kneipe hocken, gesellt sich ein Fremder zu ihnen und erzählt von einem Goldschatz, der unter dem Parlamentsgebäude vergraben liegen soll. Als eindrucksvollen Beweis schleudert er einen Klumpen Gold auf den Tisch. Als die drei wenig später erfahren, dass der mysteriöse Fremde tot ist, beschließen sie, sich das Gold unter den Nagel zu reißen. Doch die Lage ist kompliziert. Sams Frau hat eine Affäre mit einem Polizisten, der Sam überwachen lässt, um zu verhindern, dass der gehörnte Ehemann von der geheimen Liebschaft Wind bekommt. Und dann gibt es da noch Wais Kumpels, ein paar zwielichtige Gangstertypen, die auch gerne etwas von dem Gold abhätten. Zu guter Letzt sind sich auch die drei Saufkumpane nicht wirklich einig. Eigentlich hätte jeder den Schatz gerne für sich alleine…

    Versuchung

    Die Inszenierung des ersten Drittels hat Tsui Hark übernommen. Als Regisseur, Produzent und Gelegenheitsschauspieler hat dieser das Gesicht des Hongkong-Kinos vor allem in den Achtzigern und frühen Neunzigern maßgeblich geprägt. John Woos Actionballaden (etwa A Better Tomorrow) und die wegweisende Fantasy-Reihe A Chinese Ghost Story sind von Hark produziert. Wenn er selbst auf dem Regiestuhl Platz nimmt, ist das mal mehr (Once Upon A Time In China) und mal weniger erfreulich (A Better Tomorrow 3). Kurz vor der Rückgabe Hongkongs an China 1997 ist Hark wie viele seiner Kollegen nach Hollywood gegangen, wo er etwa den schwachen Jean-Claude-Van-Damme-Actioner „Knock Off“ abdrehte, um sich dann wieder Richtung Hongkong zu orientieren. Sein Stil ist vielseitig, als gemeinsamer Nenner seiner Werke lässt sich der Einsatz von schnellen Schnitten und High-Speed-Kameraschwenks ausmachen. Insgesamt sind seine Filme meistens recht hektisch inszeniert (prototypisch dafür steht „Peking Opera Blues“). Dies gilt auch – zumindest teilweise – für seine „Triangle“-Episode. Mit dem programmatischen, im Film nicht eingeblendeten Titel „Temptation“ (Versuchung) überschrieben, skizziert Hark in der ersten halben Stunde die Ausgangslage. Die Titelgebende „Versuchung“ ist natürlich das Gold, das der Fremde den Kneipenbrüdern verspricht. Bereits in diesem Teil wird die auch später beibehaltene dunkle Grundstimmung des Films entwickelt, die sich in den Figuren und deren Beziehung zueinander, aber auch in der lichtarmen Bildgestaltung niederschlägt. Ein wenig Humor blitzt hier und da auch auf, denn der darf bei Tsui Hark natürlich nicht fehlen.

    Eifersucht

    Im fließenden Übergang schließt sich Ringo Lam an, der – wie Tsui Hark – vor allem in den Achtzigern die Hongkonger Kinolandschaft prägte. Mit City On Fire schuf er einen Klassiker, mit dem er seine Idealvorstellung von Kinofilmen, die sich seiner Ansicht nach zwischen Kunst und Kommerz bewegen sollten, realisiert hat. Auch Lam, der (von einigen Geistesblitzen abgesehen) nicht gerade als Garant für gutes Kino gilt, ist nach Hollywood gegangen, um dort so miserable Filme wie „Maximum Risk“ zu drehen. In seiner „Triangle“-Episode, die den Titel „Jealousy“ (Eifersucht) trägt, hat er allerdings vieles richtig gemacht: Hier weiß sein klarer, realistischer Stil ohne Schnörkel und Spielereien zu gefallen. Eine wilde Autofahrt ist der erste Action-Höhepunkt des Films, der ansonsten recht ruhig ist. Der Fokus liegt in diesem Abschnitt auf der Eifersucht, also auf der Affäre zwischen Sams Frau und dem Polizisten. Zwischendurch wird auch der Schatz gefunden, was Regisseur Lam seltsamerweise aber nur am Rande zu interessieren scheint. Die Folge sind einige Unklarheiten bezüglich der Bergungs-Aktion.

    Schicksal

    Johnnie To bringt die Geschichte schließlich zu einem furiosen Abschluss. To ist der wohl bedeutendste und vielseitigste Hongkong-Regisseur der Gegenwart, was daran liegt, dass er die Stadt 1997 als einer von wenigen Top-Filmemachern nicht verlassen hat und außerdem einen Inszenierungsstil verfolgt, der ebenso unberechenbar wie präzise ist. To dreht Thriller (The Mission), Dramen („Where A Good Man Goes“) und Komödien (The Sparrow), deckt also ein breites Feld ab. So verwundert es nicht, dass seine Episode insgesamt am stimmigsten ist. Größtenteils in einem verlassenen Lagerhaus verortet, führt To hier alle Figuren und Handlungsfäden zusammen. Er erntet die zuvor ausgesäten Früchte, präzisiert sie und fügt eigene hinzu. Seine Inszenierung ist am ehesten mit der von Ringo Lam zu vergleichen, wenn sie auch wesentlich ruhiger und zurück genommener ist.

    Fazit: Alles in allem ist „Triangle“ ein spannender Film. Die erzählerischen Brüche sind der experimentellen Ausgangslage geschuldet und in diesem Zusammenhang eher interessant als störend. Leider sind die Episoden nicht scharf voneinander getrennt und es braucht schon ein geschultes Auge, um zu erkennen, an welchen Stellen der Regiestuhl gewechselt wurde. Dabei ist gerade die Arbeitsweise das Innovative an dem Film. Durch die verschiedenen Stile und Sichtweisen wird deutlich, dass man eine Geschichte auf unendlich viele Weisen erzählen kann. Und daher kommt es vor allem darauf an, wie erzählt wird - und in dem Zusammenhang auch von wem. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die besondere Idee hinter dem Projekt im Film mehr Niederschlag gefunden hätte. Wer sich vorher nicht informiert, bekommt so gar nicht mit, welch außergewöhnliches Konzept eigentlich hinter dem Thriller steht.

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