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    The Snake
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    The Snake
    Von Christoph Petersen

    Ein Mann, der sich zunächst als Helfer in der Not in das Leben eines anderen einschleicht, nur um dieses dann systematisch zu zerstören, ist sicherlich nicht gerade die allerneuste Idee für einen Kinofilm. So lieferte Dominik Moll mit „Harry meint es gut mit dir“ schon im Jahr 2000 eine wunderbar doppelbödige, französische Thriller-Version dieses Themas ab. Und auch Jonathan Kaplans „Fatale Begierde“ mit Kurt Russell und Ray Liotta, Curtis Hansons „Todfreunde - Bad Influence“ mit Rob Lowe und James Spader sowie zuletzt die weibliche Variante Das Mädchen, das die Seiten umblättert fischten bereits in diesen Gewässern. Dennoch wirkt Eric Barbiers Psycho-Thriller „The Snake“, der nun einmal mehr auf ganz ähnlichen Pfaden wandelt, keinesfalls ausgelutscht, sondern kommt im Gegenteil sogar überraschend fingernägelkauend-spannend daher. Und dies ist wohl in erster Linie dem hervorragenden Darsteller-Duo Yvan Attal und Clovis Cornillac zu verdanken. Der abgrundtiefe Hass, den die beiden von der Leinwand ausstahlen, wird im Zuschauerraum geradezu greifbar. Für alle Freunde von konsequent-perfiden Thriller-Vergnügen und für alle Fans des französischen Kinos bleibt „The Snake“ so trotz einem leichten Hang zur Formelhaftigkeit ein sicherer Tipp aus dem Programm des FantasyFilmFest 2007.

    Einst hatte Vincent (Yvan Attal) großes Glück, als er mit Hélène (Minna Haapkylä) nicht nur eine wunderschöne Frau, sondern auch die Tochter eines der reichsten Männer Europas geheiratet hat. So bekam er die Chance, sich mit dem Geld seines Schwiegervaters als erfolgreicher Modefotograf zu etablieren. Doch nun wendet sich Vincents Schicksal offenbar. Die Ehe mit Hélène ist mittlerweile nicht mehr als ein Scherbenhaufen, es tobt eine Sorgerechts-Schlammschlacht um die beiden gemeinsamen Kinder, und dann beschuldigt ihn das Model Sofia (Olga Kurylenko) auch noch zu unrecht, sie vergewaltigt zu haben. Als Sofia bei einer Aussprache versehentlich die Treppe hinunterstürzt und dabei ums Leben kommt, scheint Vincents Glück für kurze Zeit zurückzukehren. Sein alter Schulfreund Plender (Clovis Cornillac), den er erst am Abend zuvor zufällig wiedergetroffen hat, kümmert sich unaufgefordert um die Entsorgung der Leiche. So vollkommen uneigennützig ist Plenders Tat dann aber doch nicht. Zunächst erpresst er Vincent nur um einen Haufen Geld, doch dann tauchen im Umfeld des Fotografen immer mehr Leichen auf, und Vincent muss sich plötzlich nicht mehr nur mit seinem diabolischen Jugendkumpel auseinandersetzen, sondern auch vor der Polizei fliehen...

    Das Drehbuch von „The Snake“ basiert auf dem Roman „Plender“ von Ted Lewis, welcher mit seinem Buch „Jack’s Return Home“ auch schon die literarische Vorlage für den britischen Gangster-Kult Get Carter mit Michael Caine (und somit auch für dessen Remake mit Sylvester Stallone) lieferte. Bereits 1971 erschienen, dauerte es somit stolze 35 Jahre, bis der Stoff nun auch den Weg auf die große Leinwand fand. Ob es nun unbedingt zwingend nötig war, den Roman nach so langer Zeit fürs Kino wieder auszugraben, darüber lässt sich sicherlich trefflichst streiten. Immerhin ist er den üblichen Psycho-Thriller- und Home-Invasion-Storys nicht allzu unähnlich, und die gibt es ja nun einmal wie Sand am Meer. Allerdings hat Lewis seine Geschichte konsequent und stimmig konstruiert, man kann zwar vorausahnen, dass gleich eine überraschende Wendung kommen wird, aber nur selten welche. Und so spricht im Endeffekt auch nichts gegen die Verwendung der Vorlage. Hinzu kommt, dass sich auch Regisseur Eric Barbier, der hier nach seinen beiden Dramen „Höllenglut“ und „Toreros“ seinen ersten Ausflug ins Thriller-Fach unternimmt, bei der Umsetzung nicht gerade dumm anstellt. Die Inszenierung ist ebenso atmosphärisch (vor allem der Show-Down im heruntergekommenen Irrenhaus) wie stylish (passend zur Profession des Protagonisten) ausgefallen. Und auch in den düsteren oder härteren Szenen bleibt Barbier angenehm konsequent.

    Man mag es kaum glauben, aber der Bösewicht mit dem angsteinflössenden Schlangentattoo ist normalerweise ein ganz lustiger Kerl. Clovis Cornillac ist als Psychopath Plender nämlich komplett gegen den Strich besetzt, ist er ansonsten doch eigentlich eher für seine Comedy-Auftritte etwa in der schwulen Poltergeist-Abwandlung „Poltergay“ oder der Möchtegernsurfer-Komödie „Cool Waves“ bekannt, und wird demnächst neben Gérard Depardieu die Rolle des Asterix in Asterix bei den Olympischen Spielen übernehmen. Ein Experiment, welches man im Nachhinein nicht einfach nur als gelungen kennzeichnen möchte, es ist vielmehr der Clou des ganzen Projekts – ohne Cornillacs intensiv-diabolische Ausstrahlung wäre der Film wohl in sich zusammengebrochen. Da sollte es selbst für den französischen Schauspiel-Star Yvan Attal (Die Dolmetscherin, Rush Hour 3) kein einfaches sein, hier darstellerisch mitzuhalten. Doch Attal meistert dieses Kunststück scheinbar spielend. Natürlich fehlen seiner Figur die ganz lauten, prägnanten Auftritte, mit denen sich Cornillac in den Vordergrund spielen kann, aber dafür gelingt ihm die schwierige Gratwanderung zwischen hilflosem Opfer und zurückschlagendem Anti-Helden, die für die Glaubhaftigkeit seines Charakters so unheimlich wichtig ist. Dabei ist es angenehm, dass mit Vincent kein blütenweißes Blatt plötzlich in den Sumpf aus Erpressung und Mord gezogen wird, sondern sich auch vorher schon erfreulich viele graue Seiten an dieser Figur offenbaren.

    Fazit: Auch wenn „The Snake“ nicht ganz so intelligent wie der ähnlich gelagerte „Harry meint es gut mit dir“ daherkommt, sorgen seine stylishe Inszenierung, der temporeiche Erzählstil und die Top-Besetzung doch für beste Thriller-Unterhaltung made in France.

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